Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Группа авторов

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Название Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde
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Жанр Медицина
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Издательство Медицина
Год выпуска 0
isbn 9783844218237



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als 80% der Fälle aus. Ohne Operation schubweiser Verlauf der chronischen Mittelohrentzündung mit Exazerbationen im Abstand von Wochen, Monaten oder Jahre (z.B. Badewasser oder tubugene Infektionen), progrediente Schalleitungsschwerhörigkeit. Lebensbedrohliche Komplikationen sind nicht zu erwarten.

      (Synonym: chronische Otitis media epitympanalis)

      Definition: Das Cholesteatom bedeutet eine. chronische osteoklastische Knochenzerstörung als Folge von ortsfremdem, verhornendem Plattenepithel in den physiologischerweise nur mit Schleimhaut ausgekleideten Mittelohrräumen mit bedrohlichen Komplikationsmöglichkeiten.

      Es besteht

      – fast immer ein randständiger epitympanaler Trommelfelldefekt in der Pars flaccida (daher spricht man von der chronischen Otitis media epitympanalis oder vom Flaccida-Cholesteatom),

      – sehr selten ein randständiger Trommelfelldefekt in der Pars tensa (Tensa-Cholesteatom).

      Ätiologie und Pathogenese: Ein Cholesteatom entsteht als Folge des Einwachsens von verhornendem Plattenepithel in das normalerweise mit Schleimhaut ausgekleidete Mittelohr und Mastoid.

      Papilläres Tiefenwachstum von verhornendem Plattenepithel des Trommelfells (sehr selten). Ein primäres Cholesteatom kann lange Zeit hinter einem klinisch intakten Trommelfell ohne sichtbare Trommelfellperforation wachsen. Es ist daher anfänglich ein okkultes Cholesteatom bei intaktem Trommelfell.

      Wie bei der chronischen Otitis media meso- tympanalis (chronische Schleimhauteiterung) findet man bei Kranken mit einem Cholesteatom meist eine Pneumatisationshemmung des Mastoids (röntgenologisch, Schüller-Aufnahme). Sie läßt, wie bereits bei der chronischen Schleimhauteiterung erwähnt, auf eine konstitutionelle Schleimhautminderwertigkeit schließen, als deren Folge nun keine zentrale, sondern eine randständige Trommelfellperforation (zumeist der Pars flaccida, selten der Pars tensa) (Abb. 3-8 c,d) auftritt, die an das verhornende Plattenepithel des Gehörgans grenzt. In der Folge kann verhornendes Plattenepithel in Mittelohr und Mastoid einwachsen.

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      Abb. 3-8 a–d. Typische Trommelfelldefekte. a, b Zentraler Defekt, nicht randständig: chronische Otitis mesotympanalis. c, d Randständiger Defekt, wie hier gezeigt zumeist epitympanal gelegen: chronische Otitis media epitympanalis, hochgradiger Cholesteatomverdacht [a, c aus Boenninghaus (1993) HNO-Heilkunde für Medizinstudenten, 9. Aufl., Springer, Heidelberg]

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      Abb. 3-9 a–c. Entstehung des sekundären Choiesteatoms bei chronischem Mittelohrunterdruck. a Retraktion der Pars flaccida des Trommelfells in das Epitympanon, wodurch Plattenepithel in das Epitympanon gerät. b Tiefenwachstum des Stratum corneum der Pars flaccida, Absonderung von osteoplastischen Enzymen mit beginnender Knochendestruktion. c Abgabe von Schuppen- und Hornlamellen in den vom Epithel gebildeten Hohlraum mit anschließender Superinfektion, weiterer Knochendestruktion und Übergreifen der Infektion auf den Knochen: Vollbild des Cholesteatoms mit Cholesteatomsack.

      1. Invaginierte Pars flaccida

      2. Hammerband

      3. Epitympanon

      4. Hammer

      Weitere Vorstellungen zur Entstehung sind:

       Bei chronischer Tubenventilationsstörung mit chronischem Unterdruck (s. Abb. 3-9) neigt die Pars flaccida zur Retraktion ins Epitympanon (Kuppelraum), wodurch Plattenepithel in den Kuppelraum des Mittelohrs gerät.

       Traumatische Verlagerung von verhornendem Plattenepithel.

      Bei primärem und sekundärem Cholesteatom breitet sich das Plattenepithel im Hohlraum von Mittelohr und Mastoid aus und bildet dadurch eine Sack mit glatter oder sich fingerförmig ausbreitender Oberfläche. In das Innere des Sackes sondert das verhornende Plattenepithel seine Hornschuppen ab. Nach außen gibt es osteoklastische Enzyme ab. die den dem Cholesteatom anliegenden Knochen zerstören. Fast immer kommt es zusätzlich zu einer Superinfektion mit Problemkeimen (Pseudomonas, Proteus, Pyocyaneus, E. coli), so daß der knochenzerstörende Prozeß eitert. Man spricht daher auch von einer chronischen Knocheneiterung.

      Klinik: monate- bis jahrelange Schwerhörigkeit, bei den meisten Patienten rezidivierende schleimig-eitrige Sekretion mit sehr unangenehmem Fötor. Alarmsignal für eine akute Komplikation. Zusätzliches akutes Auftreten eines oder mehrerer der Symptome Schwindel, Erbrechen, Fazialisparese, Ertaubung, Fieber, Schüttelfrost oder Benommenheit.

      Diagnostik: randständige Perforation (Ausnahme: okkultes Cholesteatom, Abb. 3-10), fast immer epitympanal (Pars flaccida, s. Abb. 3-8a), sehr selten in der Pars tensa. Häufig, aber nicht immer, lassen sich durch die Perforation die Schuppen des Cholesteatoms erkennen.

      In einem Teil der Fälle wird der Blick auf die Schuppen durch eine Kruste oder einen Schleimhautpolypen verdeckt. Fast immer bestehen Schalleitungsschwerhörigkeit und in der Regel rezidivierende eitrige Otorrhö mit z.T. monatelangen beschwerdefreien Intervallen. Röntgen (Schüller): Pneumatisationshemmung, z.T. sichtbarer Knochendefekt mit Cholesteatomhöhle.

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      Abb. 3-10. Primäres Cholesteatom hinter intaktem Trommelfell (okkultes Cholesteatom)

      Komplikationen: Schwerwiegende, z.T. lebensbedrohliche Komplikationen können auftreten (Abb. 3-11), z.B.

       Zerstörung von Gehörknöchelchen mit Schalleitungsschwerhörigkeit,

       Zerstörung des Innenohrknochens mit Einbruch in Cochlea und/oder Vestibular-apparat; Folgen: Labyrinthfistel, Labyrinthitis (s. Abschn. 4.4.2);

       Zerstörung des knöchernen Fazialiskanals; mögliche Folge: periphere Fazialisparese (s. Abschn. 6.1.2.7);

       Zerstörung der knöchernen Schädelbasis zur mittleren oder hinteren Schädelgrube; mögliche Folgen: otogene Sinusthrombose, epidurales Empyem, otogene Meningitis, otogener Himabszeß, Hydrozephalus oder Sepsis (s. Abschn. 3.3).

      Die otogenen Komplikationen werden in Abschn. 3.3 ausführlich beschrieben.

      Therapie: Eine operative Entfernung des Cholesteatoms ist absolut indiziert. Bei einer Komplikation erfolgt sie als Sofortoperation. Die Operation besteht aus 2 Hauptteilen:

      1. radikale operative Entfernung von Cholesteatom und entzündetem Knochen aus Mittelohr und Mastoid,

      2. Tympanoplastik: In vielen Fällen erfolgt zur Wiederherstellung des Hörvermögens eine Tympanoplastik mit Wiederherstellung von Trommelfell und Gehörknöchelchenkette. Es gibt verschiedene Typen von Tympanoplastiken (Abb. 3-12a–e), die im Kasten IV dargestellt werden.

      Zusätzlich erfolgt die perioperative Verabreichung liquorgängiger Antibiotika sowie die Behandlung einer gestörten Tubenfunktion (Abschn. 3.1). Falls die Operation nicht zu einer Hörverbesserung führt, bei beidseitiger Schwerhörigkeit Hörgerät (s. Kasten VI) oder elektronisches Hörimplantat (s. Kasten VII).

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      Abb. 3-11. Typische Komplikationen des Cholesteatoms durch Knochendestruktion:

      1 Zerstörung der Gehörknöchelchen, Schalleitungsschwerhörigkeit;

      2 Zerstörung des knöchernen Fazialiskanals, Fazialisparese;

      3 Einbruch in das Labyrinth, Labyrinthitis;

      4 Einbruch in den Sinus sigmoideus, Sinusthrombose und Thrombophlebitis;

      5 Einbruch in die mittlere Schädelgrube, Meningitis;

      6 Einbruch