Название | Die geheimnisvolle Insel |
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Автор произведения | Jules Verne |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783754180594 |
Hierauf ging er noch so weit zurück, daß seine Sehstrahlen, wenn er sich auf den Sand legte, genau die Spitze der Stange und den Kamm der Granitwand berührten. Diesen Punkt bezeichnete er sorgfältig durch einen eingetriebenen Pflock.
Dann wandte er sich an Harbert.
»Die Grundlehren der Geometrie sind Dir bekannt? fragte er.
– Ein wenig, Mr. Cyrus, antwortete Harbert, der sich nicht bloßstellen wollte.
– Du erinnerst Dich der Eigenschaften der sogenannten ähnlichen Dreiecke?
– Ja wohl, sagte Harbert, die entsprechenden Seiten derselben sind einander proportional.
– Nun sieh, mein Sohn, hier construire ich eben zwei ähnliche, rechtwinklige Dreiecke. Die Seiten des kleineren bilden die Höhe der senkrechten Stange und die Entfernung von dem Punkte, an welchem diese in der Erde steckt, bis zu jenem Pflocke. Seine Hypotenuse wird von meinem Sehstrahle dargestellt. Das zweite größere Dreieck hat als Seiten die lothrechte Felsenwand, um deren Höhe es sich eben handelt, und die Entfernung von ihrem Fuße bis wiederum zu jenem Pflocke hin, während meine Sehstrahlen auch dessen Hypotenuse bezeichnen, nämlich die Fortsetzung der des ersteren Dreiecks.
– Ah, ich verstehe, Mr. Cyrus! rief Harbert. Da die horizontale Entfernung des Pflockes von der Stange proportional der von demselben Punkte bis zur Basis der Felsenwand ist, so steht auch die Höhe der Stange zu der der Felsenwand in demselben Verhältnisse.
– So ist es, Harbert, bestätigte der Ingenieur, und sobald wir diese horizontalen Entfernungen gemessen haben, können wir, da die Höhe der Stange bekannt ist, durch eine einfache Rechnung auch die der Felsenwand finden und uns der Mühe entheben, dieselbe unmittelbar zu messen.«
Die beiden Horizontalen wurden mittels der Stange, deren Höhe über dem Sande genau bestimmt war und gerade zehn Fuß betrug, aufgenommen.
Die erstere zwischen dem Pflocke und dem früheren Standpunkte der Meßstange betrug fünfzehn Fuß.
Die zweite zwischen jenem Pflocke und der Basis des Felsens aber fünfhundert Fuß.
Cyrus Smith und der junge Mann kehrten nach Vollendung dieser Aufnahmen nach den Kaminen zurück.
Der Ingenieur holte einen bei Gelegenheit früherer Ausflüge mitgedrachten flachen Stein, eine Art Schiefer, auf dem man mit Hilfe einer spitzigen Muschel leicht und deutlich zu schreiben vermochte. Er stellte folgende Proportion auf:
Diese Berechnung ergab demnach für die Granitwand eine Höhe von 3331/3 Fuß.
Cyrus Smith nahm hierauf das Instrument wieder zur Hand, dessen geöffnete und dann befestigte Schenkel ihm am vorhergehenden Tage zur Messung der Winkelhöhe des Sternes a über dem Horizonte gedient hatten. Den Winkel, welchen diese Schenkel bildeten, maß er möglichst genau auf einem in 360 gleiche Grade getheilten Kreise. Dieser Winkel ergab unter Hinzufügung der siebenundzwanzig Grad, welche den Stern a noch vom Pole trennten, und unter Berücksichtigung der Höhe des Plateaus, von dem aus die Beobachtung stattgefunden hatte, über dem Niveau des Meeres, eine Höhe von dreiundfünfzig Grad. Diese dreiundfünfzig Grad mußten nun endlich noch von neunzig Grad, der Entfernung des Poles von dem Aequator, abgezogen werden, und es verblieben demnach siebenunddreißig Grad. Cyrus Smith gelangte also zu dem Resultate, daß die Insel Lincoln unter 37° südlicher Breite liege, wobei er jedoch seiner mangelhaften Instrumente wegen einen Fehler von fünf Graden annahm, ihre Lage also zwischen dem 35. und 40.° südlicher Breite festsetzte.
Um die Coordinaten der Insel zu erhalten, blieb nun noch die Bestimmung des Längengrades derselben übrig. Diese wollte der Ingenieur noch an demselben Tage, zur Zeit des Meridiandurchganges der Sonne, also zu Mittag, vornehmen.
Der Ostersonntag wurde übrigens zu einem Spaziergange, oder vielmehr zu einer Auskundschaftung derjenigen Theile der Insel bestimmt, welche zwischen dem Norden des Sees und dem Haifisch-Golfe lagen. Wenn es die Witterung zuließ, gedachte man bis zu dem nördlichen Theile des Untertiefer- Caps vorzudringen, wollte zwischen den Dünen Mittag machen und erst gegen Abend zurückkehren.
Um acht und ein halb Uhr des Morgens marschirte die kleine Gesellschaft längs des Canalrandes hin. An der anderen Seite, auf der Küste der Insel des Heils, promenirten gravitätisch zahlreiche Vögel. Es waren Tauchervögel, welche man leicht an dem häßlichen, dem des Esels ähnlichen Geschrei erkennt. Pencroff schenkte ihnen nur von dem Standpunkte der Eßbarkeit einige Rücksicht und vernahm mit gewisser Befriedigung, daß ihr wenn auch etwas schwärzliches Fleisch doch recht schmackhaft sei.
Man bemerkte auch auf dem Sande hinkriechende große Amphibien, ohne Zweifel Robben, welche das Ufer des kleinen Eilandes mit Vorliebe besuchten. Diese erfreuten sich von Pencroff's Standpunkte freilich keiner besonderen Würdigung, da ihr öliges Fleisch so gut wie ungenießbar ist. Dafür betrachtete sie Cyrus Smith mit desto größerer Aufmerksamkeit, und verkündete seinen Gefährten im Voraus, daß man in nächster Zeit einmal das Eiland besuchen werde, ohne daß er für jetzt einen näheren Grund angab.
Der von den Colonisten begangene Strand erschien mit unzähligen Muscheln bedeckt, deren einige Arten einem Liebhaber der Malakologie gewiß große Freude bereitet hätten. Neben schönen Phasianellen, Dreiengelmuscheln u.a. entdeckte man aber, was jetzt viel wichtiger erschien, eine durch die Ebbe bloßgelegte, ausgedehnte Austernbank, welche Nab etwa vier Meilen von den Kaminen zwischen den Felsen auffand.
»Nab hat seinen Tag nicht verloren, rief Pencroff, als er die große Ansiedelung der köstlichen Schalthiere betrachtete.
– Wahrlich, das ist eine glückliche Entdeckung, sagte der Reporter, und vorzüglich, wenn jede Auster, wie man allgemein annimmt, jährlich 50- bis 60,000 Eier producirt, bietet sich uns hier ein unerschöpflicher Vorrath.
– Ich denke nur, daß die Auster nicht besonders nahrhaft ist, bemerkte Harbert.
– Nein, antwortete Cyrus Smith. Die Auster zeigt nur sehr wenig Stickstoffgehalt, und würde ein Mensch, der sich ausschließlich von solchen nähren wollte, täglich mindestens fünfzehn bis sechzehn Dutzend derselben nöthig haben.
– Schön! fiel Pencroff ein. Einige Dutzend Dutzend könnten wir aber doch wohl losbrechen, ohne die Bank zu schädigen. Sollten wir nicht einige zum Frühstück verzehren?«
Und ohne eine Antwort auf seinen Vorschlag abzuwarten, von dessen Annahme er im Voraus überzeugt war, holte er eine reichliche Menge von diesen Mollusken und brachte sie in einer Art Netz von Hibiscusfasern, das Nab's geschickte Hand gefertigt hatte und welches schon die übrigen Bestandtheile der Mittagsmahlzeit enthielt, unter. Dann wanderten Alle zwischen den Dünen und dem Meere weiter.
Von Zeit zu Zeit sah Cyrus Smith nach der Uhr, um sich rechtzeitig zu der beabsichtigten Sonnenbeobachtung vorzubereiten, welche genau zu Mittag stattfinden mußte.
Der ganze Theil der Insel war bis zu der Spitze der Union-Bai, welche den Namen Unterkiefer-Cap erhalten hatte, sehr sandig. Nur auf Sand und Muscheln, vermischt mit einzelnen Lavatrümmern, traf das Auge. Einige Seevögel umschwärmten das nächste Ufer, wie Seemöven, große Albatrosse und einige wilde Enten, welche Pencroff's immer lebendige Eßlust mit vollem Rechte reizten. Wohl versuchte er einige derselben mit Pfeilen zu erlegen, doch ohne Erfolg, denn jene saßen kaum jemals still, und er hätte sie also im Fluge treffen messen.
Dieser Mißerfolg veranlaßte ihn auch, gegen den Ingenieur wiederholt die Worte zu äußern:
»Sehen Sie, Mr. Cyrus, so lange wir noch nicht zwei bis drei Jagdgewehre besitzen, läßt doch unser Material immer Manches zu wünschen übrig.
– Gewiß, Pencroff, erwiderte der Reporter; aber das liegt nur an Ihnen. Verschaffen Sie uns Eisen zu den Läufen, Stahl zu den Schlössern, Salpeter, Kohle und Schwefel zum Pulver, Quecksilber und Salpetersäure zu dem Knallsilber und endlich Blei zu Kugeln, so wird Cyrus uns die schönsten Flinten von der Welt herstellen.
– O, bemerkte der Ingenieur,