Название | Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde |
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Автор произведения | Группа авторов |
Жанр | Медицина |
Серия | |
Издательство | Медицина |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783844218237 |
Prognose: Ohne Operation werden eine oder mehrere der obengenannten z.T. lebensgefährlichen otogenen Komplikationen auftreten. Nach einer Operation besteht eine gute Prognose, das Hörvermögen kann in den meisten Fällen verbessert werden.
Abb. 3-12. Die wichtigsten Tympanoplastiktypen (vgl. Kasten) [a, b, e mod. nach Becker et al. (1989) HNO-Heilkunde, 4. Aufl., Thieme, Stuttgart; c, d nach Boenninghaus (1993) HNO-Heilkunde für Medizinstudenten, 9. Aufl., Springer, Heidelberg]
Beim Diabetiker sind besonders schwere Verlaufsformen mit gehäuft auftretenden Komplikationen sowie ein gestörter postoperativer Heilungsverlauf möglich.
3.2.3.3 Kongenitales Cholesteatom des Felsenbeins
Definition: Das sehr seltene kongenitale Cholesteatom entsteht aus ektodermalem, durch embryonale Keimversprengung in die Felsen-beinspitze gelangten Epithel. Das Trommelfell bleibt intakt, dadurch handelt es sich um ein okkultes Cholesteatom.
Ätiologie und Pathogenese: Das ektopische Plattenepithel verhält sich genau so wie beim erworbenen Cholesteatom des Mittelohrs und führt zu denselben z.T. lebensbedrohlichen Komplikationsmöglichkeiten.
Klinik: Keine Ohrsekretion, ansonsten wie beim erworbenen Cholesteatom. Aufgrund des intakten Trommelfells bei gleichzeitiger Lokalisation in der Felsenbeinspitze wird das kongenitale Cholesteatom nicht selten erst spät bei beginnender intrakranieller Komplikation erkannt. Bei Durchbruch des Cholesteatoms durch die Felsenbeinspitze kann bevorzugt ein Gradenigo-Syndrom (Abschn. 3.3.5) entstehen.
Diagnostik: intaktes Trommelfell, kein Trommelfelldefekt, ansonsten wie beim erworbenen Cholesteatom.
Therapie: wie beim erworbenen Cholesteatom.
3.2.4 Tympanosklerose, Tympanofibrose und Cholesteringranulom
Diese Krankheitsbilder sind Sonderformen der chronischen Mittelohrentzündung:
Tympanosklerose: Bildung von sklerotischen Plaques im Trommelfell und an den Gehörknöchelchen,
Tympanofibrisoe: fibrotische Organisation der chronischen Entzündung,
Cholesteringranulom: Ausfällung von Cholesterinkristallen;
Mischformen sind häufig.
Pathogenese: Sowohl bei chronischer Tubeninsuffizienz als auch bei chronischer Otitis media meso- oder epitympanalis kann eine Metaplasie der Mittelohrschleimhaut induziert werden, die durch eine Umwandlung des Mukoperiosts des Mittelohrs in eine aktive respiratorische Mukosa gekennzeichnet ist. Sie produziert Schleim, Entzündungsmediatoren, Proteasen und Antikörper. Die Produkte können narbig fibrosieren (Tympanofibrose) und sklerosieren (Tympanosklerose) oder zur Ausfällung von Cholesterin in Schleimhautzysten führen (Cholesteringranulome). Die Folge ist eine teilweise oder vollständige Versteifung der Gehörknöchelchenkette und des Trommelfells. Daneben ist eine Lockerung der Gelenke zwischen den Ossikeln mit gelegentlich narbiger Ankopplung möglich, wodurch die Schallenergie innerhalb der Kette verbraucht wird.
Klinik: monate- oder jahrelange Schwerhörigkeit.
Diagnostik: Schalleitungsschwerhörigkeit. Bei gleichzeitig bestehender chronischer Otitis media Trommelfelldefekt. Bei Tympanosklerose graue, harte sklerotische Plaques im Trommelfell; bei Cholesteringranulom bläulich durch das Trommelfell hindurchscheinende Verfärbung, z.T. vorgewölbt.
Therapie: Möglichst Tympanoplastik (s.u. Kasten); falls nicht möglich, bei beidseitiger Schwerhörigkeit Hörgerät (s. Kasten VI) oder Knochenleitungsimplantat (s. Kasten VII).
Kasten IV:
Hörverbesserung bei chronischer Mittelohrentzündung
Tympanoplastik. Das Prinzip der Tympanoplastik ist die Wiederherstellung des Hörvermögens nach Entfernung der Entzündung. Dabei sollen die Pauke vollständig belüftet, das Trommelfell verschlossen und eine funktionsfähige Gehörknöchelchenkette (intakt oder rekonstruiert) hergestellt werden. Tympanoplastiken werden mikrochirurgisch durchgeführt. Ohrchirurgen waren die Erfinder der Mikrochirurgie.
Die 4 wichtigsten Tympanoplastiktypen nach Wullstein:
Tympanoplastik Typ I: Rekonstruktion des Trommelfells (Myringoplastik) durch Transplantation von Faszie, Perichondrium oder Knorpel (Abb. 3-12a).
Tympanoplastik Typ II: Natürliche oder nahezu natürliche Rekonstruktion der Gehörknöchelchenkette, z.B. durch Knorpeltransplantation.
Tympanoplastik Typ III: Wiederherstellung der Schallübertragung durch eine verkürzte Verbindung zwischen Trommelfell und Steigbügel. Beispiel in Abb. 3-10c bei fehlendem Amboß: Transplantation eines allogenen Spenderamboßkörpers oder Implantation künstlicher Gehörknöchelchen (z.B. aus biokompatibler Keramik oder aus Titan) zwischen Steigbügel und Hammer (sog. Steigbügelüberhöhung). Bei fehlendem Hammer und Amboß Auflegen des Trommelfells auf den Steigbügel (klassischer Typ III in Abb. 3-12b) oder Steigbügelüberhöhung wie in Abb. 3-12c. Bei fehlenden Steigbügelschenkeln Transplantation eines Amboßteils oder einer Keramik oder Titan zwischen Steigbügelfußplatte und Hammer; bei Fehlen des Hammers Trommelfell. Man spricht von einer Kolumella (Abb. 3-12d).
Tympanoplastik Typ IV: Bei Zerstörung aller Gehörknöchelchen wird das Trommelfell so mit dem Knochen zwischen dem ovalem und runden Fenster verklebt, daß die Schallwellen nicht mehr zum runden Fenster gelangen können (Abb. 3-12e). Dadurch wird eine Schallprotektion des runden Fensters erreicht. Der Schall tritt durch das freiliegende ovale Fenster in das Innenohr ein, wobei aufgrund der Schallprotektion des runden Fensters das runde Fenster ausweichen kann. Die physiologische Schallübertragung (Impedanzanpassung) durch die Gehörknöchelchen auf das ovale Fenster fehlt jedoch. Es bleibt ein Hörverlust von ca. 25 dB Schalleitungskomponente.
Hörgerät. Bei unzureichendem Hörerfolg (in ca. 20% nach operativ sanierter Entzündung) kann ein Hörgerät verordnet werden. Einzelheiten sind in Kasten VI in Abschn. 4.1.1.3 dargestellt.
Elektronisches Hörimplantat. Statt eines Hörgerätes können ein Knochenleitungsimplantat oder ein implantierbares Hörgerät implantiert werden.
3.3 Otogene Komplikationen
U. Koch
3.3.1 Otogenes epidurales Empyem
Definition: Abszeßbildung zwischen Felsenbein und Dura.
Ätiologie und Pathogenese: Extradurale Empyeme entstehen durch unmittelbar angrenzende Ostitits u.a. als Folge akuter Otitis media, Mastoiditis oder ausgedehnter Cholesteatome.
Klinik: Ausgedehnte Empyeme ähneln in ihrer Symptomatik dem Erscheinungsbild der Hirnabszesse (s. Abschn. 3.3.4). Meist handelt es sich jedoch um intraoperative Zufallsbefunde ohne vorangegangene charakteristische klinische Zeichen, die über den Primärbefund (Mastoiditis, Cholesteatom) - der zur Operationsindikation führte - hinausgehen (s. Abschn. 3.3.4).
Diagnostik: Bei entsprechendem Verdacht hochauflösendes CT des Felsenbeins, da eine Röntgenaufnahme nach Stenvers nicht ausreicht.
Differentialdiagnose: Epidurale Empyeme in unmittelbarer Nachbarschaft des Temporallappens oder der Kleinhirnhemisphäre können mit Hirnabszessen verwechselt werden.
Therapie: Mastoidektomie (s. Abb. 3-7) mit Freilegen der Dura im Bereich der hinteren oder mittleren Schädelgrube, Drainage, intravenöse Antibiotikatherapie
3.3.2 Otogene Meningitis
Definition: bakterielle Entzündung der Leptomeningen.
Ätiologie und Pathogenese: von den Mittelohrräumen oder dem Labyrinth fortgeleitete bakterielle Infektion.
Mögliche Ausbreitung der Entzündung über:
präformierte Wege (z.B. angeborene Knochendestruktionen, Diploevenen),
Ductus endolymphaticus vom Labyrinth