Название | Die Brücke zur Sonne |
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Автор произведения | Regan Holdridge |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783754170441 |
„Das ist doch typisch!“, erwiderte eines der Mädchen und rümpfte die Nase. „Trey kennt doch jedes Mädchen im Umkreis von fünfzig Meilen, sagt mein Vater immer! Warum also sollte er Patty nicht auch schon irgendwo vorher getroffen haben?“
Währenddessen hatte der junge Cowboy längst angefangen, Patricia van Haren zu einem Tanz zu zwingen.
„Aber…“, stammelte Patty, völlig überrumpelt. „Das können Sie doch nicht machen!“
„Wieso nicht?“ Trey war nicht von seiner Idee abzubringen. „Ach ja, was ich dich unbedingt noch fragen wollte: Bist du noch überfallen worden? Hat womöglich ein Indianerhäuptling an deine Tür geklopft oder ein wilder Bär um Honig gebettelt? Davon gibt es eine Menge hier draußen, musst du wissen. Sie sind ganz leicht an ihrem Lätzchen zu erkennen, das sie um den Hals gebunden haben!“ Er schien seinen eigenen Witz äußerst lustig zu finden, denn er lachte laut auf.
Patty starrte ihn finster an. Sein sarkastischer Ton weckte den Trotz und vor allem den Zorn in ihr. „Danke der Nachfrage! Es ist wirklich unglaublich, was sich hier in der Gegend für Gestalten herumtreiben!“
„Oh ja!“ Trey mimte den Fassungslosen. „Dafür hat mein Gedächtnis tatsächlich wieder seinen Dienst angetreten und mir verraten, weshalb ich mir den erfreulichen Besuch bei euch angetan habe!“
„So? Interessiert das noch irgendjemanden?“
„Aber natürlich, mich!“ Er grinste frech. „Dan, das ist unser Vormann…du weißt, was ein Vormann ist? Warte, wo steckt er denn? Vorhin…“
„Ich bin bereits im Bilde, wer dieser Dan ist!“ Patty stieß einen ungeduldigen Ton hervor.
„Schön! Jedenfalls hat er mich in unser aller Namen beauftragt, eine anständige, wohlerzogene und nicht ganz unvermögende Arztfamilie, die sich in der bescheidenen Porter-Hütte niedergelassen hat, in unserem schmutzigen, einsamen Land willkommen zu heißen!“
„Seltsam, dass hier überhaupt jemandem auffällt, wenn ein Mensch sich gepflogen benehmen kann!“
„Na, na!“ Versöhnlich verzog Trey sein Gesicht zu einem gutgläubigen Schmunzeln. „Nicht gleich so empfindlich, kleine Engländerin!“
„Mein Name ist Patricia Lorena van Haren! Mir scheint, das haben hier noch mehr Leute nicht mitbekommen! Andere Titel trage ich nicht!“
„Oh ja! Verzeihung! Selbstverständlich!“ Er tat, als fiele ihm das erst jetzt wieder ein. Sie tanzten eine Weile schweigend miteinander, wobei Patty darum bemüht war, weiterhin hervorragend auszusehen, auch wenn sie innerlich kochte vor Wut.
„Übrigens“, hörte sie ihn da sagen. „Was die Sache mit dem Gewehr angeht, musst du noch jede Menge lernen…kleine Engländerin!“
Patty schnappte nach Luft und versuchte, sich von ihm loszureißen, doch er hielt sie fest. Es gab kein Entkommen, bis zum Ende des Liedes. Hätte sie doch jetzt eines zur Hand gehabt, hätte sie bloß, ihm wäre das Witze reißen schon vergangen! Wäre da nicht ihre aristokratische Einstellung gewesen und die Tatsache, dass ihre Mutter ihr zusah, sie hätte ihm hier, vor allen Leuten, eine Ohrfeige verpasst.
Der darauffolgende Sonntag...
Der darauffolgende Sonntag zeigte sich von seiner schönsten Seite und präsentierte den Anwohnern von Silvertown und Umgebung warmes, trockenes Frühjahrswetter, was nicht unbedingt typisch und selbstverständlich war für diese Jahreszeit.
Den Vormittag verbrachten Jean und Patty gleichermaßen damit, unzählige Briefe an all ihre Freunde zu Hause und an Louisa zu schreiben. Während Jeans Briefe sachlich und eher nüchtern formuliert waren, darauf bedacht, die tatsächlichen Geschehnisse zu schildern, waren Pattys gespickt mit Vorwürfen und Bezeugungen ihres Frusts, dass sie gefangen war in diesem Land, welches sie bereits jetzt verabscheute.
Währenddessen dröhnte das Klopfen von Matthews Hammer nervtötend durch das Haus. Er hatte sich daran gemacht, den Gartenzaun zu reparieren, damit – zumindest in seiner Vorstellung – Rachel dort Gemüse und Blumen anpflanzen konnte, während neben Jeans Schlafzimmerfenster noch ein Rosenspalier platziert werden sollte.
Das junge Mädchen seufzte, während ihr gedankenverlorener Blick an der braunen Holzwand hinter ihrem Schreibtisch hing. Wie es wohl weitergehen würde, hier, in diesem so völlig fremden Land? Ob Patty und ihre Mutter sich irgendwann beruhigen würden oder ob es nun ein ganzes Jahr lang mit dem Streit und den ständigen Vorwürfen gegen ihren Vater weiterging? Jean ertrug diesen Unfrieden nur schwer und sie sehnte sich nach einer ruhigen Ecke, in die sie sich zurückziehen konnte. Das Klopfen an ihrer Zimmertür riss sie unsanft aus den Gedanken und schon streckte ihr Vater den Kopf herein. Sie hatte nicht bemerkt, wie schnell die Zeit vergangen war und dass er seine handwerkliche Tätigkeit für heute beendet hatte.
„Bist du beschäftigt?“, wollte er wissen.
„Der letzte Brief ist fertig“, erwiderte Jean und deutete auf einen kleinen Stapel Briefumschläge.
„Oh!“ Verdutzt trat Matt ein. „Ist das etwa alles?“
„Habe ich jemanden vergessen?“ Jean begriff nicht.
„Ah ja“, machte ihr Vater gedehnt und nickte kurz. „Deine Schwester wird mich mit Portokosten arm machen, wenn es so weitergeht…“
„Mom macht sich wohl schon für die Stadtführung beim Herrn Bürgermeister schick“, vermutete Jean, worauf Matthew schnell nickte. „Ja, ja, wir fahren bald!“
„Dann werde ich wohl auch mal zusehen, ob ich etwas Passendes finde, um mich dort blicken lassen zu können.“ Sie stand auf und öffnete den schmalen Kleiderschrank, in dem ihre Garderobe, die sie mitgebracht hatte, nur mit Mühe Platz fand. „Nicht, dass Mom sich wieder für mich schämen muss…“
„Warte einen Moment.“
Ein wenig erstaunt drehte Jean sich um. Irgendetwas ging wieder einmal vor sich, sie spürte es genau.
„Weißt du, ich hatte mir das ein wenig anders vorgestellt.“ Schon den ganzen Vormittag war Matthew damit beschäftigt gewesen, sich die richtigen Worte zurechtzulegen. Immerhin musste er darauf gefasst sein, sich nicht nur von seiner jüngeren Tochter, sondern auch von Rachel zusammenstauchen lassen zu müssen. Deshalb hatte er sich dazu entschieden, zuerst an Jeans Zimmertür zu klopfen, da er sie in dieser Hinsicht für die Vernünftigste seiner Damen hielt und womöglich auch als seine Verbündete gewinnen konnte.
„Na ja, reden wir nicht lange um die Sache herum: Deine Mutter und ich gehen alleine zu Mr. Bentley.“
„Oh!“ Jeans dichte Augenbrauen schwangen nach oben. „Und was passiert mit mir und Patty?“
Matt schluckte. „Ich habe mir gedacht, dass es euch nur langweilen würde, so ein Kaffeeklatsch unter Erwachsenen. Du weißt schon, Politik und so weiter und deshalb habe ich für euch einen viel besseren Aufenthalt heute Nachmittag gefunden!“
Jean schwieg. Mit jedem Wort wuchs ihre Vermutung, was ihr Vater geplant hatte und sie malte sich bereits die Reaktion ihrer Schwester aus.
„Nachdem ihr beide ja noch etwas über dieses Land lernen sollt, habe ich mir überlegt, dass es doch das Beste ist, wenn ihr als erstes einmal unsere schöne Gegend hier kennenlernt“, begann er hastig, um ja nicht unterbrochen zu werden. „Und wer könnte das wohl besser, als jemand, der hier ansässig ist?“
Ahnungsvoll legte Jean den Kopf schief und schürzte die Lippen. „Du erwartest doch nicht, dass Patty von dieser Idee begeistert sein wird?“
„Ich habe keine Ahnung, was Amy und ihr Vater mit euch vorhaben“, gestand Matthew. „Ich möchte dich einfach nur bitten, darauf aufzupassen, dass deine Schwester sich benimmt!“
„Amy?“ Ein Lächeln hob Jeans Mundwinkel. „Dann