Название | Einer von Hoods Texanern |
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Автор произведения | William Andrew Fletcher |
Жанр | Изобразительное искусство, фотография |
Серия | Zeitzeugen des Sezessionskrieges |
Издательство | Изобразительное искусство, фотография |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783748557708 |
In der Nacht kam ein sogenanntes "wildes Pferd" in unser Lager. Wenn feindliche Lager nahe beieinander lagen, kam es hin und wieder vor, dass ein aufgrund der angespannten Atmosphäre verwirrtes oder aufgeregtes Tier, sei es nun eines der unsrigen oder des Feindes, kopflos zwischen den Lagern umherjagte. Sobald ein solches Pferd gesichtet wurde, ertönte der Ruf: "Wildes Pferd!" und wurde rasch von hunderten von Kehlen durch das gesamte Lager getragen, sodass stets jeder einzelne Soldat alarmiert war, selbst wenn das Tier nur in gerader Linie durch einen kleinen Teil des Lagers stürmte. In unserem Falle galoppierte das Pferd in etwa 50 Metern Entfernung an meinem Schlafplatz vorbei. Es gibt wohl keine zwei Wörter, die einen schlafenden Soldaten schneller auf die Beine brachten als "Wildes Pferd!", da absolut niemand darauf versessen war, mit den trampelnden Hufen Bekanntschaft zu schließen. Dem rasenden Tier wurde aus allen Richtungen "Brr!" und "Whoa!" zugerufen, aber natürlich wussten alle, dass das Pferd in seinem Zustand nicht auf Haltebefehle reagieren würde. Genauso gut hätte man sie einer heransausenden Kanonenkugel entgegenbrüllen können.
Am nächsten Morgen fand uns das erste Tageslicht bereits in Linie angetreten vor. Wir wurden vorwärts beordert und als wir die Front erreichten, stellte sich heraus, dass wir bei den Kämpfen des Tages als Reserve fungieren sollten. Es war dies eine unbeliebte Aufgabe, da man dabei häufig längere Zeit unweit der Kampfhandlungen untätig bleiben musste, während man den Schlachtenlärm hören und die Verwundeten sich nach hinten schleppen sehen konnte. Musste man dann vorrücken (wie wir es schließlich tun mussten), so kam man an den Toten und Sterbenden vorüber und geriet rasch unter Granaten- oder gar Kartätschenbeschuss. Von nun an war es gleich, ob man aufrecht stand oder sich zu Boden warf, man konnte jeden Augenblick niedergemäht werden und selbst wenn man instinktiv schützend die Hände heben mochte, so würde einen dies doch nicht retten. In der Reserve hatte man unglücklicherweise ausreichend Zeit, über die eigene Lage nachzudenken und ausgiebig die Schrecken des Krieges und die unsägliche Geringschätzung des menschlichen Lebens zu beobachten, während um einen herum die einfachen Soldaten abgeschlachtet wurden, damit sich die Mächtigen an der Spitze mit dem Ruhme des Sieges schmücken konnten. Je älter und weiser ein Mann wird, desto deutlicher erkennt er die immense Gefahr, welche von argwilliger Aufwiegelung der Massen ausgeht. Der Kampf tobte bis in die Abendstunden und der enorme Lärm zu unserer Rechten ließ mich vermuten, dass es sich um eine ausgewachsene Schlacht handelte. Soweit ich dies beurteilen konnte, war die Reserve dicht hinter dem Kampfgeschehen aufgestellt. Unsere Kolonne wurde verlegt und während wir nach rechts marschierten, liefen vor mir zwei Jungs aus Kompanie F, die offensichtlich in Panik verfallen waren. Sie hielten den Marsch auf, da sie sich vor Furcht nicht aufrecht zu halten und mit jener stoischen Gelassenheit zu betragen vermochten, die von einem Soldaten erwartet wurde. Stattdessen stolperten sie vornübergebeugt vorwärts und zuckten beim geringsten Anlass zusammen, wobei sie häufig den Anschluss an ihre Vordermänner verloren und ihre Hintermänner auflaufen ließen. Dies zehrte an meiner Geduld und ich äußerte mehrmals lautstark meinen Unmut. Ich erinnere mich noch an meine letzten Worte an die beiden; sie lauteten: "Jetzt richtet euch schon auf, Jungs! So gekrümmt bietet ihr den Yankees nur ein größeres Ziel, denn ein Geschoss, das ansonsten harmlos vor euch vorbeigeflogen wäre, kann euch in eure vorgebeugten Köpfe treffen!" Kurze Zeit später schlug eine Kanonenkugel auf Schulterhöhe in sie ein und riss sie förmlich in Fetzen.
Bald darauf scherte Kompanie F aus der Marschkolonne aus und wurde nach links beordert, um dort als Flankenschutz zu fungieren. Die gesamte Reserve wurde nun nach vorne geworfen und löste einige dezimierte Einheiten ab, die an einer besonders hart umkämpften Stelle gefochten hatten. Während Hoods Brigade vorwärts stürmte, stießen die Männer den Texas-Schrei aus und da wussten wir Jungs von Kompanie F sogleich, dass uns ein Sturmangriff bevorstand. Captain Bryan hielt Kompanie F einige hundert Meter links und vor dem Rest der Linie (deren Position wir nur anhand ihres schallenden Gebrülls erahnen konnten), um ein eventuelles Flankenmanöver des Feindes zu stoppen oder zumindest zu verlangsamen. Stellenweise kamen wir nur sehr langsam voran, da das heftige Artilleriefeuer den Wald übel zugerichtet hatte. Einige vollständig verwüstete Stellen mussten wir gar gänzlich umgehen; offenbar hatten dort einige besonders verbissen kämpfende Jungs das massierte Feuer der feindlichen Kanonen auf sich gezogen. Im Gehölz vor uns musste sich wohl die rechte Flanke des Feindes befunden haben, da einige unserer Einheiten dort beim Vordringen ins Gehölz zufällig einem feindlichen Regiment den Rückzug abschnitten, ohne es zu bemerken. Dieses Regiment war auf eine höchst seltsame Weise aufgestellt worden, die mich damals verblüffte und die ich mir auch heute noch nicht erklären kann: Das Regiment ragte im rechten Winkel aus der feindlichen Gefechtslinie heraus und unternahm augenscheinlich keinen Versuch, seine Stellung zu korrigieren, nicht einmal, als die übrigen Yankee-Regimenter zurückzuweichen begannen. Während Kompanie F zügig durch eine Senke marschierte, prasselte plötzlich ein regelrechter Kugelhagel auf uns ein, ohne dass wir den Feind sehen konnten. Auf einen gebrüllten Befehl hin warfen wir uns geschlossen zu Boden und ich wurde mit der Aufgabe betraut, die feindlichen Schützen ausfindig zu machen. Die Richtung des Beschusses verriet mir, dass die Yankees sich schräg vor uns zu unserer Rechten befinden mussten. Ich tastete mich vorwärts, um ihre Flanke aufzuspüren und während ich mich umsah, erspähte ich rechts von mir zwei unserer Jungs, die auf die vermutete Position des Feindes zuliefen. Mir schoss sogleich der Gedanke durch den Kopf, dass sie offensichtlich keine geübten Waldläufer waren, da sie sich mit ihrem kopflosen Vorstoß unnötigerweise großer Gefahr aussetzten. Meine Vermutung bezüglich der Position des Feindes erwies sich schon bald als richtig und als ich den Rand der Senke erreichte, sah ich zu meiner Rechten die blaue Linie. Die Umstände schienen mir günstig für eine relativ gefahrlose Inspektion dieser Burschen und so manövrierte ich mich vorsichtig und zugleich zügig in ihren Rücken und hielt mich knapp 100 Meter hinter ihrer rechten Flanke. Ich verschaffte mir rasch einen Überblick über die Lage und als ich den Colonel des Regiments erspähte, legte ich meine Muskete an, um ihn zu erschießen, da er sich nicht weit von mir entfernt an der rechten Flanke aufhielt. Allerdings wusste ich, dass Erkundungstrupps in der Regel dazu angehalten waren, nur zum Zwecke der Notwehr zu feuern und so zögerte ich, bevor ich schließlich meine Waffe senkte, kehrtmachte und zu meiner Kompanie zurückrannte. Ich hatte bereits eine beträchtliche Strecke zurückgelegt, ehe der Feind auf mich aufmerksam wurde. Da ich bereits den Hang hinab in die Senke lief, fühlte ich mich sicher genug, um ohne jegliche Deckung einfach möglichst schnell zu rennen, weil der Großteil des feindlichen Feuers erwartungsgemäß über mich hinwegflog. Zweimal wäre ich auf meiner wilden Hatz den Hang hinab beinahe gestürzt, da ich umherliegendes Geäst streifte. Die gesamte feindliche Linie schien mir von schräg hinten ihre Kugeln nachzujagen. Als ich jene Stelle erreichte, an der ich meine Kompanie zurückgelassen hatte, war diese entweder verschwunden oder ich hatte mich in eine andere Senke verirrt. Ich suchte also Deckung hinter einem Baum und hielt nach meiner Kompanie Ausschau. Da ich nicht die geringste Spur von ihr entdecken konnte, vermutete ich, dass sie weitergezogen war und so folgte ich im Laufschritt ihrer wahrscheinlichen Marschrichtung. Meine Entscheidung erwies sich als richtig, als ich nach kurzer Zeit auf unseren Ordonnanz-Sergeant stieß. Ich fragte ihn, wo unsere Kompanie sei und er antwortete, sie befinde sich etwas weiter vorne, aber die Männer hätten sich im Gehölz aus den Augen verloren und seien über die gesamte Gegend versprengt. Wir liefen gemeinsam weiter und kamen an einem Nachschublager vorüber, das aus mehreren aufgeschlagenen Zelten bestand und offenbar jede Menge Nahrungsmittel beherbergte. Schräg vor uns erspähte ich in etwa 200 bis 300 Metern Entfernung unsere Jungs, die sich gerade in Linie formierten. Zugleich bemerkte ich in knapp 75 Metern Entfernung zu meiner Rechten einen großgewachsenen Yankee, der mit ausgreifenden Schritten zwischen den Zelten hindurcheilte und sich augenscheinlich auf der Flucht befand. Ich legte meine Muskete an, sagte zugleich: "Sergeant, schauen Sie!" und hatte die Worte kaum ausgesprochen, als ich bereits feuerte. Der Mann ließ seine Waffe fallen, taumelte einige Schritte nach rechts und stürzte zu Boden. Der Sergeant rief: "Sie haben ihn erwischt!" und ich entgegnete: "Zumindest von dieser Muskete wird keine Gefahr mehr ausgehen." Inzwischen waren die Kampfhandlungen an der äußersten rechten Flanke von Lee und der linken Flanke von McClellan nahezu völlig eingeschlafen. Der Pulverrauch hing in einigen Metern Höhe über dem Schlachtfeld und war dermaßen dicht, dass er die Sonne verfinsterte. Ich eilte zu meinen Kameraden und konnte mich mit eigenen Augen von dem Tagewerk überzeugen, das die Texas Brigade verrichtet hatte. Unweit ihrer Stellung sah ich die traurigen