Название | Bauern, Bonzen und Bomben |
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Автор произведения | Ханс Фаллада |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783752994957 |
»Wenn einer ...« beginnt Henning und besinnt sich. Dann langsam, direkt zu Thiel: »Sagen wir mal, du packtest so um acht dein Köfferchen und tippeltest los im Halbdunkel. Und kämst in die Nähe von diesem Perdauzke-Perduzke-Perdummske. Und rissest aus wie Schafleder. Und ließest dich verhaften. Und sagen wir, morgen geständest du. Und sagtest, dein Komplice, das wäre, nun, der Bilderidiot von der Chronik und bliebest dabei bis zum Montag ...«
Alle sehen auf Thiel, der zögernd sagt: »Na, ich weiß nicht ... Ich schlittere hier so rein ... Wissen Sie, ich kenne mich nicht so recht aus ... Bin ich der Affe eigentlich, der die Kastanien aus dem Feuer holt?«
»Ich will Ihnen was sagen«, fängt Henning wieder an. »Ich habe einen Freund, den Strafanstaltshilfswachtmeister Gruen in Altholm. Der ist halb verdreht, dem kann nie was passieren. Und wenn der nun mal so eine Leiter an der Gefängnismauer stehenläßt? Und dann sind da die Fischer in Stolpermünde. Und nach der Insel Möen segelt man bei gutem Wind höchstens sechs, sieben Stunden. Und Möen ist Dänemark. Und die Bombe politisch.«
Plötzlich ganz rasch: »Sagen Sie: Ja!«
Thiel steht unschlüssig, verlegen: »Nein, ich möchte doch lieber nicht ... Sehen Sie, meine Eltern ... Und warum soll ich den Tredup in die Pfanne hauen? Das ist doch auch nur so ein armes Aas ...«
Padberg sagt: »Na, jedenfalls sind noch zwei Stunden bis zum Dunkelwerden. Bis dahin können wir uns das ja überlegen. Gehen wir jetzt wieder in die Stube und besprechen die Demonstration? Tausend Bauern kommen sicher.«
»Dreitausend.«
4
Morgens, gegen halb zehn, zehn Uhr, wenn Stuff die Politik und den Spiegel seiner Zeitung gemacht hat, geht er auf die Jagd nach lokalen Neuigkeiten.
Auf seinen immer schmerzenden Plattfüßen trabt er, ein kleines unförmiges Walross, den Burstah entlang, sieht, durch seine Klemmergläser blinzelnd, jede Veränderung bis zum neuen Firmenschild, spricht Bekannte an, wird angesprochen, und bleibt stehen, Notizen machend.
Altholm hat 40 000 Einwohner, und drei, mindestens zweieinhalb Spalten »Lokales« muß er bringen, dazu zwingt ihn schon die Konkurrenz. Und eine Zeile in seinen Spalten ist lang, die Chronik bricht noch dreispaltig um.
Ist Stuff den Burstah hinunter, so kommt er auf den Marktplatz, einen langen, mit zwei Alleen gezierten Ort. Kriegerdenkmal 1870/71, Post, Bedürfnisanstalt und das Rathaus liegen daran.
Es ist zehn und schon verdammt heiß, als er an diesem Julivormittag das Rathaus betritt. Stuff trieft. Zum soundsovielten Male beschließt er, von jetzt an zweimal wöchentlich frische Socken anzuziehen. Die Füße brennen vor Schweiß. »Und waschen tu ich sie jetzt auch einmal.«
Stuff klopft kurz und tritt in die Rathauswache, durch die Tür »Eintritt verboten«. Es ist der Ruheraum der Stadtsoldaten. (Altholm hat keine Schupo, hat städtische Polizei.) Ein paar Beamte aalen sich auf ihren Pritschen und begrüßen Stuff mit dem Zuruf: »Na, Männe, gibst du einen aus?«
»Ihr mir! Was gibt's Neues?«
»Neues? Einen Berg. Aber erst ...«
»Maurer, ich habe euch neulich erst eine Lage bezahlt! Was glaubt ihr denn, wie der Wenk seinen Daumen auf die Kasse hält? Wenn ich im Monat zwanzig Mark Spesen habe, fällt er in Ohnmacht.«
»Wendest du dich an Schabbelt!«
»Schabbelt? Ich höre immer Schabbelt. Wer ist Schabbelt?«
»Witz! Was ist mit dem Chef?«
»Glaubst du, ich habe den gesehen seit Mai?«
»Sollte auf seine Frau mehr aufpassen. Vorgestern hat sie am hellen Tage gesungen auf dem Burstah. Man kann's bald nicht mehr übersehen.«
»Die säuft sich auch noch zu Tode.«
»Schade um so 'ne Frau.«
»Na, wir sterben alle einmal, so oder so. Und totgesoffen ist besser als totgehungert.«
»Deine Ansicht. – Also, was gibt es Neues?«
»Mensch, Männe, wie sollen wir das wissen? Frag drinnen in der Wachstube den Maak. Der sieht im Buch nach.«
»Ist der Rote nicht um den Strich?«
»Herr Polizeioberinspektor Frerksen ist bei seiner roten Herrlichkeit, Herrn Bürgermeister Gareis. Die Luft ist rein. Der Perduzke ist auch oben. Die brüten was.«
»Also los! – Tjüs derweilen. Wir trinken bald einen zusammen.«
»Vergiß dein Wort nicht, Männe.«
»Neues?« knurrt Maak. »Weiß nichts. Will mal im Wachtbuch nachsehen. Und, ach ja, Männe, eh ich das vergesse. In Stettin ist doch so ein Schulkurs für uns. Kannst ja mal anfragen unter ›Eingesandt‹, warum da nur Herren mit dem Parteibuch hingeschickt sind? Wir andern dürfen Dienst machen und sind Neese.«
»Wird gemacht. Hilft zwar nichts, ärgert aber doch. Also los, daß der Rote nicht kommt.«
»Schreib zu, ein Autozusammenstoß. Die alte Gefahrenecke. Das Nähere kann dir Soldin erzählen, der war dabei. Dann heute nacht wieder mal Schlägerei im Bananenkeller, wir waren mit sechs Mann da. Sprich mit dem Wirt, der inseriert ja wohl, daß du nichts schreibst, was ihn ärgert. Und ein Kinderwagen mit Kind gefunden. Na, weißt du ...«
Die Tür geht auf. Beide fahren herum. Herr Polizeioberinspektor Frerksen steht in der Tür.
»Stuff! Stuff! ich habe dich mindestens ein dutzendmal gebeten, die Nachrichten von mir und nicht von den Subalternbeamten zu holen!«
»Und wenn ich komme, hast du keine Zeit.«
»Es ist für deine Leser vollkommen unwichtig, ob sie die Sachen einen Tag früher oder später erfahren.«
»Das verstehst du nicht.«
»Jedenfalls ersuche ich dich, den Wachtraum sofort zu verlassen und nicht wieder zu betreten. – Sie, Maak, werde ich Herrn Bürgermeister melden.«
»Ich habe Herrn Stuff nichts gesagt!«
»Er hat mich an dich verwiesen.«
»Selbstverständlich, die Chronik verrät ihre Gewährsleute nicht. Sollte bei ihren Angestellten lieber ein bißchen auf Sauberkeit ...«
»Frerksen, ich verbitte mir!«
»Erledigt! Also, du verläßt sofort die Wachtstube.« Und die Tür schließt sich hinter dem Polizeioberinspektor.
Stuff tobt los: »Das Schwein! Die eingebildete Sau! Der Bengel hat bei mir das Fußballspielen gelernt! Diese stakige Schreiberseele, seine Brille schlage ich ihm kaputt!«
Und Maak: »Da siehst du mal wieder! Ich habe meinen Wischer weg.«
»Aber ich besorge es dir, Freundchen, warte nur! Du kommst mir auch mal. Kein Mensch mag diesen eingebildeten Laffen leiden. Dem ist das zu Kopf gestiegen, daß er vom Schreiber zum Oberinspektor raufgefallen ist.«
»Männe, es ist besser, du gehst jetzt. Ich fresse die Suppe nachher aus.«
»Ja, ich gehe schon, Maak. Aber warte, dem besorgen wir's.«
Eine Treppe höher, vor der Tür zur Kriminalpolizei: »Hier müßte er mich noch mal erwischen, dann wäre erst der Topp entzwei. – Na, egal, meine Nachrichten muß ich haben. – Guten Morgen, die Herren Kriminalisten! Nun, warum strahlst du so, Perduzke?«
Perduzke strahlt schon nicht mehr und sein wie seiner Kollegen »Guten Morgen« klingt kühl.
Stuff zieht sich einen Stuhl an den Tisch und greift nach einem Bündel Akten.
Eine Hand hält es fest.
»Nanu, was habt ihr denn heute? Ihr seid wohl von euerm Chef angesteckt?«
»Wieso