Isaak Laquedem. Александр Дюма

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Название Isaak Laquedem
Автор произведения Александр Дюма
Жанр Зарубежная классика
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Издательство Зарубежная классика
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was die Casa Rotondo für die Besitzungen der Orsini war, welche Rom durchzogen, sich bis in das Herz von Toscana vertieften und am Fuße der alten Städte Etruriens erloschen.

      Wir haben gesehen, wie die unerwartete Ankunft des jungen Gonfalionere und sein mächtiger Dazwischentritt wahrscheinlich dem geheimnißvollen Reisenden, der es aus Gleichgültigkeit oder aus Zerstreuung versäumt, auf die drei: Wer da? der Schildwache zu antworten, das Leben retteten.

      Der Schuß bewirkte übrigens, was diese drei: Wer da? nicht hatten bewirken können. Der Reisende mit dem grauen Leibrock und dem blauen Mantel erhob das Haupt, und als er an der Tracht von Napoleone Orsini sah, daß er sich einem Kapitän von hohem Range gegenüber fand, sagte er zu diesem in vortrefflichem Toscanisch:,.

      »Gnädiger Herr, würde es Euch belieben, Euren Soldaten zu befehlen, daß mir dieses Thor geöffnet werde?«

      Napoleone Orsini schaute mit einer Aufmerksamkeit voll Neugierde die Kleidung und die Physiognomie desjenigen an welcher ihn angeredet, und fragte nach einer kurzen Prüfung:

      »Bist Du denn mit einer Botschaft an mich beauftragt und wünschest Du allein mit mir zu reden?«

      »Ich bin weder mit einer Botschaft an Euch beauftragt, noch habe ich den Hochmuth, mich einer Unterredung unter vier Augen mit einem so edlen Herrn, wie Ihr seid, würdig zu erachten.«

      »Was verlangst Du dann?«

      »Ich verlange den Eintritt, ein Stück Brod und ein Glas Wasser.«

      »Oeffnet diesem Manne,« sagte Napoleone Orsini zu einem seiner Leute, »und so arm er zu sein scheint, führt ihn in den Ehrensaal.«

      Und nachdem er ihm, sich über die Brustwehr neigend, mit den Augen gefolgt war, bis er unter dem Gewölbe des Thurmes verschwunden, ging Napoleone Orsini weg, um seinen Gast in dem Gemache zu erwarten, in welches er denselben zu führen befohlen hatte.

      Mittlerweile geleitete man den Fremden in das Innere der Feste.

      Diese Feste bildete, – in ihrem Ganzen genommen und alle Werke, die damit in Verbindung standen, mitbegriffen, – einen Raum, dessen Haupttheile waren: die Torre Fiscale, ein höchstens aus dem 11. Jahrhundert datirendes Gebäude, ein ungeheures kreisförmiges Grab, dessen Unterbau zum Ende der Republik zurückzugehen schien, und die Ueberreste einer reichen Villa, die, wie an zu jener Zeit versicherte, wo die archäologischen Studien weniger fortgeschritten waren als in unseren Tagen, einem römischen Kaiser gehört hatte.

      Welchem von den zweiundsiebzig Kaisern, von den dreißig großen Tyrannen und den zehn bis zwölf kleinen Tyrannen hatte aber diese Villa gehört? Das wußte man nicht. Nur schwebte wie immer ein Gerücht über diesen kaiserlichen Trümmern: ihr gekrönter Eigenthümer sollte Schätze darin vergraben haben.

      Wegen des kreisförmigen Grabes hatte die ganze Feste den Namen Casa Rotondo angenommen.

      Alle diese Gebäude, alte und neue, mochten einen Raum von zwanzig Morgen bedecken.

      Uebrigens, obgleich der edle Herr Napoleone Orsini, Gonfalionere der Kirche, ein wenig gelehrter war, als die Mehrzahl seiner erhabenen Ahnen und seiner berühmten Zeitgenossen, obgleich man von ihm Briefe, nicht nur von seiner Hand unterzeichnet, sondern sogar ganz geschrieben, besitzt, – was einen bei den edlen Condottieri jener Periode ziemlich hohen Grad von Bildung andeutet, – waren doch die Spuren von Barbarei, die der Reisende auf dem kurzen Wege traf, den er zu machen hatte, um sich vom Thore des Thurms nach dem Ehrensaale zu begeben, nicht minder zahlreich.

      In der That, die dreifache Umschließung von Wällen, die er durchschreiten mußte, war von den Trümmern der kaiserlichen Villa und von denen der Via Appia gebaut, so daß jeden Augenblick herrliche Marmorquader, zum Theil mit Inschriften bedeckt, an den Mauern glänzten, eingefügt, wie sie waren, in die grauen Steine, welche die Brüche der Umgegend von Rom lieferten.

      Die Brustwehren waren ihrerseits besät mit antiken Larven, mit Trauerpalmen, mit Stücken von zerbrochenen Urnen und Fragmenten von Basreliefs; bis an den halben Leib eingegrabene Statuen dienten als Weichsteine, um die Pferde anzubinden, und oft hatte man ihnen zu größerer Bequemlichkeit die Beine abgeschlagen und sie mit dem Kopfe nach unten, in den Boden eingedrückt.

      Wohl konnten von Zeit zu Zeit ungeheure Aushöhlungen, archäologischen Nachgrabungen ähnlich, einen oberflächlichen Beobachter glauben machen, der edle Herr Napoleone Orsini sei in der Forschung nach irgend einem Wunder der etruskischen, griechischen oder römischen Kunst begriffen. Da sich aber unter den aus diesen Ausgrabungen gezogenen und halb von der aufgehäuften Erde bedeckten Trümmern Theile von Statuen, Basreliefs oder Kapitälern fanden, welche in unsern Tagen die Freude eines Visconti oder eines Canino gewesen wären, da diese Bruchstücke verlassen dalagen, so durfte man mit Fug und Recht denken, die Aushöhlungen seien in einem etwas minder artistischen Zwecke und in einer etwas mehr habgierigen Hoffnung gemacht worden.

      Uebrigens wandte der Reisende den Kopf weder nach rechts, noch nach links; ohne Zweifel, – und es konnte unmöglich anders sein, – ohne Zweifel sah er diese Ausgrabungen und erkannte er diese Verwüstungen; doch sie brachten, wenigstens dem Anscheine nach, keinen Eindruck auf ihn hervor; düster und unempfindlich, schien er sein ganzes Leben im Schooße der Zerstörung, mitten unter Trümmern zugebracht zu haben!

      Casa Rotondo

      Als der Reisende in den Ehrensaal kam, dessen Thüre man mit beiden Flügeln vor ihm öffnete, fand er die Tafel bestellt und seiner harrend; nur hatte ihm, statt des bescheidenen Mahles, das er als Almosen gefordert, die freigebige Gastfreundschaft des edlen Herrn Orsini einen Wahren Schmaus auftragen lassen, der, trotz der Feierlichkeit des Tages und der Strenge des heilgen Rituals aus Wildpret, frischem und geräuchertem Fleisch und den besten Fischen bestand, welche der Küste von Ostia entlang gefangen werden.

      Die ausgezeichnetsten Weine Italiens, enthalten in Humpen und Kannen mit silberner und goldener Fassung, blinkten und funkelten durch' den venetianischen Krystall wie flüssige Rubine oder geschmolzene Topase.

      Der Unbekannte blieb auf der Thürschwelle stehen, lächelte und schüttelte den Kopf.

      Napoleone Orsini erwartete ihn bei der Tafel.

      »Tretet ein, mein Gast,« sprach der junge Kapitän, »und nehmet so, wie er sie Euch giebt, die Gastfreundschaft des Soldaten an. Wäre ich, wie mein erhabener Feind, Propero Colonna, der Verbündete und Freund von König Ludwig XI., so würde ich Euch, statt unserer dicken, klebrigen Weine Italiens, die köstlichsten Weine Frankreichs bieten; doch ich bin, ein ächter Italiener, eine Vollblut-Guelfe, und Ihr möget meine Dürftigkeit auf Rechnung der Tage des Fastens und der Enthaltsamkeit setzen, in welche wir seit Anfang der heiligen Woche eingetreten sind. . . Und nachdem dies gesagt ist, nachdem ich mich so bei Euch entschuldigt habe, nehmet Platz, mein Gast, esset und trinket.«

      Der Reisende stand immer noch auf der Thürschwelle. Er erwiederte:

      »Hieran erkenne ich das, was man mir von der prunkvollen Gastfreundschaft des edlen Gonfalionere der Kirche gesagt hat: er empfängt einen armen Bettler, wie er seines Gleichen empfangen würde. . . Doch ich weiß an dem Platze zu bleiben, der einem unglücklichen Pilger zukommt, welcher das Gelübde gethan hat, nur Wasser zu trinken, nur Brod zu essen, seine Mahle nur stehend zu sich zu nehmen, bis zu dem Tage, wo ihm von unserem heiligen Vater dem Papste, oder wenigstens vom Großpönitentiar die Erlassung seiner Sünden zu Theil geworden ist.«

      »Nun! dann hat Euch ein glücklicher Zufall hierher geführt, Meister,« versetzte der junge Kapitän; »denn auch hierin kann ich Euch von Nutzen sein. Ich bin nicht ganz ohne einiges Ansehen bei Seiner Heiligkeit dem Papste Paul II., und dieses Ansehen stelle ich mit Freuden zu Euerer Verfügung.«

      »Ich danke Euch, gnädiger Herr,« entgegnete der Unbekannte, indem er sich verbeugte; »doch leider muß die Sache von noch höher kommen . . .«

      »Was sagt Ihr?« fragte Orsini.

      »Ich sage, es gebe kein menschliches Ansehen, das mächtig genug, um vom Papste oder vom Großpönitentiar die Vergebung zu erlangen, die ich erflehe; darum verlasse ich mich in diesem Punkte auf die Barmherzigkeit des Herrn, welche unendlich ist – wenigstens wie man versichert.«

      Bei