12 Jahre als Sklave. Solomon Northup

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Название 12 Jahre als Sklave
Автор произведения Solomon Northup
Жанр Документальная литература
Серия
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783847676683



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zu dem, was dann folgen würde. Er schwor, dass er mich entweder unterwerfen oder umbringen würde. Mit diesen tröstlichen Worten wurden die Fesseln von meinen Handgelenken genommen, doch meine Füße blieben am Ring befestigt; der Laden an dem kleinen vergitterten Fenster, der geöffnet worden war, wurde wieder geschlossen, und nachdem sie hinausgingen und die große Tür hinter sich schlossen, war ich wie zuvor wieder allein in der Dunkelheit.

      Nach einer Stunde, vielleicht zwei, sprang mir das Herz in die Kehle, als der Schlüssel erneut im Schloss klapperte. Ich, der ich so allein gewesen war, und der sich so inbrünstig danach gesehnt hatte, jemanden zu sehen, gleichgültig wen, erschauerte nun bei dem Gedanken, dass sich ein Mensch näherte. Ein menschliches Gesicht war furchterregend für mich, besonders ein weißes. Radburn trat ein, und brachte auf einem Blechteller ein Stück verschrumpeltes gebratenes Schwein, eine Scheibe Brot und einen Becher Wasser. Er fragte mich, wie ich mich fühlte, und merkte an, ich hätte eine ziemlich heftige Tracht Prügel bekommen. Er machte mir Vorhaltungen bezüglich der Schicklichkeit, auf meiner Freiheit zu beharren. In einer recht gönnerhaften und vertraulichen Manier gab er mir den Rat, dass je weniger ich zu diesem Thema sagte, desto besser es für mich wäre. Der Mann versuchte offenkundig freundlich zu erscheinen – ob ihn nun der Anblick meines erbarmungswürdigen Zustands anrührte oder mit der Absicht, jede weitere Bekundung meiner Rechte auf meiner Seite verstummen zu lassen, darüber ist es jetzt nicht nötig, zu spekulieren. Er schloss die Fesseln an meinen Fußgelenken auf, öffnete die Läden des kleinen Fensters und ging, mich wieder alleine zurücklassend.

      Mittlerweile war ich steif und wund; mein Körper war mit Blasen übersät, und ich konnte mich nur unter großen Schmerzen und Schwierigkeiten bewegen. Aus dem Fenster konnte ich nichts sehen außer dem Dach, das auf der Mauer gegenüber auflag. Bei Nacht legte ich mich auf den feuchten, harten Boden, ohne ein Kissen oder irgendeine Art von Decke. Pünktlich kam Radburn zweimal am Tag herein, mit seinem Schwein und Brot und Wasser. Ich besaß nur wenig Appetit, auch wenn ich von ständigem Durst gequält wurde. Meine Wunden erlaubten mir nicht länger als ein paar Minuten in der gleichen Position zu verharren; und so verbrachte ich die Tage und Nächte sitzend oder stehend oder langsam im Kreise gehend. Ich war tiefbetrübt und entmutigt. Gedanken an meine Familie, an meine Frau und meine Kinder nahmen meinen Geist ständig in Besitz. Wenn mich der Schlaf übermannte, träumte ich von ihnen – träumte, ich wäre wieder in Saratoga – dass ich ihre Gesichter sehen könnte, und ihre Stimmen hörte, die mich riefen. Wenn ich nach den erfreulichen Trugbildern des Schlafes wieder in der bitteren Realität um mich herum erwachte, konnte ich nur noch stöhnen und weinen. Immer noch war mein Geist nicht gebrochen. Ich frönte der Erwartung meiner Flucht, und dies recht zügig. Es war unmöglich, so mein Gedankengang, dass Menschen so ungerecht sein konnten, mich als Sklaven zu halten, wenn die Wahrheit meines Falles bekannt wurde. Burch würde mich sicherlich gehen lassen, wenn er sich vergewissert hatte, dass ich kein flüchtiger Sklave aus Georgia war. Auch wenn ich nicht selten Argwohn gegenüber Brown und Hamilton hegte, konnte ich mich nicht mit der Vorstellung vertraut machen, sie wären mitschuldig an meiner Gefangenschaft. Sicherlich würden sie mich suchen – sie würden mich aus der Knechtschaft erretten. Ach! Damals hatte ich noch nicht das Ausmaß der „Unmenschlichkeit des Menschen gegenüber dem Menschen“ gelernt, noch zu welch grenzenlosem Ausmaß an Bosheit er für seine Gewinnsucht fähig ist.

      Nach einigen Tagen wurde die äußere Tür aufgesperrt, was mir die Freiheit verschaffte, den Garten aufzusuchen. Dort traf ich drei Sklaven an – einer von ihnen ein Junge von zehn Jahren, die anderen junge Männer von etwa zwanzig und fünfundzwanzig. Ich brauchte nicht lange, um mich mit ihnen bekannt zu machen und ihre Namen herauszufinden sowie die Einzelheiten ihrer Geschichte.

      Der Älteste war ein farbiger Mann namens Clemens Ray. Er hatte in Washington gelebt, hatte eine Droschke gefahren und lange Zeit in einem Mietstall gearbeitet. Er war sehr intelligent und verstand seine Lage genau. Der Gedanke, nach Süden zu gehen überwältigte ihn mit Kummer. Burch hatte ihn einige Tage zuvor gekauft und ihn hier untergebracht, bis er bereit war, ihn zum Markt in New Orleans zu schicken. Von ihm erfuhr ich zum ersten Mal, dass ich in Williams’ Sklavenpferch war, ein Ort, von dem ich nie zuvor gehört hatte. Er beschrieb mir die Verwendungen, für die er angelegt war. Ich wiederholte für ihn die Einzelheiten meiner unglücklichen Geschichte, doch er konnte mir nur durch sein Mitgefühl Trost schenken. Er riet mir ebenfalls, von nun an hinsichtlich des Themas meiner Freiheit zu schweigen, denn da er den Charakter Burchs kannte, versicherte er mir, dass er nur mit einem erneuten Auspeitschen aufwarten würde. Der Nächstälteste hieß John Williams. Er war in Virginia aufgewachsen, nicht weit von Washington. Burch hatte ihn als Begleichung einer Schuld angenommen, und John hegte die beständige Hoffnung, dass ihn sein Herr zurückkaufen würde – eine Hoffnung, die sich im Nachfolgenden bewahrheitete. Der Junge war ein aufgewecktes Kind und hörte auf den Namen Randall. Die meiste Zeit spielte er im Hof, doch gelegentlich begann er zu weinen, rief nach seiner Mutter und fragte sich, wann sie kommen würde. Die Abwesenheit seiner Mutter schien die größte und einzige Sorge in seinem kleinen Herzen zu sein. Er war zu jung, um sich über seine Lage im Klaren zu sein, und wenn ihm nicht gerade die Erinnerung an seine Mutter durch den Sinn ging, amüsierte er uns mit seinen freundlichen Streichen.

      Des Nachts schliefen Ray, William und der Junge auf dem Dachboden des Schuppens, während ich in der Zelle eingesperrt war. Schließlich wurden uns Decken zur Verfügung gestellt, wie sie auch auf Pferden Verwendung finden – das einzige Bettzeug, das mir in den nachfolgenden zwölf Jahren erlaubt war zu besitzen. Ray und Williams stellten mir viele Fragen über New York – wie man farbige Leute dort behandelte; wie sie denn ein eigenes Zuhause und Familien besitzen konnten, ohne dass sie jemand störte und unterdrückte; und ganz besonders Ray sehnte sich dauernd stöhnend nach Freiheit. Solche Unterhaltungen fanden jedoch nie in Hörweite von Burch oder dem Wärter Radburn statt. Bestrebungen wie diese hätten die Peitsche auf unsere Rücken niedergehen lassen.

      Es ist nötig, dass ich in diesem Bericht von wohlbekannten Orten und noch lebenden Menschen spreche, damit ich eine vollständige und wahrheitsgetreue Aussage aller wichtigen Ereignisse in meinem Leben machen kann und um die Einrichtung der Sklaverei so darzustellen, wie ich sie gesehen und erlebt habe. Ich bin und war immer schon in Washington und dem dortigen Umland völlig fremd – kannte außer Burch und Radburn keinen Menschen dort, außer was ich über meine versklavten Gefährten erfahren habe. Wenn das, was ich sagen will nicht stimmt, so kann dem leicht widersprochen werden.

      Ich blieb zwei Wochen lang in Williams’ Sklavenpferch. In der Nacht vor meiner Abreise wurde eine Frau hereingebracht, die bitterlich weinte und ein kleines Kind an der Hand führte. Es waren Randalls Mutter und Halbschwester. Als er ihnen begegnete, war er hocherfreut, klammerte sich an ihr Kleid, küsste das Kind und zeigte sein Vergnügen auf jede vorstellbare Weise. Die Mutter nahm ihn ebenfalls in die Arme, drückte ihn innig und blickte ihn liebevoll durch ihre Tränen an, ihn bei so manchem zärtlichen Namen nennend.

      Emily, ihr Kind, war sieben oder acht Jahre alt, besaß einen hellen Teint und ein Gesicht von bewundernswerter Schönheit. Ihr Haar fiel ihr in Locken auf die Schultern, während der Stil und die Kostbarkeit ihres Kleides sowie die Ordentlichkeit ihrer ganzen Erscheinung darauf hindeuteten, dass sie inmitten von Wohlstand aufgewachsen war. Sie war in der Tat ein liebenswertes Kind. Die Frau war gleichfalls in Seide gekleidet, mit Ringen an ihren Fingern und goldenen Schmuckstücken, die von ihren Ohren hingen. Ihre Haltung und ihr Benehmen, die Korrektheit und Angemessenheit ihrer Sprache – all dies zeigte offensichtlich, dass sie einige Zeit über der gewöhnlichen Stufe eines Sklaven gestanden hatte. Was dies betrifft, schien auch sie erstaunt zu sein, sich an einem solchen Ort wiederzufinden. Es war offensichtlich eine plötzliche und unerwartete Wendung des Schicksals, die sie hierher gebracht hatte. Während sie die Luft mit ihren Klagen erfüllte, wurde sie zusammen mit den Kindern und mir in die Zelle gedrängt. Die Sprache kann nur einen unzureichenden Eindruck von dem Wehklagen vermitteln, das sie unablässig äußerte. Sich auf den Boden werfend und die Kinder mit den Armen umfassend, strömten aus ihr so anrührende Worte, wie sie nur mütterliche Liebe und Güte nahelegen kann. Sie kuschelten sich eng an sie, als gäbe es nur dort irgendeine Sicherheit oder Schutz. Schließlich schliefen sie ein, die Köpfe auf dem Schoß der Mutter ruhend. Während sie schliefen, strich sie ihnen die Haare aus ihren kleinen Stirnen und sprach die ganze Nacht zu ihnen. Sie nannte sie ihre