Название | Die Gräfin von Charny Denkwürdigkeiten eines Arztes 4 |
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Автор произведения | Александр Дюма |
Жанр | Зарубежная классика |
Серия | |
Издательство | Зарубежная классика |
Год выпуска | 0 |
isbn |
»In meiner Zeitung, in der Zeitung, die ich gegründet, und von der ich zwanzig Nummern habe erscheinen lassen, in dem Blatte l’Ami du Peuple oder le Publiciste Parisien, einem politischen und unparteiischen Journal. Um das Papier und den Druck der ersten Nummern zu bezahlen, – sehen Sie, schauen Sie hinter sich, – habe ich sogar die Leintücher und Decken des Bettes, auf dem Ihr Sohn liegt, verkauft.«
Gilbert wandte sich um und sah in der That, daß der kleine Sebastian auf dem verzerrten Zwillich einer völlig kahlen Matratze ausgestreckt lag, wo er überwältigt vom Schmerz und von der Müdigkeit so eben eingeschlafen war.
Der Doctor näherte sich dem Knaben, um zu sehen, ob dieser Schlaf nicht eine Ohnmacht sei; doch beruhigt durch das sanfte, gleichmäßige Athmen, kehrte er zu dem Manne zurück, der ihm, ohne daß er sich dessen erwehren konnte, dasselbe Interesse der Neugierde einflößte, das ihm ein wildes Thier, ein Tiger oder eine Hyäne, eingeflößt hätte.
»Und wer sind Ihre Mitarbeiter bei diesem riesigen Werke?«
»Meine Mitarbeiter?« versetzte Marat. »Ha! Ha! ha! die wälschen Hühner gehen in Herden; der Adler marschirt allein. Hier sind meine Mitarbeiter.«
Marat zeigte seinen Kopf und seine Hände.
»Sehen Sie diesen Tisch?« fuhr er fort. »Das ist die Werkstätte, wo Vulcan, – die Vergleichung ist gut gefunden, nicht wahr? – wo Vulcan den Blitz schmiedet. Jede Nacht schreibe ich acht Selten in Octav, die man am Morgen verkauft; acht Seiten, das genügt oft nicht, und ich verdoppele die Lieferung; sechzehn Selten sind oft noch zu wenig; was ich mit großen Buchstaben angefangen habe, vollende ich beinahe immer mit kleinen. Die anderen Journalisten erscheinen in Zwischenräumen, lösen sich ab, lassen sich helfen, ich nie. Der Ami du Peuple, – Sie können die Copie sehen, sie ist da, – der Ami du Peuple ist ganz von derselben Hand. Es ist auch nicht bloß ein Journal; nein, es ist ein Mensch, es ist eine Persönlichkeit, ich bin es!«
»Aber,« fragte Gilbert, »wie genügen Sie für diese ungeheure Arbeit?«
»Ah! das ist das Geheimniß der Natur! . . .Es ist ein Vertrag zwischen dem Tode und mir . . .ich gebe ihm zehn Jahre von meinem Leben, und er bewilligt mir Tage, welche nicht der Ruhe bedürfen, Nächte, welche nicht des Schlafes bedürfen . . . Meine Existenz ist eine einfache: ich schreibe . . .ich schreibe bei Nacht, ich schreibe bei Tag . . .Die Polizei von Lafayette nöthigt mich, verborgen, eingeschlossen zu leben; sie überliefert mich mit Leib und Seele der Arbeit; sie verdoppelt meine Thätigkeit . . .Dieses Leben lastete Anfangs auf mir: ich bin nun daran gewöhnt. Es gefällt mir, die elende Gesellschaft durch die enge, schräge Oeffnung meines Kellers, durch das feuchte, finstere Lustloch zu sehen. Aus der Tiefe meiner Nacht regiere ich über die Welt der Lebendigen; ich richte ohne Appellation die Wissenschaft und die Politik . . .Mit einer Hand zerstöre ich Newton, Franklin, Laplace, Monge, Lovoisier; mit der andern erschüttere ich Bailly, Necker, Lafayette . . .Ich werde Alles dies umstürzen . . .ja, wie Simson, der den Tempel umgestürzt hat, und unter den Trümmern, die mich selbst vielleicht zermalmen, begrabe ich das Königthum.«
Gilbert schauerte unwillkürlich; dieser Mensch wiederholte ihm in einem Keller und unter den Lumpen des Elends ungefähr das, was ihm Cagliostro in seinem gestickten Rocke in einem Palaste gesagt hatte.
»Aber,« sprach er, »warum haben Sie es, volksbeliebt, wie Sie sind, nicht versucht, sich zur Nationalversammlung ernennen zu lassen?«
»Weil der Tag noch nicht gekommen ist,« erwiederte Marat.
Dann fügte er, ein Bedauern ausdrückend, beinahe in demselben Augenblick bei:
»Oh! wäre ich Volkstribun! würde ich durch ein paar tausend entschlossene Menschen unterstützt, ich stehe dafür, daß von jetzt in sechs Wochen die Constitution vollkommen wäre; daß die politische Maschine auf das Beste ginge; daß es kein Spitzbube wagen würde, sie in Unordnung zu bringen; daß die Nation frei und glücklich wäre; daß sie in weniger als einem Jahre wieder blühend und fruchtbar würde, und daß sie so bliebe, so lange ich lebte.«
Und das eitle Geschöpf verwandelte sich unter dem Blicke von Gilbert; sein Auge wurde von Blut unterlaufen; seine gelbe Haut glänzte von Schweiß; das Ungeheuer war groß in seiner Häßlichkeit, wie ein Anderer groß ist in seiner Schönheit.
»Ja,« fuhr er fort, indem er seinen Gedanken wieder aufnahm, wo ihn die Begeisterung unterbrochen hatte, »ja, aber ich bin nicht Tribun, ja, aber ich habe die paar tausend Menschen nicht, deren ich bedürfte . . .Nein, aber ich bin Journalist . . .nein, aber ich habe mein Schreibzeug, mein Papier, meine Federn . . .nein, aber ich habe meine Abonnenten, ich habe meine Leser, für die ich ein Orakel, ein Prophet, ein Wahrsager bin . . .Ich habe mein Volk, dessen Freund ich bin, und das ich, ganz zitternd, von Verrath zu Verrath, von Entdeckung zu Entdeckung, von Schrecken zu Schrecken führe . . . In den ersten Nummern des Ami du Peuple denuncirte ich die Aristokraten, ich sagte, es seien sechshundert Schuldige in Frankreich, sechshundert Stricke würden genügen. Ha! Ha! ha! ich täuschte mich ein wenig vor sechs Monaten! Der 5. und 6. October haben stattgefunden und mein Auge aufgeklärt . . .Es sind auch nicht mehr sechshundert Schuldige, die man richten muß, es sind zwanzigtausend Aristokraten, die man zu hängen hat.«
Gilbert lächelte. Zu diesem Grade gelangt, kam ihm die Wuth wie Tollheit vor.
»Nehmen Sie sich in Acht,« sagte er, »es wird in Frankreich nicht Hanf genug für das geben, was Sie thun wollen, und die Stricke werden einen ungeheuern Preis erreichen.«
»Man wird auch, wie ich hoffe, neue und wirksamere Mittel finden. Wissen Sie, wen ich heute Abend erwarte . . .wer binnen zehn Minuten an diese Thüre klopfen wird?«
»Nein, mein Herr,«
»Nun, ich erwarte einen von unsern Collegen, ein Mitglied der Nationalversammlung, das Sie dem Namen nach kennen, den Bürger Guillotin . . .«
»Ja,« sagte Gilbert, »derjenige, welcher den Deputirten vorgeschlagen hat, sich im Ballhause zu versammeln, als sie aus dem Sitzungssaale verjagt wurden; ein sehr gelehrter Mann.«
»Wissen Sie wohl, was der Bürger Guillotin erfunden hat? . . . Er hat eine wunderbare Maschine erfunden, eine Maschine, welche tödtet, ohne leiden zu lassen; – denn der Tod muß eine Strafe sein und nicht ein Leiden; er hat diese Maschine erfunden, und an einem der nächsten Morgen werden wir sie versuchen.«
Gilbert schauerte.
Es war zum zweiten Male, daß ihn dieser Mann in seinem Keller an Cagliostro erinnerte. Die von ihm erwähnte Maschine war ohne Zweifel dieselbe, von der Cagliostro mit ihm gesprochen.
»Ei! hören Sie.« sagte Marat, »man klopft eben an, er ist es. Oeffne, Albertine, öffne.«
Die Frau von Marat erhob sich von dem Schemel, aus welchem sie gekauert war, und schritt Maschinenmäßig und wankend aus die Thüre zu.
Gilbert aber ging, betäubt, erschrocken, von einer Blendung erfaßt, die einem Schwindel glich, zu Sebastian, den er in seine Arme zu nehmen und nach Hause zu bringen sich anschickte.
»Sehen Sie,« fuhr Marat mit Begeisterung fort, »sehen Sie eine Maschine, welche ganz allein functionirt! welche nur eines Mannes bedarf, um sie gehen zu machen! welche, dreimal das Messer wechselnd, dreihundert Köpfe im Tag abschneiden kann!«
»Und fügen Sie bei,« sagte eine kleine sanfte, flötenartige Stimme hinter Marat, »welche diese dreihundert Köpfe ohne Schmerzen, ohne eine andere Empfindung, als eine leichte Kühle auf dem Halse, abschneiden kann.«
»Ah! Sie sind es, Doctor,« rief Marat, indem er sich gegen einen kleinen Mann von fünf und vierzig Jahren umwandte, dessen sorgfältiger Anzug und sanfte Miene einen höchst seltsamen Contrast mit Marat bildeten, und der in der Hand eine Schachtel von der Form und dem Umfang derjenigen trug, welche Spielzeug von Kindern enthalten. »Was bringen Sie mir da?«
»Ein Modell von meiner Maschine, mein lieber Marat . . .Doch ich täusche mich nicht,« setzte der kleine