Название | Das Biest in Dir |
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Автор произведения | Felix Hänisch |
Жанр | |
Серия | |
Издательство | |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783967525793 |
Die wenigen Fenster, die es dennoch gab, waren von außen mit starken Metallgittern versehen. Alles in allem hätte sich das Haus, welches in seinen Ausmaßen gewiss Platz für über sechzig Elfen geboten hätte, kaum mehr von den anderen Gebäuden des Naoséwaldes unterscheiden können. Immerhin war es auch eines der wenigen, die unmittelbar auf dem Erdboden errichtet worden waren und das einzige unter ihnen, welches man zum Großteil aus Stein gebaut hatte.
Noch vor wenigen Stunden war es eine Art Gefängnis gewesen, das ein wenig abseits von den Riesenbäumen, auf deren Wipfeln das eigentliche Elfenreich thronte, in der kleinen Waldeslichtung lag. Genau genommen war es das noch immer, ein Gefängnis. Nur die Insassen hatten gewechselt.
Eine letzte Handvoll Elfen hatte sich erfolglos hinter den hölzernen Flügeltüren, die inzwischen nur noch zur Hälfte in ihren beschädigten Angeln hingen, verbarrikadiert. Saparin durchschritt den Torbogen, dessen Lettern bereits mit einer schwarz-purpurnen Schleife verdeckt waren, mit Genugtuung. Nach dem Fall von Urgolind, dem Herz des Waldelfenreiches, war es reine Routine gewesen, die letzten Feinde aufzuspüren und niederzuwerfen. Verluste hatte es aufseiten der Alben dabei keine gegeben.
Nachdem das Leben der Gefängniswachen ein jähes Ende gefunden hatte, waren ihnen die Insassen ins Jenseitige Reich gefolgt. Jeder einzelne der Häftlinge war unbewaffnet und feige wie ein kleines Lamm gewesen, sodass sie die Schärfe des albischen Stahls eigentlich gar nicht verdient hatten.
Jetzt boten die Zellen unfreiwillige Unterkunft für die elfischen Offiziere und Adligen, die das Gemetzel überlebt hatten. All jene, die sein Gebieter zu befragen gedachte, sobald er sich vom Kampf gegen Darius, Therry und die aufsässige Waldelfenkönigin erholt hatte. Letztere hatte Gott Loës in einer Verzweiflungstat hinterrücks ihr Zauberschwert in den Rücken gestoßen und ihn damit fast umgebracht.
Kaum, dass Saparin das durch dezenten Fackelschein erhellte Gebäude verlassen hatte, dessen Erdgeschoss inzwischen als behelfsmäßiges Quartier für einige albische Soldaten diente, erkannte er, wie vor ihm eine schmale Gestalt zwischen den Bäumen des Waldes verschwand. Die Flora war in diesem Teil des Forstes, gut fünf Meilen von Urgolind entfernt, nicht sonderlich dicht, sodass die bestens an die Dunkelheit gewöhnten Augen des Halbgottes alles gut erkennen konnten.
In einem Umkreis von gut zweihundert Schritten waren einige kleine Hütten errichtet worden, in denen bisher vermutlich das elfische Wachpersonal gehaust hatte. Nun dienten sie Saparin und seinen Offizieren als Einzelquartiere. Allerdings erschien es ihm übertrieben, von Hütten zu sprechen, denn so wie die meisten Wohnunterkünfte der Elfen waren auch sie sehr schlicht gehalten. Obwohl gemütlich und mit viel handwerklichem Geschick errichtet, maßen sie nicht sehr viel mehr als ein zusammengerollter Bergtroll.
Zielsicher steuerte Nemesta auf die hinterste der Baracken zu, unter deren Fensterläden ein wenig Licht hindurchschimmerte. Bereits dieser kurze Fußmarsch schien die stolze Albenkriegerin arg anzustrengen, da ihre Schritte sich zunehmend verlangsamten und sie auf einem Bein wieder zu humpeln anfing.
Die Wunden, die sie sich bei der Schlacht zugezogen hat, setzen ihr stärker zu, als sie sich eingestehen will, dachte Saparin unwillkürlich und passte sein Tempo dem seiner Gefährtin an. Er wollte Nemesta nicht in Verlegenheit bringen, indem er sie einholte und damit ihre körperliche Einschränkung offensichtlich machte.
Gemächlich lief er um einige auf dem Boden liegende Zweige und kniehoch gewachsene Farne herum, stets bemüht, keine Geräusche zu verursachen. Als seine Partnerin schließlich die Tür zu ihrer Unterkunft durchschritt, fragte er sich einen Augenblick lang, ob es überhaupt ratsam war, ihr zu folgen. Doch noch während Saparin darüber nachdachte, lenkten seine Füße ihn beinahe schon eigenständig vor den Eingang der kleinen Behausung.
Er hatte die Hand bereits erhoben und mit den Faustknöcheln zweimal gegen die Tür geklopft, als ihm zu seiner eigenen Verwunderung klar wurde, dass er überhaupt nicht wusste, was er sagen sollte, wenn Nemesta ihm öffnete. Noch während er nach Worten suchte, wurde die Klinke bereits von innen heruntergedrückt und mit zusammengezogenen Augenbrauen erschien die Albin in der Tür. Als sie ihren Begleiter erkannte, hellte ihr Blick sich jedoch schlagartig auf.
»Komm rein«, sagte sie ruhig und wandte sich sogleich wieder um. Saparin kam der Aufforderung nach kurzem Zögern nach und folgte ihr ins Innere. Die Wohnfläche bestand nur aus einem einzigen Raum und da die Hütte über keinen Schornstein verfügte, waren Kerzen die einzige Lichtquelle. Gut zwei Dutzend von ihnen hatte Nemesta aufstellen lassen, wodurch die hellbraunen Innenwände in einen gelblich flackernden Schein getaucht wurden.
Mit wenigen Schritten hatte die Albin das Zimmer durchquert und stand nun vor einem mannshohen Spiegel, welchen sie ebenfalls in das Quartier hatte bringen lassen. Ohne Saparin eines weiteren Blickes zu bedenken, nestelte sie an den Haken und Ösen ihres Kettenhemdes. Der Halbgott stand unschlüssig neben der Tür und überlegte für einen Moment, was er als Nächstes tun sollte. Da Nemesta nicht von sich aus bereit schien, ein Gespräch anzufangen, beschloss er, selbst das Wort zu ergreifen.
»Ich kann nachvollziehen, dass du dich lieber heute als morgen an den beiden Menschen rächen möchtest, aber du musst auch Loës verstehen. Er legt immensen Wert darauf, sie lebend wieder vorzufinden. Wenn wir dieser einfachen Aufgabe nicht nachkommen können, werden wir seinen Zorn auf uns ziehen und dann ...«
»Ich weiß. Du hast ja auch recht«, fiel Nemesta ihm ins Wort. Dabei klang sie jedoch nicht arrogant oder launisch, so wie es in der letzten Zeit häufiger der Fall gewesen war. Ihre Stimme war, genau wie ihre ganze Wesensart, sanft und ruhig. Diesmal, das konnte Saparin spüren, gab sie es allerdings nicht vor, um ihn zu täuschen. Tatsächlich schien sämtliche Aggression und aller Hass, der die kampfbesessene Albin sonst so sehr prägte, verschwunden zu sein. Mit vertrauensseligen Augen blickte sie Saparin durch den Spiegel hinweg an und ein kleines Lächeln huschte über ihre Züge, als sie weitersprach.
»Mir ist klar, dass das, was ich getan habe, nicht richtig war. Aber ich konnte diese Schmach einfach nicht auf mir sitzen lassen.« Dabei fuhr sie sich mit den Fingern über den Verband an ihrem Hals, wo Therry sie erst wenige Stunden zuvor gebissen hatte. Die Verschlüsse ihrer Rüstung hatte sie inzwischen gelöst, sodass diese jetzt schlaff an ihr herabhing. »Die kleine Schlampe hätte mich beinahe umgebracht. Ich wollte, dass sie mindestens genauso sehr leidet wie ich. Und ihr Bruder sollte mindestens genauso viel Angst haben, wie ich sie in diesem Moment hatte.« Geistesabwesend drehte sie die Kettenglieder, welche Therry mit ihrem Biss aufgeknackt hatte, zwischen den Fingern hin und her.
»Ich bin sehr froh, dass du überlebt hast.« Saparin errötete ein wenig, als er die Worte aussprach. Langsam näherte er sich Nemesta von hinten und griff nach dem Saum ihres Stahlhemdes. Durch den Spiegel sahen die beiden sich tief in die Augen und vorsichtig half er ihr, sich der Panzerung zu entledigen.
Nemesta hätte es auch ohne ihn geschafft, doch sie genoss es, Saparins kraftvolle und gleichzeitig sanfte Hände auf ihrem Körper zu spüren. Gänsehaut überkam sie, als er mit seinen Fingern ihre Taille berührte und augenblicklich richteten sich die kleinen Härchen in ihrem Nacken auf. Achtlos warf sie die Rüstung in die Ecke und drehte sich nun gänzlich zu ihrem Gefährten um. Einzig ein schmuckloses Untergewand aus weißem Leinen, welches ihrem Körper nicht im geringsten Maße gerecht wurde, verdeckte jetzt noch ihre Blöße.
»Dabei fällt mir ein, ich habe mich noch gar nicht bei dir bedankt«, hauchte sie und trat noch einen halben Schritt auf Saparin zu, sodass ihre Hüften sich berührten. »Ohne dein Eingreifen hätte der Zwergenprinz mich in der Schlacht getötet.« Lächelnd legte sie ihm die Arme um den Hals und näherte sich langsam mit ihrem Mund dem seinen.
Als ihre Lippen sich berührten, kam es Nemesta vor, als würde glühend heiße Lava sie durchfluten und die Gänsehaut auf ihren Armen und Schultern verstärkte sich. Im ersten Moment stand Saparin einfach nur da und es ließ sich nicht erschließen, ob er den Moment ihrer Zweisamkeit genoss oder nicht. Doch gerade als der Albin in den Sinn kam, dass er womöglich gar nicht mehr als Freundschaft zwischen ihnen wollte, erwiderte er den Kuss. Und das mit solcher Leidenschaft, dass ihr ganzer Körper, von den Fußsohlen bis hinauf zur Nasenspitze, zu kribbeln begann.
Einige