Teufels Träume. Jasmin Salfinger

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Название Teufels Träume
Автор произведения Jasmin Salfinger
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783752933116



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oder hörte sie ein zischelndes Geräusch in der Dunkelheit. Es wurde immer lauter, bis es sich zu flüsternden Stimmen entfachte. Ihr Arm bewegte sich plötzlich wie von selbst. Sie streckte ihren noch immer blutigen Zeigefinger aus und je näher sie dem Schädel kam desto mehr dröhnten ihr die Ohren. Sanft strich sie die Linie des Mondlichtes nach, befühlte die glatte Oberfläche des Schädels. Sie hinterließ eine dünne rote schlierige Spur und plötzlich waren die Stimmen verstummt.

      Emilia kam wieder zur Besinnung und zog rasch die Hand weg. Entgeistert starrte sie auf ihre Finger; wieso hatte sie das getan? Etwas in ihr meldete sich: Raus hier. RAUS HIER! Brüllten alle ihre Sinne. Die Schatten schienen auf einmal alle nach ihr zu greifen. Mit ihren klauenartigen Armen reckten sie sich nach ihr und wollte sie zurück ziehen in die Finsternis. Sie sah es zwar nicht, aber sie wusste, dass da etwas war vor dem sie fliehen musste! So schnell wie möglich!

      Sie hastete in wilder Raserei dem Licht entgegen. Blind links stolperte sie über Geröll und Gestein, schabte sich an Mauern die Arme auf und floh. Weg von dem Grauen, dass ihr an den Fersen hing und sie immer weitertrieb. Sie lief zu einem mit Brettern vernageltem Ausgang durch deren Spalten das Mondlicht drang. Sie schmiss sich einfach dagegen, das morsche Holz gab nach und sie barste ins Freie hinaus. Die kühle Nachtluft schlug ihr entgegen und ihr Verfolgungswahn jagte sie durch den Garten. Äste und Gebüsch zerkratzten ihr das Gesicht. Ranken und Flechten knickten ihre Knöchel und sie stürzte in einen Teich. Es musste grotesk aussehen; ein Mädchen, das in einem durchnässten Ballkleid durch den Wald hetzte. Der Garten spuckte sie bei dem hohen Haupttor des Morelli-Anwesens aus. Das eiserne Tor sprang wie von Zauberhand auf als sie darauf zu stürmte. Abrupt hielt sie inne. Als sie über die Schwelle des Anwesens hinaustrat, fiel die Panik einfach von ihr ab.

      Sie stützte für einen Moment die Hände auf den Knien ab und holte schwer Luft. Sie wischte sich mit dem Handrücken die schweigetränkten Haare aus der Stirn. Was zum Teufel ging hier vor?

      Ein paar Autos fuhren vorbei und die ruhigen Geräusche der Nacht umfingen sie und beruhigten ihren Herzschlag.

      Die Sammlungsphase war ihr jedoch nur kurz gegönnt. Das donnernde Motorengeräusch und die Vibration unter ihren Füßen kündigten neues Unheil an. Emilia konnte das kegelförmige Licht gerade rechtzeitig erspähen um sich haarscharf von der Straße zu retten.

      Ein Motorrad schoss mit der Geschwindigkeit einer Feuerwaffe an ihr vorbei. Es raste auf die Gegenfahrbahn und kollidierte mit einem anderen Auto. Wie ein Spielzeug umschlug sich das Motorrad, während der andere Fahrer panisch einfach davonfuhr. Das Motorrad krachte an einen Baum. Maschinenteile segelten durch die Luft und schließlich kam es zur Ruhe.

      Emilias Herz hatte ausgesetzt. Sie stand einfach nur da und sah zu wie ein Reifen des Motorrades an ihr vorbeirollte. Dann handelte Emilia aus reinen Impulsen heraus. Das Adrenalin floss wieder und füllte ihre Ohren mit Rauschen. Sie gelangte bei dem Motorrad an ehe sie sich bewusst war, dass sie über die Straße gerannt war. Es rauchte schwarz und Emilia konnte Benzin riechen. Kein gutes Zeichen. Schnell versuchte sie auszumachen ob der Fahrer noch lebte bzw. ob sie ihm noch helfen konnte. Sie fand ihn; der schwarze Helm lugte unter seiner Maschine hervor. Er war zwischen der Maschine und dem Baum eingeklemmt. Blut konnte sie keines erkennen, dafür sah sie aber wie sich seine Brust hob und senkte. Er lebte! Schnell ging sie um die Maschine herum. Sie musste ihn hervor zerren bevor das ganze Ding in die Luft flog. Man sollte Unfallopfer wegen eventueller innerer Verletzungen nicht bewegen, aber es war vermutlich auch nicht förderlich für seine Gesundheit in tausend Einzelteile zerfetzt zu werden.

      Sie packte ihn an den Schultern und zog, doch sein Bein klemmte fest und sie bekam es nicht los. Komm schon! Fluchte sie innerlich, das musste schneller gehen. Sie fand einen Stock, schob ihn unter die Maschine und presste mit aller Kraft dagegen. Sie konnte das Motorrad zwar nicht wirklich anheben, doch es verrutschte leicht. Das war genug, sie konnte den Fahrer unter dem Motorrad hervorziehen. Es war zwar unmenschlich anstrengend, aber es ging. Sie schleifte ihn so weit wie sie konnte, bis sie am Rande der Straße neben einem Baum zusammenklappte. Sie lehnte den Fahrer gegen den Baum und fühlte seinen Puls. Sie klappte den Schutz seines Helmes auf um zu sehen ob er irgendwelche Verletzungen im Gesicht erlitten hatte. Sie traute sich nicht seinen Helm ganz abzunehmen, falls er eine Gehirnerschütterung oder so hatte. Plötzlich stöhnte der Kerl, krümmte den Bauch und erlangte wieder das Bewusstsein.

      „Kannst du mich hören? Bist du verletzt?“ fragte Emilia eindringlich.

      Ein sehr kaltes, schwarzes Augenpaar sah sie an.

      „Du?“ krächzte der Fahrer. Er blickte zurück und sah sein demoliertes Motorrad.

      „Aber… aber warum hast du mich gerettet?“ fragte er mit kratziger Stimme. Emilia wusste nicht wieso aber er spie ihr diese Frage aggressiv ins Gesicht.

      „Ich… Das hätte jeder getan!“ sagte sie verdattert.

      Mit einer ohrenbetäubenden Wucht explodierte das Motorrad und beide fuhren hoch. Dann wandte er ihr wieder den Blick zu. Er stierte sie immer noch bösartig an, dann bekamen seine harten Augen einen anderen Ausdruck.

      „Ich schulde dir was.“ Sagte er mit Grabesstimme, während die Hitze der Flammen, selbst bei der Entfernung, über ihre Gesichter leckte.

      „Was? Nein…das war doch-“

      Sirenengeheul schnitt ihr das Wort ab. man hatten den Unfall bemerkt. Der Junge sprang auf und wollte anscheinend verschwinden.

      „Wo willst du hin? Du musst ins Krankenhaus!“ sagte Emilia und packte ihn am Arm.

      Er sah sie abschätzig an. „Mir geht es gut und ich werde nicht auf die Polizei warten.“ Dann riss er sich ruckartig los und war einfach auf und davon.

      Emilia hatte noch nie ein so undankbares Unfallopfer erlebt! Er sollte sich glücklich schätzen, dass er noch lebte. Sie ging einer Begegnung mit der Polizei aber lieber auch aus dem Weg. Sie hatte keine Lust in Erklärungsnot zu geraten und irgendwie auf das Thema Drogen zu sprechen zu kommen. Letztendlich hatte das dafür gesorgt, dass sie hier gelandet war. Dieser Teil der Straße hier war aber relativ weit weg vom Schlag. Zu den nächsten Siedlungen dauert es beinahe einundeinhalb Stunden zu Fuß. Man musste die vielen Hektar des Anwesens umgehen. Der einzige schnelle Weg, war der den sie genommen hatte; eben durch das Anwesen. Emilia hatte nicht vor, in ihrem Leben jemals wieder auch nur einen Fuß auf dieses Anwesen zu setzten. Also machte sie sich auf den Weg und betete inständig, dass ein Taxi ihren Weg kreuzen möge.

      Schwarzer Sommer

      Weich, kuschelig und warm. Fast etwas zu warm, schon beinahe unangenehm. Etwas Staub wirbelte gut sichtbar durch die hereinfallenden Sonnenstrahlen. Emilia war am Rande des Erwachens. In der Phase in der man sich nicht sicher ist ob man träumt oder schon wach ist. Ein seltsamer Traum hing ihren Gedanken nach. Sie war durch einen zauberhaften Garten geflogen und hatte in furchtbar dunkle Augen geblickt. So dunkel wie die Nacht. Es war wie eine Erinnerung die langsam verblasste oder wie Wasser das man mit bloßen Händen auffangen wollte. Sie versuchte den Traum festzuhalten. Sie hatte so ein Gefühl, dass der Traum beängstigend, zugleich aber auch wahnsinnig aufregend und... schön war. Ihr Hals kratzte furchtbar und schmerzte. Er kratzte sosehr dass sich ihr Traum beinahe in einen Alptraum verwandelt, mit Nadeln, die ihr in die Kehle stachen und sie erstickten.

      „EMILIA! Komm runter Schatz, du hast Besuch!“

      Die Worte schossen zu ihr durch und wie auf Kommando riss es sie aus dem Schlaf. Verwirrt warf sie einen Blick auf die Uhr, es war elf Uhr vormittags. Sie hatte ziemlich lang geschlafen. Sie lag im Himmelbett in ihrem großen, hellen Zimmer. Weiße Möbel mit pastellfarbenen Akzenten zierten ihr Reich. Sie wollte sich richtig aufsetzten, als sie dieser furchtbare Halsschmerz durchfuhr, der in einem Hustenanfall endete. Die Erinnerung an letzte Nacht kam nach und nach zurück. Mels Dummheiten ärgerte Emilia, gleichzeitig sorgte sie sich um den Rotschopf. Moment mal..., wie war sie nach Hause gekommen? Verwirrt runzelte sie die Stirn. Die Morelli Villa! Nein, das musste ein Traum gewesen sein! Oder? Ok, erst war sie auf dem Debütanten Ball, dann auf Mels Party,