Название | Die toten Seelen |
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Автор произведения | Nikolai Gogol |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783752962406 |
»Nach rechts, nicht wahr?« Mit dieser trockenen Frage wandte sich Sselifan an das neben ihm sitzende Mädel, mit der Peitsche auf den vom Regen geschwärzten Weg zwischen den hellgrünen, erfrischten Feldern weisend.
»Nein, nein, ich werde es schon zeigen«, antwortete das Mädel.
»Wohin denn?« fragte Sselifan, als sie noch eine Strecke gefahren waren.
»Dorthin!« antwortete das Mädel, die Richtung mit der Hand zeigend.
»Ach du!« sagte Sselifan. »Das ist doch rechts! Die weiß nicht, wo rechts und wo links ist.«
Obwohl der Tag sehr heiter war, war die Erde so furchtbar schmutzig, daß die Räder des Wagens, an denen immer neuer Schmutz klebenblieb, von ihm bald wie mit Filz bedeckt waren, was die Equipage bedeutend schwerer machte; außerdem war der Boden lehmig und ungemein klebrig. Das eine wie das andere hatten zur Folge, daß sie aus den Feldwegen erst gegen Mittag herauskamen. Ohne das Mädel wäre ihnen wahrscheinlich auch das nicht gelungen, denn die Wege liefen nach allen Richtungen auseinander, wie gefangene Krebse, wenn man sie aus einem Sack herausschüttet; Sselifan hätte dann wohl lange ohne seine Schuld kreuz und quer fahren müssen. Bald darauf zeigte das Mädel mit der Hand auf ein dunkles Gebäude in der Ferne und sagte: »Das ist die Landstraße!«
»Und das Gebäude?« fragte Sselifan.
»Ein Wirtshaus«, sagte das Mädel.
»Nun kommen wir schon selbst weiter«, sagte Sselifan. »Geh jetzt nach Hause!«
Er hielt die Pferde an, half ihr vom Bock und sprach durch die Zähne: »Ach du, Schwarzfüßige!«
Tschitschikow schenkte ihr einen Kupfergroschen, und sie lief nach Hause, schon damit zufrieden, daß sie auf dem Bocke hatte sitzen dürfen.
Viertes Kapitel
Vor dem Wirtshause angelangt, ließ Tschitschikow aus zwei Gründen halten: einerseits wollte er, daß die Pferde ausruhen, und andererseits hatte er auch selbst den Wunsch, etwas zu sich zu nehmen und sich zu stärken. Der Autor muß gestehen, daß er diese Art von Leuten um ihren Appetit und ihren Magen beneidet. Er hat für die großen Herren gar nichts übrig, die in Petersburg und in Moskau wohnen und den ganzen Tag darüber nachdenken, was sie morgen essen und was für ein Diner sie sich für übermorgen zusammenstellen lassen sollen; die vor diesem Diner erst Pillen schlucken und dann Austern, Seespinnen und andere Meerwunder verzehren, um später nach Karlsbad oder in ein kaukasisches Bad zu gehen. Nein, solche Herren haben in ihm niemals Neid erregt. Aber die Herren der mittleren Klasse, die auf der einen Poststation Schinken essen, auf der anderen ein Spanferkel, auf der dritten eine Scheibe Stör oder irgendeine Bratwurst mit Zwiebel, und die sich dann, als ob nichts geschehen wäre, zu einer beliebigen Stunde an die Mittagstafel setzen und kochend heiße Sterlettsuppe mit Aalen und Fischmilch löffeln und dazu Pasteten mit Schwanzstücken vom Wels verspeisen, so daß man vom bloßen Zuschauen Appetit bekommt – solche Herren genießen eine beneidenswerte Himmelsgabe! Gar mancher große Herr würde sofort die Hälfte seiner leibeigenen Seelen und die Hälfte der verpfändeten wie auch nicht verpfändeten Güter mit allen den ausländischen und russischen Vorbildern nachgeahmten Vervollkommnungen hingeben, nur um einen solchen Magen zu haben, wie ihn so ein Herr vom Mittelstande hat; leider kann man aber so einen Magen weder für Geld noch für Güter mit oder ohne Vervollkommnungen bekommen.
Das hölzerne dunkle Wirtshaus nahm Tschitschikow unter sein gastliches schmales Vordach auf, welches auf gedrechselten Säulen ruhte, die an altertümliche Kirchenleuchter erinnerten. Das Wirtshaus glich einem russischen Bauernhause, war nur etwas größer als ein solches. Geschnitzte Verzierungen aus frischem Holze um die Fenster herum und unter dem Dache belebten die dunklen Wände; auf den Fensterläden waren Krüge mit Blumen gemalt.
Nachdem Tschitschikow die enge Holztreppe hinaufgestiegen und den breiten Vorraum betreten hatte, stieß er auf eine knarrende Türe und auf eine dicke Alte im bunten Kattunkleid, die ihn mit den Worten begrüßte: »Bitte hierher!« In der Stube fand er lauter alte Bekannte, die jedermann schon in den kleinen hölzernen Wirtshäusern gesehen hat, von denen es an den Landstraßen eine große Menge gibt: einen mit Dampf beschlagenen Samowar, glatt gehobelte Wände aus Fichtenbrettern, einen dreieckigen Eckschrank mit Teekannen und Tassen, vergoldete Porzellaneier, die an blauen und roten Bändchen vor den Heiligenbildern hingen, eine Katze, die vor kurzem Junge geworfen, einen Spiegel, der statt zwei Augen vier und statt des Gesichts eine Art Pfannkuchen zeigte, und schließlich Büschel wohlriechender Kräuter und Nelken, die hinter den Heiligenbildern steckten und so sehr ausgetrocknet waren, daß einer, der an ihnen riechen wollte, nur zu niesen anfing.
»Gibt's Spanferkel?« fragte Tschitschikow die Alte.
»Ja.«
»Mit Meerrettich und saurer Sahne?«
»Mit Meerrettich und saurer Sahne.«
»Bring's her!«
Die Alte zeigte sich sehr geschäftig und brachte einen Teller, eine Serviette, die so steif gestärkt war, daß sie sich wie trockene Baumrinde warf, ferner ein Messer mit gelbem Beingriff, so dünn wie ein Federmesser, eine zweizinkige Gabel und ein Salzfass, das sich unmöglich gerade hinstellen ließ.
Unser Held begann nach seiner Gewohnheit sofort ein Gespräch mit der Alten und erkundigte sich, ob sie das Wirtshaus selbst betreibe oder ob auch noch ein Wirt da sei; wieviel das Wirtshaus einbringe, ob die Söhne bei den Eltern leben, ob der ältere Sohn ledig oder verheiratet sei, ob er eine Frau mit oder ohne große Mitgift genommen habe, ob der Schwiegervater zufrieden gewesen sei und ob er sich nicht darüber aufgehalten habe, daß er zu wenig Hochzeitsgeschenke bekommen hätte; mit einem Worte, er vergaß auch nicht das Geringste. Selbstverständlich zeigte er auch ein Interesse für die in der Nähe wohnenden Gutsbesitzer und erfuhr, daß es da allerhand Gutsbesitzer gab: Blochin, Potschitajew, Mylnoj, Oberst Tscheprakow und Ssobakewitsch. »So! Du kennst auch den Ssobakewitsch?« fragte er und bekam zu hören, daß die Alte nicht nur Ssobakewitsch, sondern auch Manilow kenne, und daß Manilow viel delikater sei als Ssobakewitsch: wenn er herkomme, lasse er sich gleich ein Huhn kochen und bestelle auch Kalbsbraten; wenn es eine Hammelleber gebe, so lasse er sich auch die Hammelleber auftragen; aber von allem nehme er nur ein paar Bissen; Ssobakewitsch lasse sich dagegen immer nur eine einzige Speise bringen, die er dann auch ganz aufesse; für das gleiche Geld verlange er dann auch noch eine Zugabe.
Während er so sprach und dabei das Spanferkel verzehrte, von dem nur noch ein kleines Stück übriggeblieben war, hörte er eine Equipage heranrollen. Er blickte zum Fenster hinaus und sah vor dem Wirtshause einen leichten, mit drei guten Pferden bespannten Wagen halten. Dem Wagen entstiegen zwei Männer: der eine war blond und lang, der andere etwas kleiner und schwarz. Der Blonde hatte eine dunkelblaue verschnürte Joppe an, der Schwarze aber nur einen gestreiften Morgenrock. In einiger Entfernung kam noch ein leeres Wägelchen gefahren, von vier langhaarigen Pferden gezogen; die Kummete waren zerrissen, und das ganze Geschirr bestand aus einfachen Stricken. Der Blonde stieg sofort die Treppe hinauf, der Schwarze blieb hingegen noch unten, suchte etwas im Wagen,