Название | Gesammelte Werke |
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Автор произведения | George Sand |
Жанр | Языкознание |
Серия | Gesammelte Werke bei Null Papier |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783962816148 |
– Du siehst Schwester! sagte der Graf leise zu ihr, er ist an diese Aufregungen nicht mehr gewöhnt, und du tust ihm Schaden.
Indessen war er doch selbst nicht ohne Besorgnis, und tief bewegt folgte er seinem Sohne mit den Augen, um zu sehen, ob er in seinem Benehmen gegen den Abbé irgend eine besondere Beziehung zu diesem Manne entdecken könnte; allein Albert empfahl sich seinem Gouverneur mit kalter Höflichkeit.
– Mein Sohn, sagte der Graf, ich glaube deinem Wunsche entsprochen und dir etwas Liebes erzeigt zu haben, indem ich den Herrn Abbé bat, dich nicht zu verlassen, wie er schon Willens schien, sondern so lange bei uns zu bleiben als es ihm möglich sein wird. Ich möchte nicht, dass das Glück, uns wieder bei einander zu finden, dir durch irgend eine Entbehrung vergällt würde, und ich hoffe, dass dein verehrungswürdiger Freund uns helfen wird, dir diese Freude ungetrübt zu verschaffen.
Albert antwortete nur durch eine tiefe Verbeugung, bei welcher ein seltsames Lächeln in seinen Mundwinkeln zuckte.
– Ach! sagte das Stiftsfräulein, als er fort war, das ist also sein Lächeln jetzt.
10.
Während der Abwesenheit Albert’s hatten der Graf und das Fräulein mancherlei Entwürfe für die Zukunft ihres Schoßkindes gemacht, besonders aber, ihn zu verheiraten. Mit seiner Schönheit, seinem berühmten Namen und seinem noch immer beträchtlichen Vermögen hatte Albert Anspruch auf die ersten Partien. Sollte er jedoch von seiner Gleichgültigkeit und seinem wilden Wesen noch etwas übrig behalten haben und deshalb nicht recht geschickt sein, in der Welt aufzutreten und seine eigene Sache zu führen, so sparte man ihm für diesen Fall eine junge Person auf, an Geburt ihm gleich, da sie seine leibliche Cousine war und einerlei Namen mit ihm führte, zwar nicht so reich wie er, aber einzige Erbin und ziemlich hübsch, wie man es zu sechzehn Jahren ist, wenn man frisch ist und das hat, was sie in Frankreich la beauté du diable3 nennen. Diese junge Person war Amalie, Freiin von Rudolstadt, Ihre gehorsame Dienerin und neue Freundin.
Diese, sagte man sich im Kaminwinkel, hat noch keinen Mann gesehen. Sie ist im Kloster aufgezogen und wird sich gern vermählen lassen, um herauszukommen. Sie kann auf eine bessere Partie keinen Anspruch machen, und wenn auch in ihrem Cousin noch ein Paar Wunderlichkeiten steckten, so wird doch die Gewohnheit des Umgangs von Kindheit an, die Verwandtschaft, und ein trauliches Beisammenleben von einigen Monaten hier im Schlosse gewiss bald jede Abneigung beseitigen und sie dahin bringen, wäre es nur aus verwandtschaftlichem Gefühle, Dinge stillschweigend hinzunehmen, die einer Fremden vielleicht unerträglich wären.
Der Zustimmung meines Vaters war man gewiss, denn der hat nie etwas anderes gewollt als sein Ältester und seine Schwester Wenceslawa, und, die Wahrheit zu sagen, er hat nie einen eigenen Willen gehabt.
Als man sich nach vierzehntägiger sorgfältiger Beobachtung überzeugt hatte, dass stäte Schwermut und unabänderliche Verschlossenheit den entschiedenen Charakter meines Vetters auszumachen schienen, gestanden sich mein Onkel und meine Taute, dass der letzte Spross ihres Hauses nicht dazu bestimmt war, diesem durch sein persönliches Auftreten neuen Glanz zu verschaffen. Er zeigte keine Neigung, irgend eine Rolle in der Welt zu spielen, weder als Soldat, noch als Diplomat, noch im Zivildienste. Auf alles was man ihm vorschlug, antwortete er mit der Miene der Ergebung, dass er dem Willen seines Vaters folgen würde, dass er selbst aber kein Verlangen nach Ruhm und Ehre trüge.
Im Grunde war diese Indolenz nichts weiter als ein überladener Abdruck derjenigen, welche sein Vater besaß, dieser friedselige Mann, dessen Geduld an Fühllosigkeit grenzt und dessen Selbstverleugnung weit über das Maß gewöhnlicher Bescheidenheit hinausgeht. Was meinem Onkel einen Anstrich gibt, den sein Sohn nicht hat, ist ein lebendiges Gefühl, das jedoch frei von Prunk und Hoffart ist, für seine Pflichten in der Gesellschaft.
Albert schien allgemach die Familienpflichten erkannt zu haben, allein die Pflichten des öffentlichen Lebens, was wir so darunter verstehen, schienen ihn ebensowenig als in den Tagen seiner Kindheit zu beschäftigen. Sein und mein Vater hatten unter Montecuculli gegen Türenne gedient. Sie hatten in das Kriegshandwerk eine Art religiösen Gefühls für die kaiserliche Majestät hineingetragen. Es galt zu ihrer Zeit für Pflicht, sich dem oberherrlichen Willen blindlings zu unterwerfen. Die jetzige, aufgeklärtere Zeit streift den Herrschern den Himmelsglanz ab und die Jugend ist kühn genug, an die Krone so wenig als an die Tiara zu glauben. Als mein Onkel es versuchen wollte, in seinem Sohne den alten ritterlichen Eifer wieder zu entzünden, ward er bald gewahr, dass seine schönen Reden an diesen stolzen Klügler verloren waren.
Da es einmal so ist, sagten sich mein Onkel und meine Tante, so wollen wir ihm nicht widersprechen. Wir wollen nicht noch diese Wiederherstellung verpfuschen, die schon traurig genug ausgefallen ist, die uns statt eines überspannten einen abgespannten Menschen geliefert hat. Wir wollen ihn still nach seiner Weise leben lassen, möge er sich nun philosophischen Studien anheimgeben, wie mehrere seiner Vorfahren, oder möge er leidenschaftlicher Jäger werden wie Bruder Friedrich, oder möge er seine Freude darin suchen, wie wir, seinen Untertanen ein gerechter und gütiger Herr zu sein. Führe er immerhin das friedsame, leidenschaftlose Leben eines Greisen, er wird der erste Rudolstadt sein, der keine Jugend gehabt hat. Aber damit er nicht der letzte seines Stammes werde, wollen wir ihn vermählen; vielleicht werden die Erben unseres Namens diesen Flecken im Glanze unseres Hauses wieder auslöschen. Wer weiß? Es soll vielleicht das edle Blut seiner Ahnen durch göttliche Fügung in ihm Ruhe haben, um dann desto feuriger und stolzer wieder durch die Adern seiner Nachkommen zu strömen.
Es wurde demnach beschlossen, die Vermählung bei Vetter Albert aufs Tapet zu bringen.
Man begann mit leisen Andeutungen; da man ihn aber auch diesem Vorschlage wie jedem anderen abgeneigt fand, machte man ihm ernstliche und eifrige Vorstellungen. Er hielt seine Blödigkeit entgegen, sein linkisches Benehmen gegen Frauen.
– Es ist freilich wahr, sagte meine Tante, dass mir in meiner Jugend ein so finsterer Bewerber wie Albert mehr Furcht als Lust gemacht haben würde, und dass ich nicht für meinen Höcker seine Gesellschaft hätte einhandeln mögen.
– So müssen wir denn, sagte mein Onkel, auf unseren Notnagel zurückkommen und