Название | Sonnenwarm und Regensanft - Band 3 |
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Автор произведения | Agnes M. Holdborg |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783847605805 |
»Hey, meine Süße, was sinnierst du denn so vor dich hin? Komm lieber noch ein bisschen zu mir, wenn du Lust hast. Schließlich hab dich seit geschlagenen vier Stunden nicht mehr gesehen.«
»War ja klar, dass du es dir nicht nehmen lässt, in meinem Kopf rumzuspuken. Aber ich hätte wirklich noch Lust auf einen Besuch bei einem verrückten Halbelfen.«
Anna grinste schelmisch in sich hinein.
»Ich frage mal Jens, Silvi und Lena, ob sie auch mitkommen möchten. Jens würde sich bestimmt freuen, Ketu wiederzusehen. Und Lena hat frei. Es ist ja Montag. Ein wenig Abwechslung täte ihr gut.«
»Du kannst manchmal ganz schön gemein sein!«, meckerte Viktor in ihren Kopf hinein.
Anna war klar, dass er sie viel lieber ganz für sich allein bei sich hätte, und musste deswegen ein klein wenig schmunzeln.
»Tja, Viktor Müller, das Leben ist nun mal kein Ponyhof!«
»Ponyhof? Wie soll ich das denn bitte verstehen?«
»Das ist nur so eine Redewendung, Viktor. Bis gleich.«
»Okay, bis gleich. Freu mich trotzdem.«
Anna lächelte immer noch, als sie aufstand und in den runden Spiegel an der Zimmerwand blickte. Früher hatte ihr Spiegelbild sie regelmäßig verunsichert und aus dem Tritt gebracht. Doch jetzt war sie durchaus zufrieden damit, trotz ihrer Brille.
Zwar war das neue Gestell mit seinem kupferfarbenen, fast rechteckigen Metallrahmen und breiten Bügeln erheblich auffälliger als das vorherige Modell, dafür brachte es ihre hellblauen Augen mehr zur Geltung. Das tröstete Anna darüber hinweg, so ein Ding tragen zu müssen. Und Viktor liebte sie ja sowieso mit Brille. Immer schon hatte er das Teil an ihr gemocht, was sie so gar nicht verstehen konnte.
Anna schaute an sich hinunter. Mit ihrem Garde-Mini-Maß von sage und schreibe eins-dreiundfünfzig gab sie gegenüber den meisten Elfen einen richtigen Winzling ab. Selbst die meisten Elfenfrauen waren erheblich größer als sie. Nur Loana und die nordische Elfe Denara bildeten da eine Ausnahme, soweit Anna bekannt war.
Sie zuckte mit den Achseln. Sie war eben die Kleinste in ihrer Familie und auch unter den Elfen und Halbelfen. Was soll’s.
Die Aufregung der letzten Monate und auch der Antritt in der neuen Schule hatten ihr Gewicht auf achtundvierzig Kilo schmelzen lassen, was ihr durchaus gefiel. Viktor und ganz besonders Vitus sahen das allerdings völlig anders. Ständig versuchten sie, Anna zum Essen zu animieren.
Aus irgendeinem Grunde schien die Nahrungsaufnahme für Elfen immens wichtig zu sein. Nie zuvor hatte Anna jemanden so viel und regelmäßig essen sehen wie Viktor und die Elfen, insbesondere Vitus und dessen Wachen. Nur Loana bildete da wieder einmal eine Ausnahme.
Mit einem milden Lächeln wandte sie sich vom Spiegel ab. Ja, sie war mit sich, der Menschen- und Elfenwelt und ihrer Liebe zu Viktor wirklich glücklich und zufrieden.
***
Etwa eine halbe Stunde später spazierten Anna, Lena, Jens und seine Freundin Silvi gemütlich durch den Wald.
Früher hatte Viktor seine Anna stets zu sich nach Hause abgeholt, meistens durch den Wald und nicht, ohne eine kleine Schmusepause auf ihrer Lichtung zu zelebrieren. Und weil Viktor ein »nostalgischer« Halbelfe war, bestand er auch jetzt noch oft darauf, sie zu begleiten.
Da Anna aber seit einiger Zeit die Schlüssel besaß, um selbstständig in die Elfenwelt oder, wie in diesem Fall, durch einen Eingang in die Vorwelt und dann durch einen weiteren Eingang direkt zum fünfzig Kilometer entfernten, in der Menschenwelt gelegenen Haus der Zwillinge zu gelangen, waren sie heute ohne Viktor unterwegs.
Vitus hatte die magischen Worte regelrecht in Annas Kopf eingepflanzt. Inzwischen war sie geübt darin, die Zeichen zu erkennen und an der richtigen Stelle die passenden Formeln zu murmeln. Daher schwatzte sie munter mit den dreien, währenddessen sich auf ihr Geheiß der erste unsichtbare Eingang öffnete und, nachdem sie hindurchgegangen waren, wieder schloss, um alle hinter sich zu verbergen.
***
Dabei war sie so ins Gespräch vertieft, dass ihr entging, wie sie aus einiger Entfernung aufmerksam beobachtet wurde.
***
Da! Da war es wieder! Dieses kurze Blitzen! Wo war sie geblieben? Seltsam!
Er hatte es jetzt schon mehrmals gesehen und konnte es einfach nicht begreifen.
Eigentlich hatte er ihr damals gar nicht hinterherspionieren wollen. Schließlich war er kein Voyeur, der einem Pärchen beim Knutschen im Wald zuschauen wollte. Er hatte es trotzdem getan. Dabei war ihm halt aufgefallen, dass sie entweder von ihrem Freund mit dem Auto abgeholt wurde oder aber einfach im Wald verschwand – ob alleine oder gemeinsam mit ihm oder wie heute sogar mit anderen zusammen. Jedenfalls verschwand sie oft auf diese mysteriöse Art und Weise, meist für recht lange Zeit – und das im Januar, bei den derzeit herrschenden Minustemperaturen!
Seit dieser Entdeckung war er bereits einige Male hergekommen, um nachzuschauen, wer, wie oft und wie lange in den Wald ging. Er nahm sich vor, dies von nun an sogar noch regelmäßiger zu tun.
Umständlich kramte er aus seiner Jackentasche einen kleinen Block mit Stift hervor, um sich eifrig Notizen zu machen. Nachdem er das Notizbuch wieder eingesteckt hatte, folgte er dem verschlungenen schmalen Waldweg, fand jedoch – wie auch schon die letzten Male – nichts. Da waren einfach nur ein Weg und ein Wald. Sonst nichts!
Eine Zigarette wäre jetzt nicht schlecht, dachte er grimmig. Dann hätte er wenigstens was zum Zeitvertreib. Verflixt! Blöde Gesundheit! Aber er hatte bereits über drei Monate lang durchgehalten. Also würde er auch weiterhin beim Nichtrauchen bleiben.
Er wartete noch eine Stunde, verharrte Füße stampfend und Hände reibend in der eisigen Kälte. Als sich weiterhin nichts tat, machte er kehrt und verließ nachdenklich den Wald.
***
Nachdem Anna mit den dreien gemeinsam den zweiten Eingang passiert hatte, befand sie sich wieder in der Welt der Menschen. Nur wenige Schritte vom Wald entfernt konnten sie bereits hinter ein paar dichten Büschen das zweigeschossige Reetdachhaus mit den roten Klinkersteinen und weißen Sprossenfenstern erspähen. Davor den hellen Kiesweg, der zum Hauseingang führte, rechts und links flankiert