Название | Die toten Seelen |
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Автор произведения | Nikolai Gogol |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783752962406 |
– Der ist von einem Teufel besessen! – dachte sich Tschitschikow und entschloß sich, auf alle Wagen, Drehorgeln und Hunde, wie wunderbar gewölbt ihre Rippen und wie zusammengeballt ihre Pfoten auch sein mögen, zu verzichten.
»Du kriegst doch den Wagen, die Drehorgel und die toten Seelen – alles zusammen.«
»Ich will nicht!« sagte Tschitschikow noch einmal.
»Warum willst du nicht?«
»Weil ich ganz einfach nicht will.«
»Ach, bist du ein Mensch! Wie ich sehe, kann man dich gar nicht wie einen Freund oder guten Bekannten behandeln . . . Da sieht man gleich, daß du ein doppelzüngiger Mensch bist!«
»Bin ich ein Dummkopf oder was? Urteile selbst: wozu soll ich einen Gegenstand erwerben, den ich absolut nicht brauche?«
»Sprich bitte nicht so. Ich kenne dich gut. Was bist du für eine Kanaille. Also hör': wollen wir eine Partie Bank spielen? Ich setze alle toten Seelen auf die Karte und die Drehorgel dazu.«
»Nein, sich auf ein Kartenspiel einlassen, bedeutet doch, sich einer Ungewissheit auszusetzen«, sagte Tschitschikow und schielte nach den Karten, die jener in der Hand hielt. Beide Spiele kamen ihm etwas sonderbar vor, und die gesprenkelte Rückseite machte einen recht verdächtigen Eindruck.
»Warum denn einer Ungewissheit?« sagte Nosdrjow. »Es ist doch gar keine Ungewissheit dabei. Wenn du bloß Glück hast, kannst du ein Vermögen gewinnen. Da, schau, dieses Glück!« sagte er, indem er ein paar Karten hinwarf, um Tschitschikow Appetit zu machen. »Dieses Glück! Das haut nur so! Da ist ja die verfluchte Neun, mit der ich alles verloren habe! Ich wußte es ja, daß sie mich verraten wird, machte aber die Augen zu und sagte: ›Hol' dich der Teufel, verrate mich, Verdammte!‹«
Während Nosdrjow dieses sprach, brachte Porfirij eine Flasche herein. Tschitschikow weigerte sich aber aufs entschiedenste zu spielen und auch zu trinken.
»Warum willst du denn nicht spielen?« fragte Nosdrjow.
»Weil ich nicht in der Stimmung bin. Offen gestanden, bin ich auch kein Freund vom Kartenspiel.«
»Warum bist du kein Freund?«
Tschitschikow zuckte die Achseln und erklärte: »Weil ich kein Freund bin.«
»Ein Ekel bist du!«
»Was soll ich machen! Gott hat mich einmal so erschaffen!«
»Ein trauriges Mannsbild bist du! Ich glaubte früher, du seist ein einigermaßen anständiger Mensch, du hast aber keinen Dunst vom Umgang mit Menschen. Man kann mit dir unmöglich wie mit einem Freunde sprechen . . . Nicht die geringste Aufrichtigkeit, keine Spur von Geradheit! Bist der reinste Ssobakewitsch, so ein gemeiner Schuft!«
»Warum schimpfst du so? Ist es denn meine Schuld, daß ich nicht spiele? Verkaufe mir die Seelen allein, wenn du ein Mensch bist, der um jeden Mist zittert.«
»Einen Dreck kriegst du! Anfangs wollte ich sie dir einfach schenken, jetzt kriegst du sie aber nicht! Auch wenn du mir drei Königreiche bietest. So ein Taschendieb, ein Ofenhocker! Nun will ich mit dir nichts zu tun haben. Porfirij, geh, sag' dem Kutscher, er soll seinen Pferden keinen Hafer geben, sie sollen nur Heu fressen.«
Auf diesen Schluß war Tschitschikow gar nicht gefaßt.
»Wärest du mir doch lieber nicht in den Weg gekommen!« sagte Nosdrjow.
Trotz dieses Wortwechsels aßen der Hausherr und sein Gast gemeinsam zu Abend; diesmal standen aber auf dem Tische keinerlei Weine mit phantastischen Namen. Es gab nur eine Flasche Zyperwein, der sich als der reinste Essig erwies. Nach dem Abendessen führte Nosdrjow Tschitschikow ins Nebenzimmer, wo für ihn ein Bett bereit stand, und sagte: »Da ist dein Bett. Ich will dir nicht mal gute Nacht wünschen.«
Tschitschikow blieb, nachdem Nosdrjow hinausgegangen war, in der übelsten Laune zurück. Er ärgerte sich über sich selbst und schimpfte auf sich, daß er bei diesem Nosdrjow eingekehrt war und die teure Zeit vertrödelt hatte; noch größere Vorwürfe machte er sich, weil er mit ihm vom Geschäft gesprochen hatte; er hatte so unvorsichtig wie ein Kind, wie ein Narr gehandelt: das Geschäft war durchaus nicht von der Art, daß man es dem Nosdrjow anvertrauen konnte . . . Nosdrjow ist ein übler Bursche, Nosdrjow kann noch verschiedenes hinzulügen, Gott weiß was für Gerüchte loslassen, und dann wird ein furchtbarer Klatsch daraus entstehen . . . Das ist nicht gut, gar nicht gut. »Ich bin einfach ein Narr!« sagte er sich selbst. Er schlief die ganze Nacht sehr schlecht. Gewisse kleine, äußerst lebhafte Insekten bissen ihn furchtbar schmerzhaft, so daß er mit allen Fingern die verletzten Stellen kratzte und dabei sprach: »Hol' euch der Teufel mitsamt Nosdrjow!« Er erwachte sehr früh. Seine erste Handlung war, Stiefel und Schlafrock anzuziehen, durch den Hof nach dem Stall zu gehen und Sselifan zu befehlen, unverzüglich anzuspannen. Als er durch den Hof zurückkehrte, stieß er auf Nosdrjow, der gleichfalls einen Schlafrock anhatte und schon seine Pfeife rauchte.
Nosdrjow begrüßte ihn recht freundschaftlich und fragte, wie er geschlafen habe.
»Nicht schlecht«, antwortete Tschitschikow recht trocken.
»Ich schlief aber fürchterlich, Bruder«, sagte Nosdrjow: »So einen Dreck sah ich die ganze Nacht im Traum, daß es sogar scheußlich wäre, es wiederzuerzählen; im Munde hatte ich aber nach dem gestrigen Abend einen Geschmack, als ob darin eine ganze Schwadron übernachtet hätte. Denk dir nur, mir träumte, daß man mich mit Ruten züchtigte, bei Gott! Und denke dir nur, wer! Das wirst du niemals erraten: der Stabsrittmeister Pozelujew und der Leutnant Kuwschinnikow.«
– Es wäre gar nicht schlecht, – dachte sich Tschitschikow, – wenn man dich in Wirklichkeit mit Ruten züchtigte. –
»Bei Gott! Und das tat weh! Als ich erwachte, fühlte ich sogar ein Jucken am ganzen Körper: das waren wohl die verdammten Flöhe. Nun, geh hin, zieh dich an. Ich will gleich zu dir kommen. Ich muß nur noch dem Verwalter, diesem Schuft, ein Donnerwetter machen.«
Tschitschikow ging auf sein Zimmer, um sich zu waschen und anzuziehen. Als er darauf ins Speisezimmer kam, stand schon der Tee nebst einer Flasche Rum auf dem Tisch. Im Zimmer waren noch Spuren vom gestrigen Mittag- und Abendessen zu sehen. Offenbar hatte noch kein Besen den Boden berührt. Auf dem Boden lagen Brotkrumen herum, und auf dem Tischtuch war noch Tabaksasche zu sehen. Der Hausherr selbst, der bald darauf erschien, trug unter seinem Morgenrock nichts als die nackte Brust, auf der eine Art Bart wuchs. Wie er so mit der Pfeife in der Hand dasaß und den Tee aus der Tasse schlürfte, bot er ein ausgezeichnetes Modell für einen Maler, der die geschleckten und gekräuselten oder kurzgeschorenen Herren nicht leiden mag, die man auf den Schildern der Barbiere sieht.
»Nun, wie denkst du?« fragte Nosdrjow, nachdem er eine Weile geschwiegen hatte. »Willst du um die Seelen spielen?«
»Ich habe es dir doch schon gesagt, Bruder, daß ich nicht spiele; wenn du sie verkaufen willst, so kaufe ich sie gern.«
»Verkaufen mag ich sie nicht: das wäre nicht freundschaftlich. Ich will nicht, weiß der Teufel wovon, den Rahm abschöpfen. Ein Kartenspiel ist eine andere Sache. Spielen wir doch wenigstens eine Partie!«
»Ich hab dir schon gesagt, daß ich nicht will.«
»Willst du auch nicht tauschen?«
»Nein, ich will nicht.«
»Dann höre: wir wollen eine Partie Dame spielen; wenn du sie gewinnst, gehören alle Seelen dir. Ich habe doch eine Menge Seelen, die in den Listen noch nicht gestrichen sind. He, Porfirij, bring mal das Damenbrett her!«
»Vergebliche Mühe: ich werde nicht spielen.«
»Das ist doch was ganz anderes als Kartenspiel; hier kann weder von Glück noch von einem Schwindel die Rede sein: alles hängt vom Können ab, und ich mache dich schon im voraus darauf aufmerksam, daß ich sehr schlecht spiele; du wirst mir etwas vorgeben müssen.«
– Ich will mal versuchen, – dachte sich Tschitschikow,