Название | Besonderes Verwaltungsrecht |
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Автор произведения | Группа авторов |
Жанр | |
Серия | C.F. Müller Lehr- und Handbuch |
Издательство | |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783811472297 |
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Über die bereits beschriebenen Abweichungen hinaus ist der vorhabenbezogene Bebauungsplan durch zwei weitere Besonderheiten gekennzeichnet, die auch aus dem starken Verwirklichungsbezug resultieren. Zum einen stellt § 12 Abs. 5 BauGB eine personale Bindung her. Ein Wechsel des Vorhabenträgers ist nur zulässig, wenn die Gemeinde zustimmt, wobei die Gemeinde die Zustimmung allerdings nur verweigern darf, wenn die fristgerechte Durchführung des Vorhaben- und Erschließungsplans gefährdet ist. Gleichwohl stellt dies eine Ausnahme von den ansonsten ausschließlich grundstücksbezogenen Wirkungen des Bebauungsplans dar. Als zweite Besonderheit sieht § 12 Abs. 6 BauGB vor, dass die Gemeinde den Bebauungsplan wieder aufheben soll, wenn das Vorhaben nicht innerhalb der gesetzten Frist durchgeführt wird.
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Der besondere Charakter des vorhabenbezogenen Bebauungsplans zeigt sich auch an § 12 Abs. 3a BauGB. Diese Regelung bewirkt über die beschriebenen Modifizierungen hinaus, dass die Gemeinde sich im Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans planerisch nicht darauf beschränken kann, die Nutzung des Grundstücks allgemein, etwa lediglich durch die Festsetzung eines Baugebiets zu regeln. Es wird deutlich, dass der vorhabenbezogene Bebauungsplan ein spezielles Instrument zur Umsetzung eines genau bestimmten Projekts ist[226]. Es geht weniger um die vorausschauend planende Steuerung der baulichen Entwicklung als um die Schaffung der rechtlichen Grundlagen für ein bestimmtes Projekt. Damit ist § 12 BauGB auch ein Ausdruck des bereits erwähnten Wandels hin zu einem projektorientierten Planungsverständnis.
cc) Durchführungsvertrag
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Das dritte Element des Instruments des § 12 BauGB ist der Durchführungsvertrag. Hierbei handelt es sich um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag, der aufgrund seines Inhalts auch als städtebaulicher Vertrag im Sinne des § 11 BauGB zu qualifizieren ist[227]. Der wesentliche Inhalt des Durchführungsvertrages ist in § 12 Abs. 1 BauGB genannt: die Verwirklichung des Vorhabens auf der Grundlage des Vorhaben- und Erschließungsplans innerhalb einer bestimmten Frist und die (zumindest Teil-) Übernahme der Planungs- und Erschließungskosten durch den Vorhabenträger[228]. Hierauf ist der Durchführungsvertrag jedoch nicht beschränkt. Er kann noch weitere Regelungen beinhalten, insbesondere auch zu nicht städtebaulichen, etwa bauordnungsrechtlichen, Gesichtspunkten[229]. Die Grenze ergibt sich hier aus dem Koppelungsverbot.
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Der Umsetzungsorientierung des Instruments des § 12 BauGB entsprechend gibt § 12 Abs. 1 BauGB zwingend vor, dass der Durchführungsvertrag vor dem Satzungsbeschluss der Gemeinde über den Bebauungsplan geschlossen wird[230]. Ohne eine vertragliche Absicherung der Realisierung soll es nicht zu der entsprechenden Planung kommen. Umgekehrt hängt aber auch die Wirksamkeit des Durchführungsvertrags von dem Beschluss über den dem Durchführungsvertrag zugrunde liegenden Bebauungsplan ab. Kommt es nicht zu einem Beschluss über diesen Bebauungsplan oder ist dieser nichtig, ist der Durchführungsvertrag gegenstandslos, der Vorhabenträger ist dann nicht an die von ihm übernommenen Pflichten gebunden.
dd) Weitere Voraussetzungen
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Die Anwendung des Instrumentariums des § 12 BauGB erfordert weiterhin, dass der Vorhabenträger zur Durchführung des Projekts bereit und in der Lage ist (§ 12 Abs. 1 S. 1 BauGB). Die tatsächliche Bereitschaft wird sich in der Praxis regelmäßig kaum feststellen lassen. Hier wird im Normalfall die Bereitschaft des Vorhabenträgers, den Durchführungsvertrag abzuschließen, als Indiz genügen. Höhere Anforderungen sind an die Voraussetzung zu knüpfen, dass der Vorhabenträger auch in der Lage sein muss, das Projekt durchzuführen. Dies setzt zunächst voraus, dass der Vorhabenträger Eigentümer der zu beplanenden Grundstücke ist oder jedenfalls sichergestellt ist, dass er über die Grundstücke verfügen kann. Weiterhin muss die finanzielle und organisatorische Leistungsfähigkeit des Projektträgers gewährleistet sein[231].
e) Rechtsform und Wirkung
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§ 1 Abs. 2 BauGB beschreibt den Bebauungsplan als den verbindlichen Bauleitplan. Bereits hierin kommt zum Ausdruck, dass dem Bebauungsplan anders als dem Flächennutzungsplan, dem allerdings in einzelnen Bereichen inzwischen ebenfalls Außenwirkung zugebilligt wird, rechtliche Außenwirkung zukommen muss. Dementsprechend bedarf der Bebauungsplan einer Rechtsform, die diese Außenrechtsverbindlichkeit gewährleistet. In Betracht kommt grundsätzlich die Qualifizierung als Rechtsnorm oder Verwaltungsakt. Eine, allein systematischen Erwägungen folgende Zuordnung zu den Handlungsformen der Verwaltung erscheint schwierig[232]. Allerdings kommt dieser Frage aufgrund der Regelung des § 10 Abs. 1 BauGB, wonach der Bebauungsplan als Satzung beschlossen wird, keine praktische Relevanz zu. Die Schwierigkeit der systematischen Einordnung kommt jedoch in dem speziell auf den Bebauungsplan zugeschnittenen System des Rechtsschutzes nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO und der Fehlerfolgenregelungen der §§ 214 f. BauGB zum Ausdruck. Gemäß § 246 Abs. 2 BauGB müssen die Länder Berlin und Hamburg für die Bebauungspläne eine andere Form der Rechtssetzung bestimmen[233]. Das Land Bremen kann eine andere Rechtsform bestimmen[234].
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Aufgrund seiner umfassenden rechtlichen Verbindlichkeit, die ihn von allen anderen Plänen der räumlichen Gesamtplanung unterscheidet, nimmt der Bebauungsplan eine zentrale Rolle in diesem System der Gesamtplanung ein[235]. Die räumliche Gesamtplanung stellt sich als ein vertikal gestuftes System dar, in dem die vorgelagerten Raumordnungspläne und der Flächennutzungsplan im Wesentlichen verwaltungsintern auf die abschließende Konkretisierung durch einen Bebauungsplan hinsteuern. Dies gilt im Übrigen auch für das praktisch äußerst relevante Parallelsystem informeller Planungen, die ebenfalls abschließend der Umsetzung in formellen Plänen und letztlich im Bebauungsplan bedürfen[236]. Klarstellend ist allerdings zu bemerken, dass dieses System an vielen Stellen durchbrochen wird[237]. Die zentrale Stellung des Bebauungsplans kommt vor allem darin zum Ausdruck, dass der Rechtsschutz der Planbetroffenen fast ausschließlich auf diese Planungsebene konzentriert wird. Fehler in anderen Plänen können nur insofern angegriffen werden, als sie sich im Bebauungsplan fortsetzen. Dies unterstreicht das Bild des Bebauungsplans als der abschließenden Zuspitzung im System der räumlichen Gesamtplanungen.
a) Bedeutung und Zwecke
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Die Entwicklung des Verfahrensrechts für komplexe Verwaltungsentscheidungen wie der Bauleitplanung unterliegt gegenläufigen Strömungen. Traditionell weist das Verwaltungsrecht dem Verfahren eine dienende Funktion zu. Im Mittelpunkt steht die Gewährleistung der inhaltlichen Richtigkeit der Verwaltungsentscheidung. Das Verfahren wird demgemäß in vielen Bereichen darauf reduziert, zu dieser inhaltlichen Richtigkeit beizutragen[238]. Deutlichster Ausdruck dieser nach wie vor starken Tendenz ist die Regelung des § 214 Abs. 1 Nr. 2 BauGB. Diese erklärt selbst das Auslassen ganzer Phasen des Bauleitplanverfahrens, insbesondere der frühzeitigen Beteiligungen nach §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 BauGB, für unbeachtlich und schränkt die Geltendmachung von Verfahrensfehlern erheblich ein. Darüber hinaus können selbst beachtliche Verfahrensfehler gemäß § 214 Abs. 4 BauGB im Wege des ergänzenden Verfahrens behoben werden.