Название | Die Gräfin von Charny Denkwürdigkeiten eines Arztes 4 |
---|---|
Автор произведения | Александр Дюма |
Жанр | Зарубежная классика |
Серия | |
Издательство | Зарубежная классика |
Год выпуска | 0 |
isbn |
»Welche Form würde ihm denn Eure Majestät geben?«
»Das Ist ganz einfach, die eines Dreiecks.«
Gilbert suchte seine Zeichnung zu berichtigen.
»Nein, nein, nicht dies,« rief der König, »nicht dies. Geben Sie mir Ihre Feder.«
»Sire,« sagte Gilbert, »hier ist die Feder, hier der Stuhl.«
»Warten Sie, warten Sie,« versetzte Ludwig XVI., Fortgerissen von seiner Liebe für die Mechanik; »machen Sie mir das Messer schräge, so . . .ja! . . .so . . .und ich steht Ihnen dafür, daß Sie fünfundzwanzig Köpfe hintereinander abschneiden würden, ohne daß das Eisen bei einem einzigen widerspänstig wäre.«
Kaum hatte er diese Worte gesprochen, als ein herzzerreißender Schrei, ein Schrei des Schreckens, beinahe des Schmerzes, über seinem Haupte erscholl.
Er wandte sich um und sah die Königin bestürzt, bleich wanken und dann ohnmächtig in die Arme von Gilbert fallen.
Wie die Andern von der Neugierde angetrieben, war sie an den Tisch getreten, hatte sich über den Stuhl des Königs geneigt und in dem Augenblick, wo er den Hauptpunkt verbesserte, die häßliche Maschine erkannt, welche sie Cagliostro, zwanzig Jahre früher, im Schlosse Taverney-Maison-Rouge hatte sehen lassen.
Bei diesem Anblick hatte sie nur noch die Kraft gehabt, einen Schrei auszustoßen, und war, nachdem sie das Leben verlassen, als ob die unselige Maschine an ihr operirt hätte, wie gesagt, ohnmächtig in die Arme von Gilbert gefallen.
XLIV
Der Arzt des Leibes und der Arzt der Seèle
Man begreift, daß nach einem solchen Ereigniß die Abendgesellschaft natürlich unterbrochen war.
Obgleich sich Niemand die Ursachen erklären konnte, welche die Ohnmacht der Königin herbeigeführt hatten, bestand doch die Thatsache.
Als sie die durch den König verbesserte Zeichnung von Gilbert erblickt, hatte die Königin einen Schrei ausgestoßen und war in Ohnmacht gefallen.
So lautete das Gerücht, das in den Gruppen kreiste, und wer nicht zu der Familie oder wenigstens zu den Vertrauten gehörte, zog sich zurück.
Gilbert trug zuerst Sorge für die Königin.
Frau von Lamballe wollte sie nicht in ihre Wohnung bringen lassen. Das wäre auch schwierig gewesen; Frau von Lamballe wohnte im Pavillon de Flore, die Königin im Pavillon Marsan: man hätte also die ganze Länge des Schlosses zu durchschreiten gehabt.
Man legte daher die erhabene Kranke auf ein Canapé im Schlafzimmer der Prinzessin; mit der den Frauen eigenthümlichen inneren Anschauung hatte diese errathen, es sei ein düsteres Geheimniß hierunter verborgen, und sie entfernte Alle, selbst den König, stellte sich oben an das Canapé und wartete mit zart besorgtem Auge, bis die Königin durch die Bemühungen des Doctor Gilbert wieder zum Bewußtsein käme.
Nur von Zeit zu Zeit befragte sie mit einem Wort den Doctor. Doch selbst unvermögend, die Rückkehr des Lebens zu beschleunigen, konnte Gilbert die Prinzessin nur durch allgemeine Versicherungen beruhigen.
Der Schlag, der dem ganzen Nervensysteme der armen Frau beigebracht worden, war in der That so heftig, daß die Anwendung von Riechsalz unter der Nase und das Einreiben von Essig an den Schläfen nicht genügten; endlich zeigten jedoch leichte Zuckungen an den Extremitäten die Rückkehr des Empfindungsvermögens an. Die Königin bewegte matt den Kopf von rechts nach links, wie man es in einem peinlichen Traume thut, gab einen Seufzer von sich und öffnete die Augen.
Doch es war bei ihr offenbar das Leben vor der Vernunft erwacht; sie schaute auch einige Secunden lang im Zimmer umher mit dem unbestimmten Blicke, der eine Person bezeichnet, welche nicht weiß, wo sie sich befindet, noch was ihr widerfahren ist; bald aber durchlief ein leichtes Zittern ihren ganzen Körper, sie stieß einen schwachen Schrei aus und drückte ihre Hand auf ihre Augen, als wollte sie ihnen den Anblick eines erschrecklichen Gegenstandes entziehen.
Sie erinnerte sich.
Die Krise war indessen vorüber. Gilbert, der sich nicht verbarg, der Unfall habe eine ganze moralische Ursache, der auch wußte, wie gering die Wirksamkeit der Arzneiwissenschaft bei solchen Phänomenen ist, schickte sich an, wegzugehen; doch beim ersten Schritte, den er rückwärts machte, streckte die Königin, als hätte sie seine Absicht durch einen inneren Blick errathen, die Hand gegen ihn aus, ergriff ihn beim Arme und sagte mit einer Stimme, welche so nervös als die Geberde, die sie begleitete:
»Bleiben Sie!«
Gilbert blieb ganz erstaunt stehen. Es war ihm nicht unbekannt, wie wenig Sympathie die Königin für ihn hegte; andererseits jedoch hatte er den seltsamen und beinahe magnetischen Einfluß bemerkt, den er auf sie übte.
»Ich bin zu den Befehlen der Königin,« erwiederte er; »aber ich glaube, daß es gut wäre, die Besorgnisse des Königs und der im Salon zurückgebliebenen Personen zu beschwichtigen, und wenn Eure Majestät es erlaubt . . .«
»Therese,« sagte die Königin zur Prinzessin von Lamballe, »melde dem König, daß ich wieder zu mir gekommen bin, und wache darüber, daß man mich nicht stört: ich habe mit dem Doctor zu sprechen.«
Die Prinzessin gehorchte mit jener passiven Sanftheit, welche der vorherrschende Zug ihres Charakters und sogar ihrer Physiognomie war.
Auf ihren Ellenbogen gestützt, folgte die Königin der Prinzessin mit den Augen; sie wartete, als wollte sie ihr Zeit lassen, sich ihres Auftrags zu entledigen, und als sie sah, daß dieser Auftrag wirklich vollzogen war, und daß sie durch die Wachsamkeit von Frau von Lamballe die Freiheit haben sollte, nach Belieben mit dem Doctor zu reden, wandte sie sich aus seine Seite um, heftete ihren Blick auf den seinigen und sagte zu ihm:
»Doctor, sind Sie nicht erstaunt über den Zufall, der Sie mir immer in den physischen und moralischen Krisen meines Lebens gegenüberstellt?«
»Ach! Madame,« erwiederte Gilbert, »ich weiß nicht, ob ich diesem Zufall danken, oder mich über ihn beklagen soll.«
»Warum, mein Herr?«
»Weil ich tief genug im Herzen lese, um wahrzunehmen, daß ich weder Ihrem Wunsche, noch Ihrem Willen diese ehrenvolle Berührung zu verdanken habe.«
»Ich sagte auch: Zufall . . .Sie wissen, daß ich offenherzig bin. Und Sie haben mir gleichwohl bei den letzten Umständen, die uns im Einklange zu handeln veranlaßten, eine wahre Ergebenheit gezeigt; ich werde das nicht vergessen und danke Ihnen dafür.«
Gilbert verbeugte sich.
Die Königin folgte der Bewegung seines Leibes und seines Gesichtes.
»Ich bin auch Physiognomin,« sagte sie; »wissen Sie, was Sie mir so eben, ohne eine Silbe zu sprechen, geantwortet haben?«
»Madame« erwiederte Gilbert, »ich wäre in Verzweiflung, sollte mein Stillschweigen weniger ehrerbietig sein, als meine Worte!«
»Sie antworteten mir: »»Es ist gut, Sie haben mir gedankt, das ist eine abgemachte Sache; gehen wir zu etwas Anderem über!««
»Ich hegte wenigstens den Wunsch, Ihre Majestät möchte meine Ergebenheit auf eine Probe stellen, welche dieser erlaubte, sich aus eine wirksamere Art, als sie es bis jetzt gethan, zu offenbaren; davon mochte eine gewisse verlangende Ungeduld herrühren, welche die Königin in der That vielleicht in meinem Gesichte wahrgenommen hat.«
»Herr Gilbert,« sprich die Königin, den Doctor fest anschauend, »Sie sind in der That ein Mann von hohem Werthe, und ich thue Ihnen Abbitte; ich hatte Vorurtheile gegen Sie, diese Vorurtheile bestehen nicht mehr.«
»Erlaubt mir Eure Majestät, ihr aus tiefstem Herzen zu danken, nicht für das Compliment, das sie mir gemacht, sondern für die Versicherung, die sie mir zu geben die Gnade gehabt?«
»Doctor,« sprach die Königin, als verkette