Название | Balkanmärchen auf 251 Seiten |
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Автор произведения | Johann Heinrich August Leskien |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783742763082 |
mit und blieb an dem früheren Orte stehen, verbarg
den Rindsmagen und warf das rote Haar in die Luft.
Sogleich stand ein Rotfuchs vor ihm und dabei ein
roter Anzug. Der Grindskopf zog die roten Kleider
an, bestieg den Fuchs und sprang mit gewaltiger Kraft
über die Gräben. Die zweite Tochter des Zaren aber,
die den Sprung mit angesehen hatte, warf ihm zum
Zeichen einen Apfel zu, und er fing ihn auf und steckte
ihn ein. Dann eilte er schnell wieder an den alten
Platz, stieg vom Pferd, legte die roten Kleider ab und
zog den Rindsmagen wieder über den Kopf; Pferd
und Kleider verschwanden. Er ging nun schnell nach
Hause und setzte sich an den Herd, als ob er von
nichts wüßte. Bald darauf kamen auch seine Brüder
und erzählten Vater und Mutter, was geschehen war
und was sie gesehen hatten: »Sieh mal, Vater; es kam
da ein Held auf einem Rotfuchs und ganz in Rot gekleidet;
der sprang über die Gräben, und die Zarentochter,
die zweite, warf ihm einen Apfel zu.« Da fuhr
auch der Grindskopf mit der Frage drein: »Was, Bruder,
was?« Die aber sagten zu ihm: »Ach, du Grindskopf,
du bist nur gut, zu Hause zu sitzen am Herd in
der Asche; was hast du zu fragen? Schweig du hier
still!«
Nach einiger Zeit riefen die Herolde wieder aus:
»Wer ein Held aller Helden ist, der soll kommen und
über des Zaren Gräben springen, der Zar will ihm
seine jüngste Tochter geben.« Da versammelte sich
eine Menge Helden, um den Sprung zu versuchen,
aber keiner konnte über die Gräben kommen. Auch
die Brüder des Grindskopfs waren gekommen, aber
nur um von ferne zuzusehen, denn den Sprung konnten
sie durchaus nicht machen, wollten aber wenigstens
sehen, wer hinüberkommen wird. Ihnen war
auch ihr Bruder, der Grindskopf, heimlich gefolgt,
blieb wieder an dem früheren Ort stehen und warf das
schwarze Haar in die Luft. Sogleich erschien vor ihm
ein Rappe und ein schwarzer Anzug. Er verbarg den
Rindsmagen, zog die schwarzen Kleider an, bestieg
den Rappen, sprengte mit gewaltiger Schnelligkeit
fort und sprang über die Gräben, und die jüngste Zarentochter
warf ihm einen Apfel zu. Den fing er auf,
steckte ihn zu sich und kehrte schnell an den früheren
Ort zurück. Dort stieg er ab, zog die schwarzen Kleider
aus und zog den Rindsmagen wieder über den
Kopf; Pferd und Kleidung verschwanden, er ging
nach Hause und setzte sich an den Herd, als wüßte er
von nichts. Als nun die Brüder zurückkamen, erzählten
sie dem Vater: »Sieh mal, Vater, heute kam ein
Held ganz in Schwarz und auf einem Rappen, der
sprang über die Gräben, und die Zarentochter, die
jüngste, warf ihm einen Apfel zu.« Da kam auch der
Grindskopf mit der Frage: »Was, Bruder, was?« Die
aber antworteten ihm nur: »Ach, du Grindskopf, bleib
du nur am Herd in der Asche, zu anderem bist du
nicht da.«
Kurze Zeit verging, da riefen die Herolde wieder
aus: »Was der erste Held war, der soll zum Zaren
kommen und sich die älteste Zarentochter nehmen.«
Da sagte der Grindskopf zu seinem ältesten Bruder:
»Bruder, ich habe was gefunden, möchtest du, daß ich
dir es gebe?« – »Was, du Grindskopf,« antwortete
der, »du willst was gefunden haben? Wohin bist du
aus dem Hause gegangen, daß du etwas finden konntest?
« – »Was geht dich das an?« fuhr der Grindskopf
fort, »kann ich dir nicht etwas geben, was ich gefunden
habe?« – »Na, da gib her, laß sehen, was du gefunden
hast.« – Darauf zog der Grindskopf den Apfel
heraus, den ihm die älteste Zarentochter zugeworfen
hatte, und gab ihn seinem Bruder. Der ging zum
Zaren und bekam die älteste Zarentochter zur Frau.
Der Zar aber gab ihm zugleich mit der Tochter auch
einen besonderen Palast.
Nach einiger Zeit riefen wieder die Herolde aus:
»Was der zweite Held war, der über die Gräben
sprang, der soll kommen und sich die zweite Zarentochter
nehmen.« Da sagte wieder der Grindskopf zu
seinem zweiten Bruder: »Bruder, möchtest du, daß
ich dir etwas gebe, was ich gefunden habe?« – »Na,
du Grindskopf, kannst du etwas hier gefunden haben,
in der Asche?« – »Was geht das dich an?« fuhr der
Grindskopf fort, »kann ich dir nicht etwas geben?« –
»Na, so gib, laß sehen, was du gefunden hast.« – Da
zog der Grindskopf den Apfel der zweiten Zarentochter
heraus und gab ihn seinem Bruder. Der nahm ihn,
ging zum Zaren und heiratete dessen zweite Tochter.
Der Zar aber gab ihm mit der Tochter auch einen besonderen
Palast.
Zuletzt, wieder nach einiger Zeit, riefen die Herolde
aus: »Was der letzte Held war, der über die Gräben
sprang, der soll kommen und sich die jüngste Zarentochter
nehmen.« Da ging der Grindskopf mit dem
Rindsmagen auf dem Kopf und dem Apfel der jüngsten
Zarentochter zum Zaren, um sich die versprochene
Braut, die Zarentochter, zu holen. Als aber der
Zar ihn in dem Zustande sah, mit dem Rindsmagen
auf dem Kopfe, wollte er sie ihm nicht geben: »Soll
ich meine Tochter einem Grindigen geben?« Die
Tochter aber sagte zu ihrem Vater: »I, Vater! der war
mir zugedacht, den will ich nehmen.« – »Nein,« fuhr
der Zar fort, »das darf nicht geschehen.« – »Der war
mir vom Schicksal bestimmt,« sagte sie weiter, »den
wünsche ich mir, den will ich nehmen und will keinen
andern.« Da gab sich der Zar, ihr Vater, zufrieden und
sagte: »Nun, wenn du ihn willst, nimm ihn dir.«