Название | La San Felice |
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Автор произведения | Александр Дюма |
Жанр | Зарубежная классика |
Серия | |
Издательство | Зарубежная классика |
Год выпуска | 0 |
isbn |
Zuweilen kam auch ein junger, talentvoller Maler, der dabei auch ein talentvoller Musiker und namentlich vortrefflicher Guitarrespieler war. Er hieß Vitaliani, wie jener Knabe, welcher mit zwei andern Knaben, Emanuele de Deo und Gagliani, den Schlachtopfern der ersten Reaction, auf dem Blutgerüste starb.
Zuweilen, obschon selten, denn seine zahlreichen Patienten ließen ihm wenig Zeit dazu, fand sich auch der gute Doctor Cirillo ein, welchem wir schon zwei- oder dreimal begegnet sind und dem wir noch öfter begegnen werden.
Fast alle Abende erschien die Herzogin Fusco, wenn sie nämlich in Neapel war.
Oft kam auch eine in jeder Beziehung merkwürdige Dame, eine als Publicistin und Improvisatrice ebenbürtige Nebenbuhlerin der Frau von Staël. Es war dies Eleonore Fonseca Pimentele, eine Schülerin von Metastasio, welcher ihr schon, als sie noch ganz klein war, eine große, glänzende Zukunft verheißen hatte.
Zuweilen kam noch die Gattin eines Gelehrten, eines Collegen von San Felice, die Signora Baffi, welche ebenso wie Luisa kaum halb so alt war als ihr Gatte, und den sie dennoch liebte, wie Luisa den ihrigen.
Diese Abendgesellschaften dauerten gewöhnlich bis elf Uhr, nur selten länger. Man plauderte, man sang, man declamierte, man schlürfte Eis, man aß Kuchen.
Zuweilen, wenn der Abend schön und das Meer ruhig war, wenn der Mond den Golf mit Silberflimmern bestreute, stieg man in eine Gondel und dann schwebten von dem Spiegel des Meeres melodische Klänge empor, welche den guten Cimarosa in Entzücken versetzten.
Zuweilen auch declamierte, stehend wie eine Sibylle des Alterthums, Eleonora Pimentele, während ihr langes schwarzes Haar über einer einfachen griechischen Tunica im Winde flatterte, Strophen, die an Pindar und Alkäos erinnerten.
Den nächstfolgenden Tag begann dieselbe Existenz mit derselben Pünktlichkeit wieder und nie war dieselbe durch etwas gestört oder getrübt worden.
Wie kam es daher, daß Luisa, welche der Chevalier, als er um zwei Uhr Morgens nach Hause gekommen, anscheinend so fest schlafend gefunden und die in der Regel um sieben Uhr aufzustehen pflegte, heute um neun Uhr noch nicht ihr Zimmer verlassen und die Zofe auf alle Fragen des Chevalier geantwortet hatte:
»Signora schläft und hat gebeten, daß man sie nicht wecken möge.«
Eben schlug es aber schon ein Viertel auf zehn und der Chevalier schickte sich, seiner Unruhe nicht mehr Meister, eben an, selbst an Luisa's Thür zu pochen, als seine Gattin plötzlich auf der Schwelle des Speisezimmers erschien.
Ihre Augen schienen ein wenig angegriffen zu sein und ihre Wangen waren etwas bleich, aber eben deswegen vielleicht schöner, als der Chevalier die jemals gesehen.
Er ging auf sie zu, um sie sowohl wegen ihres langen Schlafens als wegen der Unruhe, die sie ihm verursacht, auszuschelten. Als er aber das sanfte Lächeln heiterer Ruhe wie einen Morgensonnenstrahl ihr reizendes Antlitz verklären sah, da konnte er sie blos betrachten, selbst lächeln, ihr blondes Haupt zwischen beide Hände fassen und sie auf die Stirn küssen, indem er zugleich mit jener mythologischen Galanterie, welche zu jener Zeit noch nichts Altväterisches hatte, zu ihr sagte:
»Wenn die Gattin des alten Tithonos sich hat erwarten lassen, so ist es geschehen, um sich als Geliebte des Mars zu verkleiden.«
Eine lebhafte Röthe überzog Luisas Antlitz. Sie lehnte ihr Haupt an die Brust des Chevaliers, als ob sie an seinem Herzen Schutz und Zuflucht suchen wollte.
»Ich habe diese Nacht fürchterliche Träume gehabt, mein Freund,« sagte sie, »und dies hat mich ein wenig krank gemacht.«
»Und haben diese furchtbaren Träume Dir nicht blos den Schlaf, sondern auch den Appetit geraubt?«
»Dies fürchte ich allerdings,« sagte Luisa, indem sie sich an den Tisch setzte.
Sie machte eine Anstrengung, um zu essen, aber es war ihr nicht möglich. Die Kehle schien ihr von einer eisernen Faust zusammengeschnürt zu werden.
Ihr Gatte betrachtete sie mit Erstaunen und sie fühlte, wie sie unter diesem wiewohl mehr unruhigen als fragenden Blick bald roth bald blaß ward, als plötzlich dreimal und gemessen an die Thür des Gartens gepocht ward.
Wer der Einlaßbegehrende auch sein mochte, so war er für Luisa eine willkommene Erscheinung, weil er als Ableiter für die Unruhe des Chevaliers und für ihre eigene Verlegenheit dienen konnte.
Sie erhob sich daher rasch, um zu öffnen.
»Wo ist denn Nina?« fragte San Felice.
»Das weiß ich nicht,« antwortete Luisa. »Vielleicht ist sie ausgegangen.«
»Zur Stunde des Frühstücks? Wenn sie weiß, daß ihre Herrin leidend ist? Unmöglich, mein liebes Kind.«
Es ward zum zweiten Male angepocht.
»Erlaube, daß ich gehe und öffne,« sagte Luisa.
»Nein. An mir ist es, dies zu thun. Du leidest, Du bist angegriffen. Bleib ruhig sitzen. Ich will es!«
Der Chevalier sagte allerdings zuweilen: »Ich will es!« aber in so sanftem Tone und mit so zärtlichem Ausdruck, daß es stets die Bitte eines Vaters an seine Tochter, aber niemals der Befehl eines Mannes an seine Frau war.
Luisa ließ daher den Chevalier die Rampe hinunter und selbst die Thür des Gartens öffnen gehen.
Aengstlich jedoch über jeden neuen Umstand, der in ihrem Gatten Argwohn in Bezug auf das, was während der Nacht hier geschehen, erwecken konnte, eilte sie an das Fenster, steckte rasch den Kopf hinaus und sah, ohne jedoch ermitteln zu können, wer es war, einen Mann, der schon ein gewisses Alter erreicht zu haben schien und, durch seinen breitkrämpigen Hut geschützt, mit einer Aufmerksamkeit, welche sie schaudernd bemerkte, die Thür, an welche Salvato angelehnt gewesen, und die Schwelle besichtigte, auf welche er niedergesunken.
Die Thür öffnete sich und der Mann trat ein, ohne daß Luisa ihn bis diesen Augenblick zu erkennen vermochte.
An dem freudigen Klange der Stimme ihres Gatten, welcher den Besucher aufforderte, ihm zu folgen, errieth Luisa, daß es ein Freund war.
Sehr bleich und sehr aufgeregt nahm sie wieder ihren Platz am Tische ein.
Ihr Gatte trat ein, während er Cirillo vor sich herdrängte.
Sie athmete auf.
Cirillo war ihr sehr gewogen und sie besaß auch ihrerseits große Vorliebe für ihn, weil er, da er früher Arzt des Fürsten Caramanico gewesen, oft mit Liebe und Verehrung von diesem sprach, obschon er die Bande des Blutes, welche den Fürsten an Luisa fesselten, nicht kannte.
Als sie ihn erblickte, erhob sie sich daher und stieß einen Freudenruf aus. Cirillo konnte ihr nichts Schlimmes bringen.
Ach, oft hatte sie während der Nacht, die sie fast gänzlich am Bett des Verwundeten zugebracht, an den guten Doctor gedacht und bei ihrem geringen Vertrauen auf Nanno's Kunst wohl zehnmal im Begriff gestanden, Michele nach ihm zu schicken.
Sie hatte aber nicht gewagt, diesen Wunsch in Ausführung zu bringen. Was hätte Cirillo wohl von dem Geheimniß denken müssen, womit sie ihrem Gemal das furchtbare Ereigniß, welches unter ihren Augen stattgefunden, verschwieg, und wie sollte er die Gründe würdigen, welche sie zu haben glaubte, über dieses Ereigniß absolutes Schweigen zu beobachten?
Aber nichtsdestoweniger erschien es ihr eigenthümlich, daß Cirillo, den man seit mehreren Monaten nicht gesehen, sich einmal einfand und zwar gerade an dem Morgen, der auf die Nacht folgte, wo seine Anwesenheit im Hause so sehr herbeigewünscht worden.
Cirillo ließ, als er eintrat, seinen Blick eine Sekunde lang auf Luisa weilen. Dann rückte er, der Einladung des Chevaliers folgend, seinen Stuhl an den Tisch, woran seine Freunde frühstückten.
Der orientalischen Gewohnheit gemäß, die auch die Neapels, dieser ersten Station des Orients, ist, servierte Luisa ihm eine Taffe schwarzen Kaffee.
»In der That,« sagte San Felice, indem er seine Hand auf Cirillos Knie legte, »es bedurfte eines Besuchs um halb zehn Uhr Morgens, damit wir Ihnen die Vernachlässigung