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sowohl Sie als auch er einen Fluchtweg haben. Wird ihm dieser versperrt, steigert dies seine Aggression und es kann zu einer Gewalttat kommen. Allerdings helfen sämtliche Maßnahmen zur Deeskalation nicht, wenn eine Person eine Eskalation forciert und absichtlich herbeiführen will.

      Zum Schutz von Leben und Gesundheit der Beschäftigten sind Vorkehrungen für den Notfall zu treffen. Neben der Gestaltung der für einen angemessenen Schutz erforderlichen Rahmenbedingungen und Vorkehrungen durch die Dienststelle trägt auch jede/jeder Beschäftigte mit Freundlichkeit, Informations- und Hilfsbereitschaft wesentlich dazu bei, Aggressionspotential des Gegenübers zu minimieren, bzw. gar nicht erst aufkommen zu lassen. Ein höflicher und freundlicher Umgangston ist ein wesentlicher Grundbestandteil der vorbeugenden Maßnahmen. In diesem Zusammenhang sind insbesondere folgende vorbeugende Verhaltensregeln wichtig:

      • Reihenfolge der wartenden Antragssteller/Ratsuchenden in der Beratung einhalten

      • Die Person sofort begrüßen, nach seinen Wünschen fragen und mit Namen ansprechen

      • Im Gespräch sein Gegenüber ansehen und aktiv zuhören

      • Bei Störungen durch Kollegen oder Telefonate entschuldigen

      • Verständlich sprechen, vorhandene Sprachbarrieren klären

      • Bei Anregungen der Bürger oder deren Initiativen anerkennen, verständnisvoll auf Kritik oder Beschwerden eingehen; bei Fehlern entschuldigen

      • Klare Auskunft bei Anfragen der Bürger nach zuständigen Stellen geben

      • Kulant im Rahmen der Möglichkeiten auftreten

      • Vollständige Informationen über erforderliche Unterlagen geben, über Folgemaßnahmen informieren

      • Entscheidungen verständlich machen, z. B. auf Gesetze nicht nur verweisen, sondern diese auch kurz vorstellen und erläutern (Gesetz aufschlagen oder den betreffenden Paragrafen ausdrucken, so dass Person selbst nachlesen kann)

      • Ratsuchende zur zuständigen Stelle weiterleiten, wenn möglich, bei Weiterleitung zu anderen Kolleginnen/Kollegen diese miteinander bekannt machen

      • Freundlich Auskunft geben

      • Freundlich verabschieden

      • Getätigte Zusagen einhalten

      Greifen die getroffenen Maßnahmen nicht, weil es sich beispielsweise um eine generell aggressive Person handelt, eine Suchtproblematik oder eine Persönlichkeitsstörung vorliegt, dann geht es Ihrerseits um Möglichkeiten zur Wahrung einer emotionalen wie physischen Distanz und Aufmerksamkeit für den Eigenschutz.

       II. Sicherheit im öffentlichen Dienst

      Während in der privaten Wirtschaft zum Teil sehr viel in die Sicherheit des Unternehmens und der Mitarbeiter investiert wird, scheint sich das Bewusstsein im öffentlichen Dienst erst in den vergangenen Jahren entwickelt zu haben. Ursächlich dafür waren zum einen vereinzelte Gewalttaten, die die ganze Republik erschüttert haben. Doch auch Tätlichkeiten, die immer häufiger zum Alltag von Mitarbeitern im Öffentlichen Dienst zu gehören scheinen, schaffen Fakten, die zur Reaktion zwingen. So hat sich in den letzten Jahren zwar viel getan, doch noch immer gibt es Bedarfe.

      Während Gewalt gegen Polizeibeamte durch Anzeigen systematisch erhoben werden und somit gut dokumentiert sind, ist dies in den anderen Bereichen im öffentlichen Dienst noch nicht der Fall. Die unterschiedlichen Gewerkschaften konstatieren seit Jahren eine besorgniserregende Zunahme der Gewalt gegen Feuerwehr und Rettungskräfte,27 Mitarbeiter im öffentlichen Dienst und machen mit unterschiedlichen Kampagnen auf das Problem aufmerksam.28 Doch auch nach Dienstschluss kommt es zu Gewalt, häufig zu Bedrohung der Privatpersonen aufgrund ihrer Diensttätigkeit.29 In Deutschland30 gibt es weder eine Statistik zur generellen Gewalt gegen Mitarbeiter im öffentlichen Dienst, sortiert nach Behörden, Einrichtungen oder Rechtskreisen, noch über entsprechende Gewalt gegen die Mitarbeiter in ihrer Freizeit.

      Das Institut für Polizei- Kriminalwissenschaften (IPK) der Hochschule für Polizei und Wissenschaft (HSPV)31 NRW hat im Auftrag der Gewerkschaft komba NRW32 zwei umfassende Studien zur Gewalt gegen Mitarbeiter in kommunalen Einrichtungen in Nordrhein-Westfalen in den Jahren 2013/14 und 2019 erstellt. Das erstellte Lagebild zum Aufkommen von Gewalt zeigt, dass gravierende Übergriffe auf Mitarbeitende von öffentlichen Verwaltungen bislang noch seltene Ausnahmeerscheinungen sind. Die überwiegende Mehrheit der Befragten gab an, dass der Kundenkontakt meist auf einer freundlichen und sachlichen Basis erfolge. Gleichzeitig komme es jedoch immer wieder zu Kontakten, die die Befragten als „angespannt“ empfinden. In diesen Situationen erfahren sie zwar keine tätlichen Übergriffe, sind jedoch häufig Opfer von verbaler Gewalt und unangebrachtem Sozialverhalten.33 Auch eine Verrohung in den Manieren wurde moniert, die auch Beschwerden, Anrempeln und „Pöbeleien“ implizierten.34 Dies ist durchaus ernst zu nehmen, da solche Situationen eskalieren und somit zu physischer Gewalt führen können. Zumal die Befragten auch psychische Erkrankungen oder Drogen- oder Alkoholprobleme bei Bürgern und Antragsstellern wahrnehmen, die sie als potentielle Gefährdung bewerten.35

      Im Umgang mit Gewaltsituationen geben Mitarbeiter an, sich nicht ausreichend vorbereitet zu fühlen, gerne mehr über das Thema reden und Situationen üben würden.36 Auch die mangelnde Transparenz für den Bürger betrachten die befragten Mitarbeiter als gewaltfördernden Faktor, da ein Nicht-Verständnis für die Prozesse zu Unverständnis und dies wiederum zu Verzweiflung und/oder Wut führen kann.37

      Die unterschiedlichen Behörden in Deutschland arbeiten nicht nur in unterschiedlichen Rechtskreisen, Verwaltungssystemen und daher unterschiedlichen Personengruppen, sie haben jeweils auch ganz eigene und verschiedenartige Behördenstrukturen und -kulturen. Teilweise ist dieses „von Haus zu Haus“ unterschiedlich: In einigen Verwaltungen wird ein großer Wert auf die Sicherheit und das Sicherheitsempfinden der Beschäftigten gelegt und in dieses mit Schulungen, Ansprechpartnern und zum Teil auch baulichen Elementen investiert. Es sollte tatsächlich als Investition betrachtet werden, für Sicherheit am Arbeitsplatz zu sorgen. Sieht man dies nur als Kostenfaktor, vernachlässigt dies, dass mangelnde Sicherheit und empfundene Unsicherheit sich negativ auf die Produktivität auswirkt. Zudem wirkt sich eine Gewalttat nachhaltig schädlich auf die Behörde aus, sowohl auf die Opfer (direkte und indirekte)38 sowie auf den Arbeitgeber und die Institution.

      Schäden für die Opfer sind:

      • Körperliche Schäden und Verletzungen

      • Stress

      • Gefühle der Ohnmacht und Hilflosigkeit

      • Angstzustände

      • Schlafstörungen

      • Posttraumatische Belastungsstörung

      • Motivationsverlust

      • Sozialer Rückzug

      • Konzentrationsschwierigkeiten

      Schäden für den Arbeitgeber sind:

      • Zunahme der Fehlzeiten

      • Abnahme