Название | Die Gräfin von Charny Denkwürdigkeiten eines Arztes 4 |
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Автор произведения | Александр Дюма |
Жанр | Зарубежная классика |
Серия | |
Издательство | Зарубежная классика |
Год выпуска | 0 |
isbn |
»Lieber Zauberer,« erwiederte Gilbert, während er aufstand und seinen Hut nahm, »ich sage, daß mich Ihre Berechnung erschreckt und um so mehr nachdenken macht, als ich beim König bin.«
Gilbert machte ein paar Schritte gegen die Thüre.
Cagliostro hielt ihn zurück.
»Hören Sie, Gilbert,« sagte er. »Sie wissen, ob ich Sie liebe, Sie wissen, ob ich, um Ihnen einen Schmerz zu ersparen, fähig bin, mich selbst tausend Schmerzen auszusetzen . . . Nun denn! glauben Sie mir . . . hören Sie einen Rath . . .«
»Welchen?«
»Der König flüchte sich, der König verlasse Frankreich, so lange es noch Zeit ist! In drei Monaten, in einem Jahr, in sechs Wochen vielleicht wird es zu spät sein.«
»Graf, würden Sie einem Soldaten rathen, seinen Posten zu verlassen, weil Gefahr dabei wäre, auf demselben zu bleiben?«
»Wenn dieser Soldat dergestalt umzingelt, eingeschlossen, entwaffnet wäre, daß er sich nicht vertheidigen könnte, wenn besonders sein gefährdetes Leben das Leben von einer halben Million Menschen gefährdete . . . ja, dann würde ich ihn fliehen heißen, . . .Und Sie selbst, Sie selbst, Gilbert, werden es einst dem König rathen . . . Der König wird Ihnen dann Gehör schenken wollen, doch es wird zu spät sein . . . Warten Sie also nicht bis morgen; sagen Sie es ihm heute; warten Sie nicht bis heute Abend, sagen Sie es ihm in dieser Stunde.«
»Graf, Sie wissen, daß ich zu der satalistischen Schule gehöre. Es mag geschehen, was will! so lange ich irgend eine Macht über den König habe, wird der König in Frankreich bleiben, und ich werde beim König bleiben. Gott besohlen, Graf, wir werden uns im Kampfe wiedersehen.«
»Ah!« murmelte Cagliostro, »der Mensch, so verständig und klug er sein mag, kann nie seinem schlimmen Geschicke entgehen. Ich suchte Sie auf, um Ihnen zu sagen, was ich Ihnen gesagt habe; Sie haben es gehört. Wie die Weissagung von Cassandra, ist die meinige unnütz . . . Leben Sie wohl.«
»Offenherzig gesprochen, Graf,« sagte Gilbert, der aus der Schwelle des Salon stehen blieb und Cagliostro fest anschaute, »haben Sie hier, wie in Amerika, die Prätension, mich glauben zu machen, Sie lesen die Zukunft der Menschen aus ihrem Gesichte?«
»Gilbert, so sicher, als Du am Himmel den Weg liesest, welchen die Sterne beschreiben, während der große Hause glaubt, sie seien unbeweglich oder sie irren aufs Gerathewohl umher.«
»Hören Sie . . . man klopft an die Thüre.«
»Es ist wahr.«
»Sagen Sie mir das Schicksal desjenigen, welcher an die Thüre klopft, wer es auch sein mag; sagen Sie mir, welchen Todes er sterben muß, und wann er sterben wird.«
»Gut,« erwiederte Cagliostro, »öffnen wir selbst.«
Gilbert ging an das Ende des Corridors, von dem wir gesprochen, mit einem Herzklopfen, das er nicht bewältigen konnte, obgleich er sich sagte, es sei albern von ihm, diesen Charlatanismus im Ernste zu nehmen.
Die Thüre wurde geöffnet.
Ein Mann von ausgezeichneter Tournure, hoch gewachsen, in dessen Gesicht sich das kräftige Gepräge eines starken Willens erkennen ließ, erschien auf der Schwelle und warf aus Gilbert einen raschen Blick, der nicht von Unruhe frei war.
»Guten Morgen, Marquis,« rief Cagliostro.
»Guten Morgen, Baron,« erwiederte dieser.
Dann, da Cagliostro bemerkte, daß sich der Blick des Eintretenden wieder auf Gilbert richtete, sagte er:
»Marquis, der Herr Doctor Gilbert, einer meiner Freunde . . . Mein lieber Gilbert, der Herr Marquis von Favras, einer meiner Kunden,«
Die zwei Männer begrüßten sich.
Dann wandte sich Cagliostro an den Fremden und sprach: »Marquis, wollen Sie in den Salon gehen und mich dort einen Augenblick erwarten.«
Der Marquis grüßte zum zweiten Mal, als er an Cagliostro und Gilbert vorüberging, und verschwand.
»Nun?« fragte Gilbert.
»Sie wollen wissen, welchen Todes der Marquis sterben wird?«
»Haben Sie sich nicht anheischig gemacht, es mir zu sagen?«
Cagliostro lächelte aus eine seltsame Art; dann, nachdem er sich vorgeneigt hatte, um zu sehen, ob man nicht horche, sagte er:
»Haben Sie je einen Edelmann henken sehen?«
»Nein.«
»Nun, da dies ein seltsames Schauspiel ist, so finden Sie sich aus der Grève an dem Tage ein, wo man den Marquis von Favras henken wird.«
Hiernach geleitete er Gilbert zur Hausthüre zurück und sprach:
»Hören Sie, wenn Sie zu mir kommen wollen, ohne zu klingeln, ohne gesehen zu werden und ohne einen andern Menschen als mich zu sehen, so drücken Sie an diesen Knopf von rechts nach links und von unten nach oben, so . . . Gott befohlen, entschuldigen Sie mich, man muß diejenigen, welche nicht lange zu leben haben, nicht lange warten lassen.«
Und er entfernte sich und ließ Gilbert verblüfft durch diese Dreistigkeit, welche sein Erstaunen erregen, aber seine Ungläubigkeit nicht besiegen konnte.
VI
Die Tuilerien
Mittlerweile setzten der König, die Königin und die königliche Familie ihre Fahrt nach Paris fort.
Diese Fahrt ging aber so langsam, verzögert durch die Gardes du corps, welche zu Fuß marschirten, durch die gepanzerten Poissarden, welche auf ihren Pferden ritten, durch diese Männer und Weiber der Halle, welche aus den mit Bändern geschmückten Kanonen saßen, durch diese hundert Wagen der Abgeordneten, durch diese zwei bis drei hundert Wagen voll Korn und Mehl, die sie in Versailles genommen und mit herbstlich gelbem Blätterwerk bedeckt hatten, daß erst um sechs Uhr der königliche Wagen, der so viel Schmerzen, so viel Haß, so viel Leidenschaften und so viel Unschuld enthielt, bei der Barrière ankam.
Unter Weges hatte der junge Prinz Hunger bekommen und zu essen verlangt.
Die Königin hatte dann umhergeschaut; nichts konnte leichter sein, als sich ein wenig Brod für den Dauphin zu verschaffen, da jeder Mann vom Volke einen Laib an der Spitze seines Bajonnets trug.
Sie suchte Gilbert mit den Augen.
Gilbert war, wie man weiß, Cagliostro gefolgt.
Wäre Gilbert da gewesen, so würde die Königin nicht gezögert haben, von ihm ein Stück Brod zu verlangen.
Aber die Königin wollte nicht eine solche Bitte an einen von den Männern vom Volke richten, vor denen sie einen Abscheu hatte.
So drückte sie den Dauphin an ihre Brust und sagte weinend zu ihm:
»Mein Kind, wir haben kein Brod; warte bis heute Abend, heute Abend werden wir vielleicht bekommen.«
Der Dauphin streckte sein Händchen gegen die Männer aus, welche Brode an der Spitze ihrer Bajonnete trugen, und erwiederte:
»Die Leute dort haben.«
»Ja, mein Kind, doch dieses Brod gehört ihnen und nicht uns, und sie haben es in Versailles geholt, weil sie, wie sie sagen, seit drei Tagen in Paris keines mehr hatten.«
»Seit drei Tagen!« versetzte das Kind; »sie haben also seit drei Tagen nicht gegessen, Mama?«
Gewöhnlich forderte die Etiquette, daß der Dauphin seine Mutter Madame nannte, doch der Knabe hatte Hunger wie ein einfaches Armenkind, und da er Hunger hatte, so nannte er seine Mutter Mama.
»Nein, mein Sohn,« antwortete die Königin.
»Dann