Hein Bruns: In Bilgen, Bars und Betten. Hein Bruns

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Название Hein Bruns: In Bilgen, Bars und Betten
Автор произведения Hein Bruns
Жанр Языкознание
Серия maritime gelbe Buchreihe
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783753193236



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und stiefelig näherte sich ein Vopo der Straße und dem anrollenden und ausrollenden Lkw. Auch die Straße lag im hellen Licht und auch der Schlagbaum. Aus dem Fenster der Baracke quäkte Tanzmusik. Man sah den Unteroffizier am Schreibtisch sitzen. Der Schlagbaum, rotweiß geringelt, vergewaltigte die Straße. Schlagbäume haben es in sich und an sich, sie sind unsichtbare Mauern. Schlagbäume halten wohl keine Streitmacht auf, aber Schlagbäume halten einzelne auf und auch Leute ohne einwandfreie Papiere, ohne Pässe oder Ausweise. Das können Schlagbäume gut, solche Leute aufhalten. Schlagbäume haben die gleichen Gewohnheiten wie Schranken. Schlagbäume kann man zerschlagen, zersägen, verbrennen, wegfegen oder mit einem Lkw durchbrechen. Aber das können eben nur eine Masse Menschen, ein einzelner kann das nicht, er spielt mit seinem Leben. Und ein einzelner Lkw kann das auch nicht, Fahrer und Beifahrer spielen auch mit ihrem Leben. Und mit dem Leben soll man nicht spielen. So ist das nun mal mit Schlagbäumen! Aus dem Fenster des Lkws lehnte sich der Fahrer und ruft dem Vopo, dem Grenzsoldaten zu, dass er sich verfahren hätte und ob er hier wohl wenden könne. Verflucht noch mal, er wolle doch und müsse doch auch weiter, er habe verderbliche Ware auf dem Wagen und müsse morgen früh in Leipzig sein, bei der HO müsse er sein. Und ob er ihm nicht helfen könne, er und der Unteroffizier, den Hänger abzukoppeln, und dann könne er ja selbst mit dem Motorfahrzeug wenden. Der Unteroffizier lehnte aus dem Barackenfenster und lachte. Unteroffiziere lachen immer, wenn sie keine Untergebenen vor sich haben, das ist in allen Armeen der Welt so, nicht nur in der DDR... und Unteroffiziere sind auch Menschen. Aber arbeiten tun Unteroffiziere nicht gern, sonst wären sie keine Unteroffiziere geworden, das ist auch in allen Armeen der Welt so. Arbeiten tun sie nicht, auch in der DDR nicht, das war bei den alten Preußen schon so. Unteroffiziere aber wissen sich zu helfen, und dieser Vopounteroffizier wusste es auch und rief dem Posten zu: „Mach doch mal eben den Schlagbaum auf, da vorne ist doch Platz genug, da kommt gleich eine Wiese und da hat die Straße auch keine Bäume. Da kannste gut wenden. Kostet aber ‘ne Kleinigkeit. Was haste denn geladen, Genosse?“ „Frischgemüse und auch Schnaps. Kannst nachher ‘ne Flasche kriegen!“ „Na, denn fahr man los!“ Der Schlagbaum wies in den Nachthimmel. Schlagbäume sind gefügig, wenn ein Unteroffizier Order gibt. Schlagbäume sind keine Widerständler, wenn ein Unteroffizier Order gibt. Schlagbäume sind gute, treue Untergebene, aber ein Unteroffizier muss die Order geben. Nur verwunderte es den Posten, dass die Schlusslichter des Lkws nicht brannten. Muss ich ihm nachher sagen. Die Nacht war blütenduftig und still und dunkel. Zwei Lichtaugen näherten sich dem Wachhaus, zwei Lichtaugen, aus dem Osten brennend, in den Westen starrend. Ein Wartburg. Zwei Männer. Gestapogesichter. Staatssicherheitsdienst. „Ist hier eben ein Lkw durchgefahren?“ so fragte eine schneidende Stimme. „Ja, eben, der kommt gleich zurück, der wendet nur!“ „Quatsch, der wendet nicht... der wendet der DDR den Rücken... so, meine Herren, sieht das aus. Aber darüber sprechen wir gleich!“ Der Lkw ist noch einzuholen, der Schlagbaum stand noch auf, und der Wartburg preschte davon. Komisch, und auch dessen Schlusslichter brannten nicht. Es brannten überhaupt keine Schlusslichter mehr. Schluss mit Schlusslichtern. In der Sommernacht verwehte und verstäubte Motorengeräusch und Räderrollen. Für den Lkw mit zweiachsigem Hänger und für einen Wartburg mit Männern, die Gestapogesichter haben, führte die Straße aus dem Osten in den Westen. Und der Beifahrer konnte wieder sprechen, und unter seiner Mütze quollen lange, nachtschwarze Haare hervor, und ein Lachen warf sich in die Nacht, ein freies Lachen. Frei! Frei! So kam Mira Vignaud in den Westen.

      Kapitel 5

      Und Meilers Gedanken gingen zurück, liefen zu Mira, in ihren „Käfig“. Ihren freiwilligen „Käfig“. Als sie damals ins Zimmer trat, schön und schlank und selbstsicher, wurde er schon erregt. Meiler wurde stets erregt, wenn er sie sah und auch, so er an sie dachte. Aber ist das etwas Verwerfliches? Sie legte es doch wirklich nicht darauf an, ihn zu reizen, jedenfalls körperlich nicht. Sie trat auf, wie jede Frau heute auftritt, sich bewegt, sich gibt. Ihre Bewegungen unterschieden sich nicht von den Bewegungen anderer Frauen. Sie stand und ging und setzte sich wie andere Frauen auch. Aber warum war Meiler bei anderen Frauen nicht so erregt? Und als sie lachend und im Gespräch mit ihm in ihre langen schwarzen Haare griff, sie mit der Innenfläche ihrer Hand ordnete, oder ob es eine Verlegenheitsgeste oder eine Reflexbewegung war, stieg seine Erregung. Sie stieg vielleicht auch dadurch, dass er für Augenblicke die dunkle Haarfülle unter ihrem Arm sah. Meiler musste sich Zwang anlegen, um ihr nicht die Kleider vom Leibe zu reißen. Miras große dunkle Augen funkelten ihn an, so sie in einem Streitgespräch nicht gleicher Meinung waren, ihm aber kam es auf die Meinung, ob seiner oder Miras, gar nicht so drauf an, er wollte sie besitzen, ganz besitzen. Er wollte sie nackt sehen, er wollte sie weich sehen, er wollte ihre Hingebung sehen, er wollte sie schwach sehen. Verdammt noch mal, dann ist doch das Weib erst Weib, wenn es schwach ist, wenn es sich gibt und ergibt. Trottel sind doch die Männer, die nur ihre Lust befriedigen wollen, ihre Lust. Sie sind zu vergleichen mit Männern, die einen Handwagen ziehen, bergan, und genießen die Lust, dass sie es mit dem Handwagen geschafft haben. Die anderen aber, die fahren in einem Himmelswagen, der dahingleitet und ausgleitet wie ein Schlitten. Das ist der Unterschied. Wie oft war er bei ihr und sie bei ihm, nie ist es soweit gekommen, wie er es wollte oder sie. Ob sie in ihrem Zimmer des Schwesternhauses zu ihrem Schutz die Schwesterntracht trug, weißer Kittel und weißes Häubchen, das war schlecht zu sagen. Jedenfalls aber war es für Melchior Meiler ein Hindernis. Hielt ihn zurück, sie einfach hinzulegen oder umzulegen. Auch wohl eine verrückte und überholte und anerzogene Hemmung. Denn auch in einer Krankenschwesterntracht steckt das Weib, und auch im grauen oder schwarzen Umhang der Nonne steckt das Weib. Unter der weißen, grauen oder schwarzen Tracht oder Kutte lebt das Weib, schaukelt ein Busen, sitzt zwischen den Beinen die Scham mit ihren Haaren. Nein, Meiler kam Mira Vignaud einfach nicht näher, die Küsse, die sie wechselten, waren mehr freundschaftlich (so meinte er), obwohl sie es von seiner Seite eigentlich nicht waren. Gut, richtige Bruder-und-Schwester-Küsse. Heute aber, heute, am Tage oder in der Nacht, sollte es sein, das hatte er sich geschworen. Mira saß auf einem Cocktailsessel vor ihm, ihr enger Rock spannte sich fest um ihre Schenkel. Meiler sah ihre schönen ebenmäßigen Knie und auch viel von den SchenkeIn. Nur gut, dass er eine straff sitzende Unterhose trug, sonst könnte sie sehen, wie erregt er war, und das sollte sie nicht. Sich vorzustellen, dass ihre langen, weißen Hände sein Wollen umfassen und es streicheln, könnte es bald mit seiner Fassung vorbei sein. Und wenn er sich weiter vorstellt, dass er in sie eindringt, und sie ihre nackten Beine um seine Lenden schlägt… nein… nein, nicht mehr weiter denken. Meiler stand auf, trat an ihren Sessel und küsste sie, verlangend, fordernd. Kein Bruder-oder-Schwester-Kuss! Und Meiler fühlte eine Erwiderung. Eine Erwiderung, wie er sie in den Wochen ihrer Bekanntschaft noch nicht erlebt hatte. Ihre Zunge suchte auch die seine und wanderte auf seinen Lippen hin und her und zirkelte auch in seinem Mund. Sein Wollen presste sich gegen ihren Arm, hart und fest, sie musste ihn fühlen, und jetzt sollte sie ihn fühlen. Jetzt sollte sie wissen, wie es um ihn stand. Mira griff in Meilers Nackenhaare und drückte seinen Kopf fest zu sich und biss sich an seinen Lippen fest. Meiler hatte seine Hände frei, griff in ihren Blusenausschnitt und streichelte die linke Brust. Ihre starke, harte Brustwarze konnte er zwischen seinen Fingerkuppen fühlen Plötzlich ließ sie ihn los, ihre Arme hingen schlaff herab, die Augen waren geschlossen, und sie atmete schwer und tief. „Mel... ach, geliebter Mann.., du!“ Das konnte er verstehen. Nun war die Frucht reif. Vollreif. Die Frucht war jetzt bis zur Süße gereift. Die Frucht, die er von der Knospe und Blüte an sah und erlebte, blühen, und reifen sah. Von der Knospe zur Blüte, und von der Blüte zur Frucht, zur jungen und jetzt reifen Frucht. Und diese Frucht war für ihn, er brauchte sie nur zu pflücken, zögerte er noch, würde die Frucht überreif werden und abfallen, und das wollte er nicht. So trug er sie auf die Couch. Langgestreckt lag sie da, die Augen geschlossen. Das Tageslicht des Winters fiel durch die Blattgewächse des Zimmers. Wie Meeresrauschen der Straßenverkehr, gedämpft, dunkel. Mira bewegte sich nicht, als er ihr die Bluse auszog, den Büstenhalter abnahm. Sie bewegte sich nicht, nur ihre Augenlider flatterten ein wenig. Früchte, reife, vollreife. Nun beugte Meiler sich über ihre Brust und streichelte sie, fuhr mit sachten und leisen Händen darüber hin. Küsste den fieberheißen Mund, der nicht mehr küsste, sondern nur noch sog und seinen Speichel trank. Nie vorher hatte er eine Frau gekannt, und er konnte sich über Mangel an Frauenbekanntschaften nicht beklagen, die so küsste wie Mira Vignaud. Und wie eine Frau, so liebt sie auch, denn