Einer von Hoods Texanern. William Andrew Fletcher

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ich dies erkennen konnte, mit ihrer linken und rechten Flanke an je einem Sumpf und verlief halbkreisförmig. Wir standen inmitten eines Waldes und nirgends um mich herum sah ich auch nur die kleinste Lichtung, die mir einen gewissen Ausblick ermöglicht hätte. Nach einiger Zeit wurde ich unruhig, denn ich war mir sicher, dass ich von meiner gegenwärtigen Position aus niemals einen Yankee zu Gesicht bekommen würde. Nach allem, was man mir seit Kriegsbeginn über die Yankees erzählt hatte, war ich überzeugt, dass sie Herausforderungen zu einer fairen Auseinandersetzung gerne aus dem Wege gingen und tatsächlich schien dies auch hier der Fall zu sein: Wir standen nahezu direkt in ihren Linien und waren zu jedem Kampf bereit, aber obgleich sie die Invasoren waren und folglich auf jede Möglichkeit versessen sein mussten, uns zum Gefecht zu stellen, taten sie es nicht, also mussten sie wohl Feiglinge sein. Derartiger Unsinn spukte zu jener Zeit in den Köpfen etlicher junger Burschen herum. Am späten Abend, als meine Geduld bereits gründlich erschöpft war, hörte ich plötzlich zu meiner Rechten einen Schuss. Ihm folgten in rascher Folge weitere Schüsse, die sich zudem meiner Position zu nähern schienen. Ich starrte angestrengt in den Wald vor mir und bevor ich so recht begriff, was um mich herum geschah, befand sich unsere Linie zu meiner Rechten und meiner Linken bereits auf der Flucht. Ich gab meinen ersten Schuss ab, worauf als Antwort prompt einige feindliche Kugeln in die Bäume um mich herum einschlugen. Ich begriff, dass mir jeden Augenblick der Rückzugsweg abgeschnitten werden konnte und so machte ich kehrt und rannte auf den Damm zu, so schnell mich die Füße trugen. Hin und wieder wurde ich ein wenig langsamer und versuchte, im Laufen nachzuladen, doch stets pfiff eine Yankeekugel an meinem Kopf vorbei und schien mir ins Ohr zu flüstern: "Lauf schneller!" Einige der Blauröcke schienen ausgesprochen gut zu Fuß zu sein, denn obgleich ich nur wenige dieser Ladepausen einlegte, schlossen sie rasch zu mir auf. Als meine Muskete schließlich schussbereit war, ließ ich mich hinter einen Baumstamm fallen und feuerte erneut. Die feindlichen Kugeln pfiffen nun schon von vorne und von beiden Seiten über mich hinweg und mir wurde vollends klar, dass ich mich nur retten konnte, indem ich um mein Leben rannte, denn selbst, falls die Yankees mich nicht treffen würden, so würden sie mich doch schon sehr bald entweder einholen oder umzingeln. Ich musste den Damm erreichen, koste es, was es wolle und so brach ich in wilder Flucht durch das Gehölz und sprang über gestürzte Baumstämme, wobei ich einen derartigen Lärm machte, dass ich die umherschwirrenden Geschosse kaum noch hören konnte. Als ich den Damm erreichte, sah ich etliche unserer Jungs, die versuchten, ihn zu überklettern. Niemand schien irgendeine Art von Kontrolle über die Männer auszuüben und offensichtlich trieb jeden von ihnen die nackte Panik vorwärts. Im Eifer des Augenblicks brüllte ich nahezu unbewusst: "Halt! Verteidigt den Damm!" und tatsächlich machten die Soldaten in meiner Nähe kehrt und eröffneten das Feuer auf den Feind. Als die Männer auf der Dammkrone den vermeintlichen Haltebefehl hörten und zudem sahen, dass vom Fuße des Damms aus geschossen wurde, bezogen auch sie (und zwar, wenn ich mich recht entsinne, ausnahmslos jeder von ihnen) Verteidigungsstellungen. Wir Soldaten am Fuße des Damms fanden wirksamen Schutz hinter dicken Bäumen und nach einem etwa viertelstündigen hitzigen Feuergefecht begann der Feind zurückzuweichen. Die vordersten Yankees waren bis auf weniger als 100 Meter an uns herangekommen. Wir waren damals überzeugt, sie hätten mit "Explosivgeschossen" auf uns gefeuert, da uns das Geräusch der in die Bäume einschlagenden Kugeln noch nicht vertraut war und wir es für außergewöhnlich hielten. Ich gab mehrere gezielte Schüsse ab, welche aber augenscheinlich nicht trafen. Die Art, wie sich die Yankees zwischen den Bäumen bewegten, verriet mir, dass sie wussten, was sie taten und dass wir es hier mit erfahrenen Burschen zu tun hatten. Ich machte Toups auf diesen Umstand aufmerksam und merkte an, dass mich ihre Bewegungen an wilde Truthähne erinnerten. Ich glaube nicht, dass wir einen von ihnen getötet oder auch nur verwundet hatten und auch wir selbst hatten keine Verluste zu beklagen, obgleich einige Kugeln beunruhigend nahe an uns vorübergepfiffen waren.

      Auf dem Rückweg zum Lager unterhielten wir uns und ich musste eingestehen, dass sich meine Ansichten bezüglich der Yankees gewandelt hatten. Ich sagte: "Jungs, wenn wir uns nach dieser Aktion eben weiterhin vormachen, die Yankees wären verweichlichte Großstadtbübchen und lausige Schützen, so wird uns das früher oder später übel bekommen. Ich wage zu behaupten, in dieser Angelegenheit mit einiger Autorität sprechen zu können, denn ich bin seit meiner frühen Kindheit ein überaus geübter Angler und Jäger. Sowohl der weiße als auch der rote Mann haben mich das Überleben in der Wildnis gelehrt und die Art und Weise, wie sich diese Yankees zwischen den Bäumen umher bewegten, zeugt davon, dass auch sie geübte Naturburschen sind. Sie durchstreiften das Gehölz mit der Gewandtheit wilder Truthähne und ich befürchte, wenn jeder von uns im Laufe des Krieges auch nur einen von ihnen erwischt, so können wir uns das schon hoch anrechnen. Ich wüsste zu gerne, woher diese Yankees stammen und ob wir es mit vielen ihres Schlages zu tun haben. Jungs, wenn euch diesbezüglich etwas zu Ohren kommt, lasst es mich bitte wissen." Diese mysteriösen Yankees schienen das Interesse unserer Jungs geweckt zu haben, denn bereits wenige Tage später informierte mich einer meiner Kameraden, dass es sich um "Jäger und Fallensteller aus dem Westen" handele. Ich entgegnete mit einiger Erleichterung: "Gott sei Dank! Wir haben es zwar mit einer Übermacht zu tun, aber sie werden nur wenige dieser zähen Burschen in ihren Reihen haben."

      Toups war ein alter Bekannter (und womöglich gar ein entfernter Verwandter) von Captain Bryan und hatte sich in der Messe des Captains einquartiert. Unser Captain war ein Musterbeispiel eines edlen Menschen: Er war ausgesprochen tapfer, gerecht, gütig, hatte ein offenes Ohr für die Gedanken und Sorgen seiner Soldaten und behandelte einen jeden Mann so, wie dieser es verdiente. Fand er in seiner Kompanie eine Gruppe von Männern, in denen er eben jene Qualitäten erkannte, so rief er gerne deren Namen aus und verkündete, dass er mit einem Regiment derartiger Burschen auf dem Schlachtfelde alles vollbringen könnte, was einem Menschen nur möglich sei. Er bevorzugte unter seinen Soldaten die wilden, waghalsigen Kerle, die im Feldlager nichts als Unruhe stifteten und die man selbst in der Arrestzelle noch im Auge behalten musste. Bryan zählte auch mich zu dieser Sorte und war überzeugt, dass wir im Gefecht stets die Nähe des Feindes suchen würden, anstatt die Köpfe einzuziehen. Wir waren kaum von der peinlichen Angelegenheit am Damm in unser Lager zurückgekehrt, als einer der Jungs zu mir sagte: "Bill, ich habe gehört, wie Toups zum Captain gesagt hat, er hätte ihn bisher stets für einen ausgemachten Menschenkenner gehalten, der einen guten Soldaten auf den ersten Blick zu erkennen vermochte, aber nun sei er sich da nicht mehr so sicher und er glaube, bald würde auch Bryan selbst diesbezüglich an sich zu zweifeln beginnen."

      Da wir in einiger Entfernung zur Front lagerten, bekamen wir nur wenig von den dortigen Vorgängen mit. Wir verbrachten unsere Zeit mit Drillübungen und den üblichen Lagerarbeiten. Unsere Rationen waren üppig, aber Gemüse war ausgesprochen rar, mit Ausnahme des wildwachsenden sogenannten "Indianerknoblauchs". Dieser wuchs in Hülle und Fülle und seine Zwiebeln waren die dicksten, die ich jemals gesehen habe. Bereits eine herzhafte Mahlzeit aus gekochtem Speck und Indianerknoblauch reichte aus, um den Appetit eines Mannes auf Gemüse für einige Zeit zu stillen.

      Nach einiger Zeit begannen Magruders Truppen sich in Bewegung zu setzen, aber wir einfachen Soldaten wurden über den Grund natürlich nicht in Kenntnis gesetzt. Es dauerte nicht lange, ehe wir unser erstes größeres Gefecht mit dem Feind hatten. Beide Seiten erhielten ein lebhaftes Musketenfeuer aufrecht, richteten aber nur geringen Schaden an. Die Yankees beschossen die Wälder mit den großen Mörsern ihrer Kanonenboote; die Granaten waren riesig und machten beängstigende Geräusche, wenn sie über uns hinwegsausten und hinter uns explodierten. In einer der Kompanien der 1st Texas Infantry dienten einige Indianer und diese beschwerten sich angeblich, dass sie mit dieser Art der Kriegsführung nicht einverstanden seien, da sie jene Soldaten, welche die schweren Geschütze abfeuerten, mit ihren Gewehren nicht erreichen konnten und es somit kein ehrenhafter Kampf sei. Dies schien das Ende ihrer Zeit als Soldaten zu bedeuten, denn soweit ich weiß, wurden sie zurück nach Texas geschickt.

      Ich hatte gemeinsam mit einigen anderen Jungs zu dieser Zeit ein recht amüsantes Erlebnis, das zudem ein glückliches Ende nahm: Wir litten unter jenem Gebrechen, das damals als "Lagerdiarrhoe" bezeichnet wurde und es ließ sich einfach kein wirksames Heilmittelchen für uns finden. Als wir also ins Gefecht zogen, war ich in größter Sorge, dass sich ein überaus peinliches Missgeschick ereignen könnte. Dieser Gedanke bereitete mir größere Sorgen als das Gefecht selbst und umso erstaunter war ich, dass die Aufregung und sonstigen Emotionen des Kampfes