Die Gräfin von Charny Denkwürdigkeiten eines Arztes 4. Александр Дюма

Читать онлайн.
Название Die Gräfin von Charny Denkwürdigkeiten eines Arztes 4
Автор произведения Александр Дюма
Жанр Зарубежная классика
Серия
Издательство Зарубежная классика
Год выпуска 0
isbn



Скачать книгу

und Loth

      Es war einige Minuten vor Mitternacht, als ein Mann aus der Rue Royale hervortrat, sodann der Rue Saint-Antoine bis zur Fontaine Sainte-Catherine folgte, einen Augenblick hinter deren Schatten stehen blieb, um sich zu versichern, daß er nicht bespäht werde, dann den Weg durch das Gäßchen einschlug, welches nach dem Hotel Saint-Paul führte, und, hier angelangt, durch die fast völlig finstere und öde Rue du Roi de Sicilie ging; dann aber hemmte er den Schritt immer mehr, je mehr er gegen das Ende der von uns genannten Straße kam; er trat ganz langsam in die Rue de la Croix-Blanche ein und blieb beständig zögernd vor dem Gitter des Saint-Jean-Friedhofes stehen.

      Hier und als hätten seine Augen ein Gespenst aus der Erde hervorkommen zu sehen befürchtet, blieb er abermals stehen und wischte sich mit dem Aermel seines Rockes eines Sergenten von den Garden den Schweiß ab, der von seiner Stirne floß.

      Und in der Thor, gerade in dem Augenblick, wo es zwölf Uhr zu schlagen anfing, erschien etwas wie ein Schatten und schlüpfte durch die Eibenbäume und die Cypressen. Dieser Schatten näherte sich dem Gitter, und bald konnte man an dem Knirschen eines Schlüssels im Schlösse wahrnehmen, daß das Gespenst nicht nur die Fähigkeit, sein Grab zu verlassen, sondern auch, wenn es einmal sein Grab verlassen hatte, die, aus dem Kirchhofe herauszutreten, besaß.

      Bei diesem Knirschen wich der Militär zurück.

      ,Nun, Herr von Beausire,« sagte die spöttische Stimme von Cagliostro,, erkennen Sie mich nicht mehr oder haben Sie unser Rendez-vous vergessen?«

      »Ah! Sie sind es,« versetzte Beausire, athmend wie ein Mensch, dessen Herz um eine große Last erleichtert ist, »gut! gut! Diese verteufelten Straßen sind so finster und öde, daß man nicht weiß, ob es besser ist, hier einer lebenden Seele zu begegnen, oder allein zu gehen.«

      »Ah bah!« erwiederte Cagliostro; »Sie fürchten etwas, zu welcher Stunde des Tags oder der Nacht es auch sein mag? Sie werden mir das nicht glauben machen, ein Braver wie Sie, der mit dem Degen an der Flanke umhergeht! Kommen Sie übrigens auf diese Seite des Gitters, mein lieber Herr von Beausire, und Sie können ruhig sein, denn Sie treffen Niemand als mich.«

      Beausire entsprach der Einladung, und das Schloß, das geknirscht hatte, um die Thüre vor ihm zu öffnen, knirschte, um die Thüre hinter ihm zu schließen.

      »Nun, mein lieber Herr,« sagte Cagliostro, »folgen Sie diesem Fußpfade, und zwanzig Schritte von hier werden wir einen halb zertrümmerten Altar finden, auf dessen Stufen wir trefflich von unsern kleinen Angelegenheiten plaudern können.«

      Beausire schickte sich an, Cagliostro zu folgen. Doch nach einem Augenblick des Zögerns sagte er:

      »Wo des Teufels sehen Sie denn einen Weg? Ich sehe nichts als Brombeerstauden, deren Dornen mir die Knöchel zerreißen, und Graf, das mir bis an die Kniee reicht.«

      »Dieser Friedhof ist allerdings einer von den am schlechtesten unterhaltenen, die ich kenne, doch darüber darf man sich nicht wundern. Sie wissen, daß man hier nur Verurtheilte, welche auf der Grève hingerichtet morden sind, begräbt, und für diese armen Teufel macht man nicht viel Umstände. Wir haben indessen hier wahre Berühmtheiten, mein lieber Herr von Beausire. Wenn es Tag wäre, so würde ich Ihnen den Platz zeigen, wo Bouteville von Montmorency begraben liegt, der enthauptet worden ist, weil er sich geschlagen; der Chevalier von Rohan enthauptet, weil er gegen die Regierung conspirirt hatte; der Graf von Horn gerädert, weil er einen Juden ermordet; Damiens geviertheilt, weil er Ludwig XV. zu ermorden versucht hat? was weiß ich? Oh! Sie haben Unrecht, über diesen Friedhof zu fluchen, Herr von Beausire; er ist zwar schlecht unterhalten, aber gut bewohnt.«

      Beausire folgte Cagliostro, wobei er seinen Gang so regelmäßig nach dem des Letzteren richtete, als dies ein Soldat des zweiten Gliedes nach seinem Vordermanne zu thun pflegt.

      »Ah!« sagte Cagliostro, welcher plötzlich stehen blieb, so daß Beausire, der auf diesen raschen Halt nicht gefaßt war, ihm mit dem Bauche auf den Rücken stieß, »sehen Sie, hier ist etwas ganz Frisches; es ist das Grab Ihres Standesgenossen Fleur d’Epine, eines der Mörder des Bäckers François, der vor acht Tagen in Folge eines Spruches des Chatelet aufgehängt worden ist. Das muß Sie interessiren, Herr von Beausire; er war wie Sie ein ehemaliger Gefreiter, ein falscher Sergent und ein ächter Werber.«

      Die Zähne von Beausire klapperten buchstäblich; es kam ihm vor, als wären diese Brombeerstauden ebenso viele Hände, welche aus der Erde hervorkämen, um ihn krampfhaft an den Beinen zu ziehen und ihm begreiflich zu machen, das Schicksal habe hier den Platz bezeichnet, wo er den ewigen Schlaf schlafen sollte.

      »Ah!« sagte Cagliostro, indem er endlich an einer Art von Ruine stehen blieb, »wir sind an Ort und Stelle.«

      Und er setzte sich auf eines der Trümmer und bezeichnete mit dem Finger Beausire einen Stein, welcher unmittelbar neben den andern gelegt zu sein schien, um Cäsar die Mühe zu ersparen, seinen Sitz dem von Augustus näher zu rücken.

      Es war Zeit; die Beine des ehemaligen Gefreiten baumelten dergestalt, daß er auf die Steine mehr fiel, als sich setzte.

      »Sprechen Sie nun, da wir hier ganz nach unserer Bequemlichkeit zum Plaudern sind, lieber Herr von Beausire,« sagte Cagliostro; »was ist heute Abend unter den Arcaden der Place Royal vorgefallen? Die Sitzung mußte interessant sein.«

      »Bei meiner Treue!’ erwiederte Beausire, »ich gestehe Ihnen, Herr Graf, mein Kopf ist in diesem Augenblick ein wenig verwirrt, und wahrhaftig, ich glaube, wir würden Beide dabei gewinnen, wenn Sie mich befragten.«

      »Wohl, es sey! Ich bin ein guter Fürst, und wenn ich zu dem gelange, was ich wissen will, so ist mir wenig an der Form gelegen. Wie viel waren es unter den Arcaden der Place Royale?«

      »Sechs, mich darunter begriffen.«

      »Sechs, Sie mitgerechnet, lieber Herr von Beausire. Wir wollen sehen, ob dies wirklich die Männer sind, wie ich denke? Erstens Sie, das unterliegt keinem Zweifel.«

      Beausire stieß einen Seufzer aus, welcher bezeichnete, die Möglichkeit eines Zweifels wäre ihm lieber gewesen.

      »Sie erweisen mir große Ehre, daß Sie mit mir ansangen, während so hohe Personen neben mir sind,« sprach er.

      »Mein Lieber, ich befolge die Lehren des Evangeliums; sagt nicht das Evangelium: »»Die Ersten werden die Letzten seyn?«« Wenn die Ersten die Letzten seyn sollen, so werden die Letzten natürlich die Ersten sein; ich verfahre also, wie ich Ihnen bemerkte, nach dem Evangelium. Erstens waren Sie da, nicht wahr?«

      »Ja.«

      »Dann Ihr Freund Tourcaty, nicht wahr? ein ehemaliger Werber-Officier, der es übernimmt, die Legion von Brabant auf die Beine zu bringen?«

      »Ja,« erwiederte Beausire, »Tourcaty war auch da.«

      »Sodann ein guter Royalist Namens Marquié, früher Sergent bei den Gardes Françaises?«

      »Ja, Herr Graf, Marquié.«

      »Ferner Herr von Favras?«

      »Ja, Herr von Favras.«

      »Hernach der Verlarvte?«

      »Hernach der Verlarvte.«

      »Können Sie mir einige Auskunft über diesen Verlarvten geben, Herr von Beausire?«

      Beausire schaute Cagliostro so starr an, daß sich seine Augen in der Finsterniß zu entzünden schienen.

      »Aber,« sagte er, »ist nicht?  . . .«

      Und er hielt inne, als hätte er weiter gehend eine Ruchlosigkeit zu begehen befürchtet.

      »Ist nicht was?« fragte Cagliostro.

      »Ist nicht?  . . .«

      »Ah! mir scheint, Sie haben einen Knoten an der Zunge, mein lieber Herr von Beausire; da müssen Sie sich in Acht nehmen. Die Knoten an der Zunge führen oft die Knoten am Halse herbei, und diese sind ganz besonders gefährlich.«

      »Aber,« versetzte Beausire in seiner Verschanzung bedrängt, »ist es nicht Monsieur?«

      »Was für ein Monsieur?« fragte Cagliostro.

      »Monsieur,