Название | Die Zwillingsschwestern von Machecoul |
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Автор произведения | Александр Дюма |
Жанр | Зарубежная классика |
Серия | |
Издательство | Зарубежная классика |
Год выпуска | 0 |
isbn |
»Sie hat mir einen kleinen Verweis gegeben.«
»Ich konnte mir’s denken. Haben Sie etwas von dem Hasen gesagt?«
»O nein, ich habe mich wohl gehütet.«
»Und von den Wölfinnen?«
»Was für Wölfinnen?« fragte der junge Baron, dem es gar nicht unlieb war, das Gespräch wieder auf diesen Punkt zu lenken.
»Die Wölfinnen von Machecoul. – Ich glaube Ihnen schon gesagt zu haben, daß man die beiden Fräulein von Souday so nennt.«
»Nein, Courtin. Ich glaube, daß die Hunde von Souday und La Logerie, wie man zu sagen pflegt, nicht zusammen jagen.«
»Nun, wenn die Hunde auch nicht zusammen jagen,« erwiderte Courtin mit seiner pfiffigen Miene, die er nicht immer ganz zu verbergen vermochte, »so können Sie doch mit den Hunden von Souday jagen.«
»Was meinst Du damit?«
»Sehen Sie nur,« sagte Courtin, indem er zwei Schweißhunde, die er am Riemen führte, herbeizog.
»Was ist das?« fragte der junge Baron.
»Es ist Galon d’or und Allegro.«
»Ich habe nie etwas von Galon d’or und Allegro gehört.«
»Es sind die Hunde des Banditen Jean Oullier.«
»Warum hast Du ihm denn seine Hunde genommen?«
»Ich habe sie ihm nicht genommen, ich habe sie blos gepfändet.«
»Und mit welchem Rechte?«
»Ich habe ein doppeltes Recht dazu: erstens als Eigenthümer und zweitens als Maire.«
Courtin war Maire des Dorfes La Logerie, welches aus etwa zwanzig Häusern bestand, und er war stolz auf diese Würde.
»Erkläre mir deine Rechte, Courtin.«
»Es ist sonnenklar: als Maire pfände ich die Hunde, weil sie außer der Zeit jagen.«
»Ich habe nicht geglaubt, daß man nicht zu jeder Zeit nach Wölfen jagen darf, und da der Marquis von Souday Jägermeister ist —«
»Im Walde von Machecoul mag er nach Wölfen jagen, aber aus der Ebene muß er wegbleiben. Uebrigens,« setzte Courtin pfiffig lächelnd hinzu, »haben Sie ja gesehen, daß er keinen Wolf, sondern einen Hasen jagte, und daß dieser Hase von einer der beiden Wölfinnen erlegt wurde.«
Der junge Baron war im Begriff zu erwiedern, daß dieser Name, auf die Fräulein von Souday angewandt, ihm unangenehm sey, aber er mochte sich doch nicht so deutlich aussprechen.
»Fräulein Bertha hat ihn erlegt, Courtin,« sagte er, »aber ich hatte ihn zuerst angeschossen, ich bin also der Schuldige.«
»Wie meinen Sie das? Würden Sie geschossen haben, wenn ihn die Hunde nicht gejagt hätten? Die Hunde haben also die Schuld, und in meiner Eigenschaft als Maire strafe ich die Hunde, weil sie unter dem Vorwande der Wolfsjagd zu einer verbotenen Zeit einen Hasen jagten. Doch das ist noch nicht Alles: nachdem ich als Maire gestraft habe, schreite ich als Landeigenthümer ein. Wer hat den Hunden des Herrn Marquis erlaubt, auf meinem Lande zu jagen?«
»Ich glaube, Courtin, daß Du Dich irrst,« erwiderte Michel lachend, »die Hunde jagten auf meinem Grund und Boden, oder vielmehr auf dem Besitzthume meiner Mutter.«
»Das macht keinen Unterschied, Monsieur Michel; ich habe ja Ihre Ländereien gepachtet. Wir sind nicht mehr vor 1789, wo die Gutsherren das Recht hatten, mit ihren Meuten über die Kornfelder der Bauern zu jagen und Alles niederzutreten, ohne den Schaden zu ersetzen. Nein, wir schreiben jetzt 1832. Jedermann ist Herr auf seinem Eigenthum, und das Wild gehört dem, der es füttert. Der von den Hunden des Herrn Marquis gejagte Hase gehört also mir, denn er frißt das Getreide, das ich auf den Aeckern der Frau Baronin gesät habe, und ich habe den Hasen zu essen.«
Michel machte eine Bewegung, die Courtin wohl bemerkte, aber er mochte doch sein Mißfallen nicht zu erkennen geben.
»Es wundert mich nur,« sagte der junge Baron, »daß sich diese Hunde, die Dir mit so großem Widerstreben zu folgen scheinen, von Dir einholen ließen.«
»O! das hat gar keine Mühe gekostet,« erwiderte Courtin, »ich fand sie beim Speisen.«
»Beim Speisen?«
»Ja wohl. Ich hatte den Hasen in eine Hecke gesteckt, sie hatten ihn gefunden und schmausten. Sie scheinen drüben auf dem Schlosse Souday eben nicht stark gefüttert zu werden und auf eigene Faust gejagt zu haben. Sehen Sie nur, wie die Canaillen meinen Hasen zugerichtet haben.«
Courtin zog die Hinterläufe des Hasen, als hauptsächliches corpus delicti, aus seiner weiten Tasche. Kopf, Vorderläufe und der halbe Rücken waren verschwunden.
»Höre, Courtin,« sagte der junge Baron, »als Maire solltest Du die gesetzliche Ordnung doppelt respektiren.«
»Die gesetzliche Ordnung trage ich in meinem Herzen. Sie wissen ja, Monsieur Michel, daß die drei Worte: Légalité, liberté, ordre public vor meinem Hause geschrieben stehen.«
»Um so mehr Ursache habe ich Dir zu sagen, daß dein Verhalten mit der gesetzlichen Ordnung und Freiheit nicht im; Einklange steht.«
»Wie! die Hunde von Souday stören die gesetzliche Ordnung nicht, wenn sie in einer verbotenen Zeit auf meinen Feldern jagen? und ich habe nicht das Recht sie zu pfänden?«
»Nein, Courtin, sie stören nicht die gesetzliche Ordnung, sie verletzen ein Privatinteresse, und Du hast das Recht, ein Protokoll darüber aufzunehmen, aber nicht, sie zu pfänden.«
»O! das ist viel zu weitläufig; wenn man die Hunde in Ruhe lassen und blos ein Protokoll aufnehmen soll, so sind ja nicht mehr die Menschen, sondern die Hunde frei.«
»Courtin,« sagte der junge Baron mit einer gewissen Wichtigthuerei, welche jungen Leuten, die einige Bekanntschaft mit dem Gesetzbuche gemacht haben, eigen zu seyn pflegt, »Du verwechselst, wie viele Leute, Freiheit mit Unabhängigkeit. Die Unabhängigkeit ist die Freiheit der Menschen, die nicht frei sind.«
»Aber was ist denn Freiheit?«
»Freiheit, lieber Courtin, ist die Verzichtung auf persönliche Unabhängigkeit zum Nutzen Aller. Aus diesem allgemeinen Schatz von Unabhängigkeit nimmt ein ganzes Volk oder jeder einzelne Bürger seine Freiheit. Wir sind frei und nicht unabhängig.«
»O! mich kümmert das nicht,« erwiderte Courtin, »ich bin Maire und Grundeigenthümer; ich habe die beiden besten Hunde des Marquis, Galon d’or und Allegro, am Riemen, ich lasse sie nicht los; er mag sie holen, dann will ich ihn fragen, was er in den Versammlungen zu Torfou und Montaigu macht.«
»Was meinst Du?«
»O! ich weiß schon, was ich meine.«
»Aber ich weiß es nicht.«
»Das ist auch nicht nöthig, Sie sind nicht Maire.«
»Das ist wohl wahr, aber ich wohne doch hier und möchte gerne wissen, was in dieser Gegend vorgeht.«
»Das ist nicht schwer zu sehen: die Herren conspiriren.«
»Die Herren?«
»Ei ja, die Edelleute, die – doch ich schweige, obschon Sie zu jenem Adel nicht gehören.«
Michel erröthete bis über die Ohren.
»Da sagst, Courtin, daß die Edelleute conspiriren?«
»Freilich; warum sollten Sie denn sonst in der Nacht zusammenkommen? Am Tage mögen die Müßiggänger zechen und schmausen, so viel sie wollen, die Behörde hat nichts dagegen; aber Leute, die in der Nacht die Köpfe zusammenstecken, haben nichts Gutes im Sinne. Aber sie mögen sich nur in Acht nehmen, ich habe ein wachsames Auge auf sie, ich bin Maire, und wenn ich auch nicht das Recht habe, die Hunde zu pfänden, so habe ich doch das Recht, die Menschen ins Gefängniß zu schicken. Von dieser Seite kenne ich