Eva Löckchens wundersame Reise. Peter H. Krammer

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Название Eva Löckchens wundersame Reise
Автор произведения Peter H. Krammer
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783844263916



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dem dunklen Wald trafen sie dann bald auf eine seltsame Eule. Die Eule schielte sie aus ihren grauen Augen an und krächzte geheimnisvoll:

      "Jenseits des Drachenbaums liegt das gefährliche Land der Schatten und der Glasmenschen. Verzaubert ist das Land, verzaubert; kehrt um, kehrt um, kehrt um, ehe es zu spät ist...”

      Doch die drei Freunde schlugen die Warnung der Eule übermütig in den Wind, denn sie konnten es kaum erwarten, ein gefährliches Abenteuer zu erleben.

      Kapitel 3: Sinatan der Drache

      Eva presste ihre Beine fest an Maxes Hals:

      "Heua, Maxe", feuerte sie ihn an, "lauf, lauf, die Nacht kommt mit Riesenschritten, wir haben noch einen weiten Weg den Berg hinauf."

      Es war finster geworden, und sie waren schon viele Stunden marschiert, da rief Pivolino plötzlich:

      "Seht nur, zwei rote Lichter in der Ferne. Auf, in diese Richtung!"

      Auf einmal hörten sie ein dumpfes Grollen, und der Berg begann zu zittern. Felsbrocken kullerten den Hang hinunter, und Blätter und Äste wurden von einem heißen Wind geschüttelt. Der Wind blies Eva so heftig ins Gesicht, dass sich ihre blassen Backen rot färbten und Pivolino von ihm mitgerissen wurde. Er machte einen Überschlag in der Luft und rief:

      "Ich will wissen, was den Berg so zornig macht", und flog davon.

      "Deine Beine, Maxe, Vorsicht", rief Eva, doch da hatte Maxe schon ein spitzer Stein am Hinterbein erwischt.

      "Nehmt die Beine unter den Arm", schrie Pivolino, "zurück, zurück, die beiden Lichter, die Lichter..." stotterte er, "...gehören zwei glühenden Augen, wie Fenster so groß, ... der heiße Wind kommt aus einem Maul wie ein Scheunentor so breit; meine Federn habe ich mir verbrannt, als ich nahe an das Ungetüm heranflog. Den Kopf zurückgelegt funkelte es mich an und brüllte: 'Ich bin Sinatan der Drache, Sinaaataaan..., ich..., ich bewache den Glasschlüssel; wer ihn stiehlt, den fresse ich mit Haut und Haaren.' Dann schlug er mit seinem Schuppenschwanz nach mir, dass die Erde zitterte."

      Da bekamen es Eva und Maxe doch mit der Angst zu tun, und sie liefen, kugelten und rollten den Berg hinunter und verschnauften erst, als sie eine sichere Lichtung erreicht hatten.

      Da saßen sie nun betrübt beieinander, Pivolino pflegte seine angesengten Federn, und Maxe ließ sich von Eva den wunden Hinterfuß verbinden. Hier war guter Rat teuer. Vielleicht sollten sie umkehren und nach Taliland zurückreisen. Gegen Sinatan, den Drachen, waren sie sowieso machtlos. Eva hatte schon alle Hoffnung aufgegeben, da kam ihr ein Gedanke.

      "Pivolino", rief sie, "hast Du etwa beobachtet, ob Sinatan einen weißen Fleck hinter dem Ohr hat, einen kleinen, weißen Fleck?"

      Pivolino überlegte und brummte dann: "Ja", und dann noch einmal: "Ja, ja, den haben doch alle Drachen, oder?"

      "Ich hab' die Lösung, ich hab' die Lösung", rief Eva.

      "Glaub' ich nicht, so wahr ich Pivolino heiße, ehem", antwortete Pivolino und steckte den Kopf unter die Federn.

      "Doch, doch", rief Eva, "ich hab' die Lösung, ich hab' sie", und dann wisperte sie in Maxes Ohr:

      "Weißt Du, dass Drachen in tiefen Schlaf versinken, wenn man sie hinter dem Ohr berührt? Ja, so können wir Sinatan überlisten, wir müssen nur den weißen Fleck hinter seinem Ohr berühren."

      Pivolino starrte Eva fragend an, denn ihr Flüstern war ihm nicht entgangen.

      "Ehem", krächzte er, "wer soll denn, ehem, wer soll ihn, bitte schön, hinter dem Ohr kitzeln, ohne sich an seinem heißen Atem zu verbrennen?"

      Eva räusperte sich: "Wie wär's denn mit uns beiden, Du mutiger Vogel, das wäre genau die richtige Mutprobe für uns zwei."

      Pivolino verbarg ängstlich den Kopf unter seinem rechten Flügel und schielte zu Maxe.

      "Maxe, hilf Du mir doch, das müssen wir ihr ausreden, sagte er, doch Eva ließ sich nicht beirren:

      "Ich hab' einen Plan, der nicht schief gehen kann", lachte sie und war selbst gespannt, wie ihr Plan ausgehen würde.

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      Kapitel 4: Ein schrecklicher Kampf

      Warum war Eva nur plötzlich so freundlich zu Pivolino, rückte seine karierte Fliege gerade und streichelte seine weiße Feder?

      "Eigentlich könntest Du eine neue Frisur oder eine neue Feder passend zu Deiner Fliege gebrauchen", murmelte sie, und Pivolino wunderte sich sehr, denn seine weiße Feder war nämlich sehr, sehr kleidsam.

      Als die Nacht hereinbrach, sagte Eva zu Pivolino:

      "Pivolino, gib Maxe einen Abschiedskuss, wir sollten keine Zeit verlieren".

      Eva sah, dass Maxe eine dicke, salzige Pferdeträne das Gesicht herunterrollte.

      "Ich drücke Euch beide Daumen", rief er ihnen nach. Erst später ging ihr auf, dass Pferde ja eigentlich keine Daumen haben.

      Eva drückte ihr Gesicht fest an Pivolinos Hals und fasste die zwei roten Lichter in der Ferne fest ins Auge. Schnell kamen sie näher und näher. Da nahm Eva allen Mut zusammen und sagte:

      "Ich hab' Dich lieb, Pivolino, und möchte, dass Du immer mein Freund bleibst, auch wenn ich Deine Feder...”

      Der Wind verschluckte den Rest ihrer Worte, und sie schlang ihre Arme noch fester um Pivolinos Hals.

      "Pivolino, sieh doch", rief sie und zeigte auf zwei riesige glühende Augen, unter denen ein weit offenes Maul klaffte, aus dem ein fürchterliches Gebrüll erscholl:

      "Ich bin Sinatan, der Drache, Sinaaataaan, der Drache; wer es wagt, meine Ruhe zu stören, den fresse ich mit Haut und Haaren."

      "Mit Haut, Haaren und Federn, Du Dummkopf", rief Eva, "vergiss nicht Pivolinos Federn, Du Dummkopf; ja, Pivolino, flieg auf seine Augen zu!"

      Mit Schwung steuerte Pivolino zwischen Sinatans Augen und flog drei Kreise über seinem Kopf. Sinatan zischte sie an und brüllte vor Wut:

      "Ihr Würmer, ich werde Euch schon fangen".

      "Du Dummkopf, Du Dummkopf", rief Eva ihm entgegen, und wieder flogen sie genau zwischen Sinatans Augen und drei Kreise über seinem Kopf. Immer wenn Sinatan sie hinter sich schnappen wollte, rief Eva "Vorne, vorne, Du Dummkopf." Wenn er vorne zuschnappen wollte, flogen sie hinter ihn. Es dauerte nicht lange, da war Sinatan so durcheinander und schwindelig im Kopf, dass Eva und Pivolino es wagen konnten, noch näher an ihn heranzufliegen.

      "Jetzt, Pivolino, jetzt zeig' mir den weißen Fleck hinter seinem Ohr", rief Eva, "Pivolino lass uns keinen Augenblick länger warten; er fällt gleich in tiefen Schlaf, wenn wir ihn nur an dem weißen Fleck hinter seinem linken Ohr berühren; jetzt müssen wir es versuchen!"

      Pivolino flog schnurstracks auf Sinatans linkes Ohr zu, und Eva streckte den Arm aus, um seine schwache Stelle zu berühren.

      "Verpasst, wir versuchen es noch ein zweites Mal", rief sie, "solange er noch so durcheinander ist; diesmal ziele ich besser, Pivolino!"

      Nahe genug an Sinatans Ohr herangeflogen, schrie Eva aus Leibeskräften: "Jetzt!", rupfte Pivolinos Feder aus und berührte mit ihr Sinatans weißen Fleck.

      Da wurde es ganz still, im Nu fielen Sinatan beide Augen zu, er wälzte sich auf den Rücken und begann, laut zu schnarchen.

      "Hurrah, hurrah, Pivolino, wir haben es geschafft; er schläft sieben Tage lang und ist zahm wie ein Lamm", strahlte Eva, "hör' nur, wie er schnarcht, hör' nur, noch viel lauter als Maxe".

      Pivolino landete auf Sinatans Bauch, tanzte vor Freude von einem Bein auf das andere und sang aus voller Kehle: "Ich sitz' auf einem Drachen und muss so furchtbar lachen, ich sitz' auf einem Drach' und muss so furchtbar lach'... sag' mal Eva, wo ist meine Feder geblieben?"

      Eva schenkte ihm ihren schönsten