Название | Kettenwerk |
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Автор произведения | Georgian J. Peters |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783991075400 |
Für einen Augenblick legte Georgie das Buch zur Seite und streckte den Arm aus, um ebenfalls aus der Flasche zu trinken.
Er nahm einen kräftigen Schluck, verzog etwas die Mundwinkel, da der Rum doch sehr durchschmeckte, schüttelte sich kurz und las weiter: „Wiederum einen Monat später wurde ein weiteres Gesetz erlassen, das vorsah, künftig die Ämter des Reichspräsidenten und des Reichskanzlers zusammenzulegen – ein weiterer strategischer Schachzug und ab dem 2. August 1934 wurde die Reichswehr auf Hitler, den neuen Oberbefehlshaber, den Führer und den Reichskanzler in einer Person, vereidigt. Von nun an brauchte Hitler nicht mehr zu zögern. Er konnte agieren, mehr noch: Er konnte provozieren. Bereits am 14. Oktober 1934 trat Deutschland aus der Abrüstungskonferenz aus und nur fünf Tage später auch aus dem Völkerbund.
Entgegen seiner Erwartung musste er sich wundern, dass die Weltöffentlichkeit nur geringe Notiz davon nahm.
Nun vergingen einige Jahre, in denen heimlich aufgerüstet und nach außen Friedensverhandlungen und Vermittlungsgespräche mit den angrenzenden Staaten geführt wurden. Mit aller Macht wollte sich Hitler Polen zu Eigen machen. Deshalb begann eine Reihe von deutsch-polnischen Vertragsverhandlungen, die aber ausschließlich der Außenminister Joachim von Ribbentrop führte. Immer ging es darum, die Freie Stadt Danzig, die Hitler um jeden Preis in das Reich eingegliedert sehen wollte, zu bekommen und es ging um eine Autobahn sowie um eine Eisenbahnlinie, die dorthin gelegt werden sollte. Das sollte der „Polnische Korridor“ sein. Und eine weitere Lösung musste mit Polen verhandelt werden: die Frage nach dem Verbleib der aus Deutschland ausgewiesenen „Ostjuden“. Bislang weigerte sich Warschau, die Juden aufzunehmen, doch als sich die Zahl der Ausgewiesenen, wobei es sich nicht nur um Juden handelte, immer größer wurde, gab Polen schließlich nach. Doch die Lage spitzte sich dramatisch zu, als am 7. November 1938 der junge Herschel Grynszpan die deutsche Botschaft in Paris betrat und den Botschaftsrat Ernst vom Path erschoss. Im Grunde war dies eine Verzweiflungstat, weil seine ganze Familie aus Deutschland ausgewiesen worden war und sie somit buchstäblich alles verloren hatten.
Dr. Joseph Goebbels aber nahm diese Tat zum Anlass für eine gerechtfertigte Gegenaktion und kündigte sie wie folgt an: die spontane Reaktion des deutschen Volkes. Zwei Tage lang brannten im Reich sämtliche jüdische Synagogen. Auf brutalste Weise wurden jüdische Geschäfte geplündert, Wohnungen verwüstet. In roter Schrift hatte sich von nun an die Reichskristallnacht in die Geschichtsbücher eingetragen. Am Montag, dem 30. Januar 1939 stand Hitler mit geschwellter Brust im Reichstag und kündigte lauthals die Vernichtung der jüdische Rasse in Europa an, natürlich im Falle eines Krieges.“
Georgie ließ das Buch auf seine Knie sinken und sah besonnen in die Runde, wie ein geübter Leser es tat, er erwartete keinen Kommentar.
Er sah die Jungs prüfend an. Dann nickte er, hob das Buch wieder an und las weiter: „Unterdessen wurde in geheimen, hermetisch abgeschirmten Fabriken mit Hochdruck und auch unter Tage aufgerüstet. In entlegenen Werfthallen und ummauerten Werksgeländen wurde emsig in Schichten rund um die Uhr gearbeitet, was das bedingungslose Vertrauen an die NS-Regierung zur Pflicht machte, aber das fiel den Familien überhaupt nicht schwer, da selbst Mütter wieder Arbeit hatten, während Väter verantwortungsvolle Aufgaben zugeteilt bekamen.“ Georgie sah noch einmal auf und hob eine Augenbraue.
„Auf Deutschlands Küchentische kam wieder gesundes Essen und so manche Familie konnte sich zum ersten Mal, nach so vielen Jahren der Entmutigung, einen Urlaub an der Ostsee leisten. Wer hätte da an Krieg gedacht?“
„Fragst du uns das jetzt etwa?“, feixte Ulli, obwohl ihn die Geschichte längst gepackt hatte. Und da Georgie das erkannte, reagierte er gar nicht erst auf die Frage, sondern fuhr fort: „Doch jedem sollte noch früh genug die nackte Wahrheit ins Gesicht springen. Hierfür brauchte es keine Goebbelsharfen und keine tönende Wochenschau.
Nun wurde jedem klar, warum die breiten Autobahnen gebaut, die unzähligen Fabriken umfunktioniert und die allgemeine Wehrpflicht wieder eingeführt wurde. Zu einem besseren Zeitpunkt konnte das alles gar nicht geschehen als gerade, wo das Land sein vereintes Selbstvertrauen zurückgewonnen hatte, man sich in die Zeit des Aufschwungs eingebracht hatte und die allgemeine Entspannung genoss. Zu dieser Zeit wäre niemandem der große Krieg in den Sinn gekommen und erst recht nicht den Siegermächten des Ersten Weltkrieges.
Zuerst musste die NS-Regierung dafür sorgen, dass alle Gegner, die sich ihnen in den Weg stellten, mit blutigem Terror vernichtet wurden. Massiv verfolgte man Kommunisten und Antifaschisten, aber auch jeglichen Verdacht, der auf politische Gegner gerichtet war. Im Schnellverfahren wurde aus SA- und SS-Horden eine Hilfspolizei aufgestellt, die uneingeschränkte Schießfreiheit erhielt und deshalb auch eigenmächtig unter Heinrich Himmler handelte. Hieraus entwickelte sich wenig später die geheime Staatspolizei, kurz GESTAPO genannt. Unweigerlich gab dieser Schachzug die Jagd frei auf jeden, der als politischer Gegner unter Verdacht geriet.
Etwaige Querulanten waren jetzt vogelfrei.
Ohnehin war Europa in Kriegsbereitschaft, obwohl man nach außen an Friedensverhandlungen festhielt, erst recht nach dem plötzlichen Austritt der Deutschen aus dem Völkerbund. Doch so richtig schien niemand auf die offenliegenden Signale zu reagieren. Nur ein paar verhaltene Proteste flackerten auf, doch loderten sie jenseits der Grenzen. Die Franzosen und die Briten gaben sich ein wenig empört über die deutsche Truppenstärke und meldeten öffentlich Bedenken an. Sogar die Tagespresse und der Hörfunk wurden genutzt, doch man überging derartige Schlagzeilen.
Niemandem war entgangen, dass die deutsche Wehrmacht deutlich die vom Versailler Vertrag vorgeschriebene Truppenstärke überschritten hatte. Durch trügerische Versprechungen und ablenkende Schlichtungsverträge gelang es Hitler, die Vernebelung des deutschen Volkes aufrechtzuerhalten. Doch sein wirklicher Erfolg zeigte sich in den Reaktionen der Siegermächte. Auch sie ließen sich täuschen“, Georgie hob langsam den Blick. Er machte eine winzige Pause, bis er: „Eine Tottäuschung“, dranhängte, „für den 26. August 1939 war also der Überfall auf Polen geplant und es hatte lange Monate an unglaublich viel Täuschung gekostet, diesen Überfall vorzubereiten, ohne dass England, Frankreich oder sogar die Sowjetunion und natürlich Polen selbst etwas geahnt hätten. Hitler höchstpersönlich richtete ein Telegramm an Stalin, in dem er nochmals die Abmachungen mit der Sowjetunion akzeptierte, jedoch die Haltung Polens verurteilte und daher unbedingt für den 22. August oder aller spätestens für den 23. August 1939 um ein Treffen im Kreml mit von Ribbentrop bat. Zur selben Zeit wurde in Berlin ein Kreditabkommen mit Deutschland und der Sowjetunion unterzeichnet, mit Datum vom 19. August 1939, das Hitler erst die wirtschaftliche Grundlage für einen Krieg ermöglichte. Zuvor ließ ihn seine Weitsicht erahnen, dass ihm eine britische Seeblockade ins Haus stehen würde, wenn er nicht mit England zu einer Einigung kommen würde, was er eigentlich auch gar nicht vorhatte. Nun ermöglichte er dem Deutschen Reich den sicheren Bezug an wichtigen Rohstoffen und Lebensmitteln auf dem Weg über die UDSSR. Allerdings wurden die folgenden Tage für Hitler nervenzerreißend, da die Zeit drängte. Ein Brief vom britischen Premierminister Chamberlain traf bei ihm am 22. August 1939 ein. In diesem versicherte er noch einmal ausdrücklich, dass sich durch das angekündigte deutsch-sowjetische Abkommen an der Verpflichtung Englands gegenüber Polen nichts ändern würde. Eine deutsche Aktion gegenüber Polen würde unweigerlich den europäischen Krieg zur Folge haben, erwiderte Hitler später, er wünsche zwar keinen Krieg, aber er würde nicht vor ihm zurückschrecken! Am 23. August sagte er: Deutschland hat nichts zu verlieren, England dagegen viel.“ Trotzdem wollte es sich Hitler mit Großbritannien nicht verderben, obwohl er mittlerweile