Lydia. Louise Aston

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Название Lydia
Автор произведения Louise Aston
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783754183311



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Arm wieder in den seinigen legte. "Und womit habe ich diese unschätzbare Gunst verdient, wenn die Frage gestattet ist?" "Es ist weder eine Gunst, lieber Baron, noch wüßte ich, womit Sie sie verdient hätten, wäre es eine. Nein, nein. Sie sind in dieser Rücksicht, glaub' ich, nicht eitel genug, als daß ich Sie mit Erfolg täuschen könnte, vorausgesetzt, daß ich Zwecke durch Sie zu erreichen wünschte, deren Wichtigkeit mich für die Mühe eines solchen Täuschungsversuches entschädigte. Alles dies findet nicht statt; Sie haben also die Gewähr für meine Aufrichtigkeit. Sind Sie mit dieser Erklärung zufrieden?"

      "Allerdings, in so fern ich wohl mit Recht vermuthen darf, daß Sie mich in die weiteren und positiven Zwecke Ihrer Aufrichtigkeit zu mir nicht einweihen werden."

      "Ich bewundere eben so wohl Ihren Scharfsinn, Baron, als Ihr Zartgefühl, und danke Ihnen, daß Sie mir eine abschlägige Antwort erspart haben."

      "Gut" - erwiederte Landsfeld nach einer kurzen Pause, in der er über Etwas nachzusinnen schien - "ich nehme die Bedingung an; schon deshalb, weil auch ich Ihren nähern Umgang schmerzlich vermissen würde. Aber die Entschädigung - sprachen Sie nicht davon?"

      Cornelia lachte.

      "Wie plump gebehrdet Ihr Männer Euch doch, so bald Ihr zu heucheln versucht. So haben Sie an meinem Umgange also doch nicht genug? Sie sind so wenig galant, dafür noch eine besondere Belohnung zu verlangen, daß ich Ihnen Gelegenheit gebe, Ihre malitieuse Natur etwas zu humanisiren, indem ich Sie zu einem rücksichtsvollen Benehmen gegen mich zwinge? - Sie zucken die Achseln? Gut denn, aber ich wasche meine Hände in Unschuld. - Hm! was würden Sie zum Beispiel zu der Nachricht sagen - " fuhr Cornelia, den Zeigefinger auf die Kinnspitze legend und mit lauerndem Blicke von unten herauf den Baron fixirend, eine Mischung von feierlicher Langsamkeit und banaler Gleichgültigkeit im Ton fort - "was würden Sie dazu sagen, daß Alice von Rosen hier ist?"

      Cornelia fühlte es an dem leisen Zittern seines Arms, daß der abgeschossene Pfeil sein Ziel nicht verfehlte. In der That wäre selbst dem unbefangenen Zuschauer seine Bewegung nicht entgangen. Sein Gesicht überflog eine schnelle, fieberhafte Röthe. Doch im nächsten Augenblicke antwortete er mit großer Ruhe:

      "Ich würde sagen, daß es eine abscheuliche Lüge ist."

      "Auch wenn ich Sie versichere - "

      "Eben deshalb" - erwiederte er mit einer Lebhaftigkeit, die ihm von neuem das Blut in's Gesicht trieb.

      "Fangen auch Sie an, Empfindung zu bekommen, Sie armer Freund" - sprach Cornelia in mitleidig ironischem Ton, während ihre Züge theils den Ausdruck tiefen Hasses, theils dämonischer Schadenfreude annahmen.

      "Ich habe meine Empfindung" - entgegnete der Baron in immer größerer Aufregung, obwohl er äußerlich gefaßt in die blaue Luft hineinstarrte - "noch nie hinter einer erbärmlichen Maske von Trockenheit und Kälte zu verstecken nöthig erachtet, gnädiges Fräulein, auch nicht nöthig gehabt, da sie nicht so rein aristokratisch ist, wie die Ihrige. - Doch wozu ärgern wir einander, Cornelia? Haben Sie den Kontrakt nur vorgeschlagen, um das wohlfeile Vergnügen zu haben, ihn zuerst brechen zu können? Sagten Sie nicht, ich sollte Sie schonen? Ha, ha! Thor, der ich war, in diese Falle zu gehen." Er fing wieder an zu lachen.

      "Wir sind nun quitt, Baron, und bedürfen meines Erachtens jetzt keines Kontrakts mehr. Indeß täuschen Sie sich diesmal über meine Absicht, wie Sie sich nachher überzeugen werden. Jetzt aber will ich Ihnen erzählen, warum ich nicht nach Palermo gegangen; vielleicht wird das Ihr Blut so weit abkühlen, daß Sie im Stande sind, anderweitige und für Sie interessantere Mittheilungen anzuhören, ohne mir den Dank in Sottisen abzutragen. Seien Sie ruhig, ich schweige schon" - fügte sie beschwichtigend hinzu, als sie seine Stirn sich in drohende Falten legen sah - "und nun hören Sie:

      Sie wissen, daß ich kein Hehl aus dem eigentlichen Zweck meiner italienischen Reise machte. Zwei Jahre hatte ich bereits in Berlin geweilt, wo Schattenfrei bei der französischen Gesandtschaft angestellt war, und noch immer war es mir nicht gelungen, mit ihm zusammen zu kommen, geschweige ihn an mich von Neuem zu fesseln. Seine Frau, die übrigens, wie man so sagt, ein liebenswürdiges, gutmüthiges und harmloses Ding sein soll, war mir sehr im Wege. Ich zerbrach mir Tag und Nacht den Kopf über die Auffindung eines geeigneten Mittels, das ihn veranlassen könnte, mich zu besuchen - "

      "Man will wissen, daß Sie sich einmal doch im Theater trafen, ich glaube der "Liebestrank" wurde gegeben" - sagte der Baron mit hervorgehobenem Accent.

      Cornelia warf einen stechenden Blick auf ihren Begleiter "Schweigen Sie, bis ich zu Ende bin. - "

      Der Baron lachte. "Das sind die Folgen davon, wenn man einen Kontrakt vorschlägt, und ihn zuerst bricht. Jetzt fahren Sie fort, ich werde Sie nicht mehr unterbrechen."

      Cornelia unterdrückte eine Antwort, die ihr auf der Zunge lag und erzählte weiter:

      "Nach vielen vergeblichen Versuchen hatte ich mein Vorhaben fast aufgegeben, als ich zufällig in einer Gesellschaft davon reden hörte, Schattenfrei werde zur Wiederherstellung seiner Gesundheit eine Reise nach Palermo machen. Ich forschte genauer nach. Richtig, in vierzehn Tagen wollte er abreisen und zwar allein, ohne seine Frau. Mein Plan war kurz gefaßt. Ich wollte ihm zuvorkommen, ihn in Venedig, das er doch ohne Zweifel passiren würde, erwarten und empfangen. In vier Tagen war ich reisefertig, - in einer Woche war ich in Venedig. Das Abenteuer, das ich mit dem jungen schwärmerischen Menschen dort hatte, kennen Sie, es half mir wenigstens die Zeit verkürzen.

      Endlich war meiner Berechnung nach der Zeitpunkt gekommen, an dem Schattenfrei eintreffen mußte. Alle Vorbereitungen waren getroffen. So bald er das Thor passiren würde, sollte ich davon benachrichtigt werden. Aber vergeblich harrte ich auf die frohe Botschaft. Zwei Tage waren schon über den Termin hinaus vergangen, da kamen Sie mit Frau von Rosen nach Venedig. Auch Sie wußten mir Nichts über den Erwarteten mitzutheilen. Meine Unruhe nahm von Stunde zu Stunde zu. Sie hielten mich und Alice damals für die innigsten Freundinnen." -

      "Und Sie waren es nicht?" - fragte der Baron erstaunt.

      "Im gewissen Sinne allerdings, in so fern wir uns redlich in Rücksicht auf unsere besondern Pläne in die Hände arbeiteten. Außerdem aber haßten wir uns eben so redlich, verleumdeten uns nach Frauenweise und heuchelten einander die innigste Seelengemeinschaft vor." -

      "Und warum das?"

      "Theils aus rein künstlerischem Vergnügen, theils auch, um uns in Uebung zu erhalten, damit wir uns vor Andern, besonders vor Ihnen, nicht durch ein unvorsichtiges Wort oder eine impertinente Miene kompromittirten."

      "Vor mir?"

      "Freilich. Hören Sie nur weiter. Alicen lag viel daran, Sie auf eine kürzere oder längere Zeit aus Venedig zu entfernen."

      "Wahrhaftig?" - fragte der Baron ironisch - "und wozu, wenn ich bitten darf?"

      "Einen Augenblick Geduld. Wie war das zu machen, ohne Ihren Verdacht zu erregen und ohne an Ihrer Weigerung zu scheitern. Alice zeigte sich also sehr bekümmert über meine Unruhe, die auf den höchsten Grad gestiegen war, als ich die Nachricht erhielt, Schattenfrei habe die Tour über Genua eingeschlagen, um von dort zur See nach Palermo zu gehen. Zugleich aber war die Nachricht zu wenig verbürgt, als daß ich auf's Gerathewohl Venedig verlassen konnte. In dieser Noth wandte sich die über meine verzweifelte Lage sehr betrübte Alice an Sie mit der Bitte, auf etwa acht Tage nach Genua zu gehen und mich, im Fall "Schattenfrei" dort eintreffen sollte, sogleich davon zu benachrichtigen. Durch welche Gründe Alice Sie von der Nothwendigkeit ihres Zurückbleibens in Venedig überzeugte, weiß ich nicht."

      "Sie fühlte die sittliche Verpflichtung, in diesem Falle die Liebe auf kurze Zeit der Freundschaft zu opfern - und wollte Sie in dieser angstvollen Stimmung nicht allein lassen."

      Cornelia lachte höhnisch. - "Wie waren Sie damals blind, armer Baron. Im Grunde ihrer Seele war Alice über Nichts erfreuter, als über meine Angst, und sie hätte nicht einen Finger gerührt, mich davon zu befreien, hätte es nicht in ihrem Plan gelegen. - Sie reisten ab und kurz nach Ihnen machte Alice mit dem Herrn Berger, der ihr, unbemerkt von Ihnen, aber nicht von ihr, bis nach Venedig gefolgt war, einen Ausflug ins Tyroler Gebirge. Beim Abschiede bat sie mich, alle Briefe an Sie von Venedig