Название | Renaissance 2.0 |
---|---|
Автор произведения | Christian Jesch |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783754141526 |
"Und mich erschießen", ergänzte Tandra mit einem schrägen Grinsen.
"Mit Sicherheit nicht", widersprach Kaziir, der das Ganze ernster war, als alles andere auf dieser Welt. Sie hatte Tandra schon einmal allein gelassen. Das sollte nie wieder passieren. Dafür war ihre Liebe einfach zu groß und wundervoll.
Tandra atmete einmal tief durch und blickte ihrer Partnerin dankbar in die Augen. Sie konnte immer noch nicht fassen, wie viel Glück sie mit dieser Frau hatte. Selbst die Tatsache, dass sie sich mich Jikav eingelassen hatte, körperlich, wie auch seelisch, hatte die neue Suprimegeneralin ihr nicht übel genommen. Sie hatte die Zeitspanne einfach übergangen, als hätte sie nie stattgefunden. Möglicherweise wäre ihr das nicht so leicht gefallen, wenn der Junge immer noch in der Nähe gewesen wäre. Tandras Gedanken schweiften ab und sie fragte sie, wo er sich wohl derzeit aufhalten könnte. Auch, ob es ihm gut ginge, schoss ihr durch den Kopf. Doch nach einer kurzen Zeit verloren sich die Fragen nach ihrem Freund wieder. Ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus, während ihre Hand nach Kaziirs Kopf griff, diesen heranzog und sie ihr einen langen, intensiven Kuss gab.
Gemeinsam sammelten sie die auf dem Boden verstreuten Kleidungsstücke wieder ein und reichten diese einander. Kaziirs Blick fiel auf eine Uhr, die auf dem Schreibtisch in ihrem kleinen Appartement, welches sie als neue Leiterin der Renegaten bewohnte, stand. Erschrocken stellte sie fest, dass bereits fast einen Stunde vergangen war. Eiligst zog die Renegatenführerin sich an. In gut dreißig Minuten hatte sie eine Besprechung mit dem Führungskreis des Widerstandes. Außerdem wollte sie noch in die Zentrale der ProTeq, um sich über den Sturz der alten Regierung zu informieren. Als ehemaliger Teil des Berserkerprogramms und Ferus Centum der ProTeq konnte sie dies tun, ohne dabei Verdacht zu erregen. Trotzdem musste sie vorsichtig sein, da es bereits Jahre zurücklag, dass sie im aktiven Dienst der Sicherheitsfirma war. Zu der Zeit hatte diese noch nicht die Macht, wie heute und die Mitarbeiter waren einfacher zu manipulieren. Jetzt konnte man diese Menschen selber als Meister dieses Fachs bezeichnen. Sie zu überzeugen, Kaziir hätte nie aufgehört, ein Teil von der Maschinerie zu sein, würde einiges an Dreistigkeit verlangen.
"Ich muss mich beeilen, Liebling", sagte die Suprimegeneralin hastig. "In einer halben Stunde habe ich ein Treffen mit den Führern der Renegaten. Danach komme ich zu dir zurück. Versprochen. Ruh dich am besten einfach etwas aus."
"Mach dir keine Sorgen", erwiderte Tandra fröhlich. "Ich habe irgendwie das Gefühl, meine programmierten Persönlichkeiten werden sich nicht so schnell an die Oberfläche begeben. In Akeḿ sind sie auch nur dann aufgetreten, wenn ich sie gebraucht habe. Vielleicht ist alles nur halb so schlimm."
"Das ist schön, dass du so darüber denkst. Ich hoffe, du wirst recht behalten. Ich werde jedenfalls alles in meiner Macht Stehende unternehmen, damit es dir immer gut geht." Sie gab ihrer Lebensgefährtin einen langen Kuss und verschwand dann durch die Tür. Als Tandra allein war, horchte sie tief in sich hinein, auf der Suche nach Pumar, Tarula und Kaira. Irgendetwas glaubte sie zu spüren. Stimmen, die sich unterhielten und austauschten. Waren das ihre Persönlichkeiten? Sie lauschte intensiver. Und dann konnte sie plötzlich einige Worte verstehen.
Kapitel 10
Nachdem Shilané die scheinbar endlose Diskussion mit den Fraktionen endlich zu einem positiven Ende gebracht hatte, wendete sie sich mit einem neuen Thema an die Anwesenden. Eindringlich bat sie um die Hilfe in einer persönlichen Sache, die jedoch auch mit dem zuvor Besprochenem zu tun hatte.
"Ich gehe mal davon aus, dass ihr Arazeel nicht aus den Augen verloren habt. Richtig?"
"Offengestanden hatten wir das. Nachdem wir erfahren hatten, dass Leto den Jungen nach Çapitis zu jemand anderem gebracht hatte, versuchten wir dort seine Spur aufzunehmen, um dauerhaft im Bilde darüber zu sein, was sein Vater weiterhin vorhatte. Das Unterfangen stellte sich jedoch als schwieriger heraus, als wir dachten. Der Moloch dieser Stadt hatte ihn verschluckt und wir konnten ihn einfach nicht mehr ausfindig machen. Deswegen gaben wir nach mehreren Monaten auf und zogen uns zurück."
"Das soll heißen, ihr habt derzeit keine Ahnung, wo er sich befindet?", fragte Shilané enttäuscht.
"Das ist nicht richtig", korrigierte der Mann mittleren Alters. "Einer unserer Magus entdeckte ihn vor einigen Monaten in den Dædlænds, die er eindeutig planlos durchstreifte. Als er den Jungen ansprach, schien dieser nicht bei Verstand zu sein, weswegen der Magus ihn in Ruhe ließ und aus der Ferne begleitete und beobachtete. Er informierte uns über sein neuerliches auftauchen, weswegen wir von da an darauf bedacht waren, immer in seiner Nähe zu bleiben."
"Und was geschah dann?", erkundigte sich die junge Magus aufgeregt.
"Wir verloren ihn erneut. Das Letzte, was uns der Magus mitteilen konnte war, dass er den Jungen auf einem Verteilerbahnhof gesehen hatte. Vermutlich war er in einen der Züge gestiegen. Wir konnten nur nicht sagen, in welchen. Der Magus kehrte zurück und wir fingen an, Arazeel langsam zu vergessen. Bis unerwartet ein weiteres Mitglied unserer Gemeinschaft den Jungen in Nuhåven erkannte. Natürlich wusste sie, was das für uns bedeutete, weswegen sie sich von da an immer in seiner Nähe aufhielt, ohne ihn jemals zu kontaktieren. Doch dann brach der Bürgerkrieg in der Stadt aus und unsere Schwester kam dabei ums Leben. Bevor wir jemand neues schicken konnte, war Arazeel ein weiteres Mal verschwunden."
"Aber ihr habt ihn wiedergefunden?", fragte Shilané voller Hoffnung.
"Leider nicht. Nach der Zerstörung der Stadt war das Chaos so groß, dass es uns unmöglich war diese eine Person unter den Millionen anderen zu finden. Es tut mir leid, aber ich kann dir nicht sagen, wo dein Bruder ist."
"Wer könnte mir dabei helfen, ihn zu finden?"
"Schlecht zu sagen. Wir haben uns intensiv bemüht, seine Spur erneut aufzunehmen. Bislang jedoch erfolglos."
"Das heißt, ihr sucht immer noch nach ihm?"
"Das tun wir. Wir müssen immer noch Kontrolle über ihn haben, um zu wissen, was mit dem Land geschehen wird. Ich nehme an, du weißt mittlerweile ebenfalls, welche Verbindung er zu all den Ereignissen hat?", fragte der Mann bohrend nach.
"Ja, das weiß ich. Und deswegen muss ich ihn auch unbedingt finden. Er könnte sowohl Gutes wie auch Schlechtes für unser Land und Volk bringen. Ich muss zusehen, dass ich ihn in die richtige Richtung wenden kann. Auch, wenn ich glaube, dass es sehr schwer wird ihm zu vermitteln, wer ich bin. Ich habe keine Ahnung, wie er wohl auf eine Stiefschwester reagieren wird. Ob er mir überhaupt glaubt. Aber ich muss es versuchen. Deswegen muss ich einfach noch einmal fragen, wer mir dabei helfen könnte, ihn zu finden." Es entstand ein langes Schweigen, während dem sich die Anwesenden immer wieder anblickten, ihre Augen vom einen zum anderen wanderten, nur um sich dann schnell wieder zu lösen. "Was ist los?", erkundigte sich das junge Mädchen scharf. Sie hatte bemerkt, dass irgendetwas vor sich ging. Einige der Anwesenden schickten sich an, zu gehen. "Halt!", rief Shilané aus. "Es wird niemand gehen, bevor ich nicht weiß, was ihr mir verheimlicht." Abrupt blieben alle stehen und schauten auf den Mann mittleren Alters, der zuvor mit ihr gesprochen hatte. Der blickte traurig zurück und zuckte dann mit den Schultern.
"Du hast noch nicht alle Fraktionen kennengelernt", eröffnete er das Gespräch. "Es gibt da eine Gruppe von Frauen, die sich aufgrund von Unstimmigkeiten", einer der Anwesenden lachte leise auf, "abgetrennt haben. Sie haben ein besonderes Interesse an Arazeel. Frag mich nicht, wo drin dieses besteht", wehrte der Mann sofort ab, bevor Shilané eine Zwischenfrage stellen konnte. "Ich denke jedoch nicht, dass sie es gut mit ihm meinen."
"Du meinst, sie könnten ihn bereits umgebracht haben?"
"Ich kann es nicht sagen", erwiderte er verzweifelt. "Ich würde ja sagen, geh zu ihnen und frag sie, aber ich weiß noch nicht einmal wie sie reagieren werden, wenn du dort auftauchst und dich nach dem Jungen erkundigst. Niemand hat je herausbekommen,