Alexanders letzter Traum. Heinz-Joachim Simon

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Название Alexanders letzter Traum
Автор произведения Heinz-Joachim Simon
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783862826650



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General. Irgendwann muss er dir doch sagen, was er vorhat“, fuhr Myros fort.

      „Er wird es mir sagen, wenn er die Zeit für gekommen hält. Alexander ist nicht nur unser König, sondern der Hegemon Griechenlands. Er wurde dazu ernannt, um den Griechen in Asien Freiheit und Demokratie zurückzubringen und die Perser zu bestrafen. Er hat also vieles zu bedenken. Wenn er doch nur mehr auf die Gefährten Philipps hören würde. Sein Vater legte den Grundstein für unsere Stärke. Ihn sollte er sich zum Vorbild nehmen und nicht mythische Helden.“ Parmenions Gesicht war ganz ruhig, fast traurig.

      „Dann trinken wir auf den Sohn Philipps“, rief Myros und schwenkte seinen Becher.

      „Ich denke, er wurde von einer Schlange gezeugt in der Nacht, als der Tempel zu Ephesos abbrannte“, rief Narbengesicht dazwischen.

      „Du bringst alles durcheinander. Als er geboren wurde, brannte der Tempel zu Ephesos“, wies ihn Myros zurecht.

      „Ist doch egal“, erwiderte Narbengesicht. „Jedenfalls soll ein ägyptischer Gott in Gestalt einer Schlange in den Schoß der Olympias gekrochen sein. Dabei hat doch jeder von uns so eine Schlange.“ Narbengesicht sah anzüglich grinsend an sich herunter.

      Dies waren noch die harmlosen Lästereien und als wären nun alle Dämme gebrochen, stellten sie Alexander als knabenliebendes Jüngelchen hin. Nein, so rüde sagten sie es nicht. Sie lobten seine Schönheit und stellten dagegen, was Philipp für ein Kerl und Weiberheld gewesen sei.

      Attalos und ich sahen uns an, als wären wir unter die Räuber geraten. Die Umgebung des Königs gewohnt, kannten wir nur Verehrung für Alexander. Wir wussten, dass er etwas Besonderes war. Die Kerle hier hätten sich nur ins Bewusstsein rufen müssen, dass er bei Chaironeia ein erstes Meisterstück abgeliefert hatte. Auch wie er die Illyrer und Thebaner zur Räson gebracht hatte, ließ nicht darauf schließen, dass er ein verwöhnter Männerliebhaber war. Aber für diese alten Veteranen des Philipp schien dies alles nicht zu zählen. Sie waren Alexander gegenüber voller Vorurteile. Ptolemaios hatte mir von den Philippischen erzählt, und nun wusste ich, was dies bedeutete. Sie warteten nur darauf, dass Alexander Fehler machte.

      „Alexander wird das tun, was ihm die Götter eingeben!“ schleuderte Attalos wütend und mit rotem Kopf in die Runde. „Und wir werden ihm gehorchen. Egal was er befiehlt.“

      „Welcher Gott? Etwa Amun?“ fragte Myros feindselig zurück und wiegte sich provokativ in den Hüften. „Ich brauche keine fremden Götter, und ein König der Makedonen sollte uns ein Vorbild sein und zu unseren Göttern beten. Er ist makedonischer und nicht griechischer oder gar ägyptischer König.“

      Alle stimmten ihm zu und Parmenion machte nun ein sorgenvolles Gesicht. Vielleicht weil er sich Gedanken machte, wie dieses Gerede bei uns ankam und was daraus entstehen konnte, wenn wir Alexander davon berichteten.

      „Hört auf“, wies er seine Leute endlich zurecht. „Was der König tut, ist recht getan. Wir sind Makedonen und gehorchen. Lykestes rief im Kronrat ‚Hoch lebe Alexander, Sohn des Philipp’ und daran haben wir uns zu halten.“

      „Aber was ist nun? Was passiert nach der großen Schlacht gegen Dareios?“ fragte Myros hartnäckig. Er sah dabei Attalos und mich herausfordernd an.

      „Was auch passiert, was Alexander auch verlangt, ich jedenfalls werde ihm folgen“, sagte Attalos mit leuchtenden Augen. Ich beeilte mich hinzuzufügen, dass ich genau so dachte.

      Es dauerte einen Moment, ehe sie sich davon erholten. Denn unsere Antworten waren echt makedonische Art und eigentlich hätten sie uns jetzt beipflichten müssen. Aber sie lächelten sich nur höhnisch zu. Parmenion erkannte die Gefahr und mischte sich wieder ein.

      „Attalos ist ein treuer Gefolgsmann des Königs wie wir auch.“

      Um die Diskussion abzuschließen, wandte er sich an seinen Nachbarn und fragte ihn, wie viel Reiter Spithdridates, der Hauptstatthalter von Lydien und Ionien, wohl aufbringen könne. Denn dieser und Arsites, der Vizekönig von Nordphrygien, waren die Oberbefehlshaber des persischen Heeres und nicht Memnon. Dass dies nur gut für uns war, erfuhren wir erst später. Er lenkte also gehörig ab und wir saßen wie Fremde unter Makedonen. Wir, die Gefährten Alexanders, waren anders als sie. Die Makedonen hier im Zelt waren alle vom gleichen Schlag wie mein Vater. Sicher kannten sie keinen einzigen Vers der Ilias. Sie tranken für meinen Geschmack auch zu viel und prahlten wie bockbeinige Satyrn.

      Attalos und ich waren froh, als uns Parmenion ins angrenzende Zelt winkte. Er übergab mir eine Papyrusrolle.

      „Auch für diesen Brief gilt, dass er auf keinen Fall den Persern in die Hände fallen darf. Solltest du in Gefahr geraten, vernichte ihn. Solltest du durchkommen, so berichte Alexander, dass ich ihm entgegen ziehe und an dem vorgeschlagenen Ort zur Stelle sein werde. Und sage ihm, dass sich westlich von Ephesos etwas zusammenbraut. Diesmal wird es kein kleines Scharmützel sein. Und damit über das Gerede vorhin kein Missverständnis aufkommt, wir alle sind dem König treu ergeben. Meine Leute sind etwas ungeschliffen und wenig höfisch, aber sie sind reines Gold.“

      Katzengold, dachte ich bei mir. Aber ich hatte nicht vor die Männer zu verpetzen, getreu dem Sprichwort, dass man den Verrat liebt, aber nie den Verräter. Und außerdem, nach dem Gesicht meines Vaters zu urteilen, hatte ich genug Ärger am Hals. Attalos schien dasselbe zu denken und verbeugte sich mit einem zustimmenden Lächeln.

      „Alle Makedonen sind dem König treu ergeben.“

      „So ist es“, sagte Parmenion erleichtert. „So ist es wirklich.“

      Ein bisschen viel Bestätigung, dachte ich.

      Als wir zu unserem Zelt gingen, fragte Attalos. „Was hältst du davon?“

      „Wir können nur hoffen, dass Alexander weiter siegt, so wie bei Chaironeia oder bei den Bergvölkern. Wenn es bei unseren Leuten schon Widerstand gibt, so geh mal davon aus, dass dieser bei den Griechen, vor allem bei den Athenern, noch wesentlich größer sein wird.“

      „Es hängt also alles davon ab, dass er siegt.“

      „Er muss der sein, der er zu sein glaubt.“

      „Was meinst du?“

      „Er muss das sein, was Olympias ihm andichtete… der Sohn eines Gottes. Er hat eine Menge Arbeit vor sich.“

      In dieser Nacht lag das Schwert griffbereit neben meinem Lager. Aber es geschah nichts.

      Wunschgemäß weckte man uns früh. Das Frühstück fiel etwas bescheiden aus, aber ein Feinschmecker war ich nie. Die Pferde, die uns Parmenion zur Verfügung stellte, erfreuten dagegen mein Reiterherz. Es waren baktrische Pferde. Klein, zottelig, schnell und ausdauernd. Keine Schönheiten, aber sehr zuverlässig. Als das Begleitkommando kam, verflog meine gute Laune Es war deren Kommandeur, der in mir die Wut hochsteigen ließ. Er schien auch nicht besonders erfreut zu sein, mir Begleitschutz geben zu müssen.

      „Na, Kröterich, wie man hört, hast du dich mächtig hochgeschleimt“, sagte Antiochios mit schiefem Lächeln.

      „Mach so weiter und ich melde deinem Hauptmann, dass du dich gegenüber einem Gefährten des Königs ungebührlich benommen hast!“

      Seine Miene glich daraufhin einer beleidigten Klapperschlange.

      Wir ritten also in Richtung Troja zurück und ich achtete darauf, dass mein Bruder nicht hinter mir ritt. Phokis blieb an seiner Seite und Antiochios wusste warum. Wir gaben ihm keine Möglichkeit, auf dumme Gedanken zu kommen. Ich tat so als wäre er Luft und unterhielt mich nur mit Attalos. Auch dieser gab sich keine Mühe Antiochios gegenüber freundlich zu sein und behandelte ihn sehr von oben herab. Es war kein angenehmer Ritt für meinen Bruder.

      Als wir durch den Ort kamen, in dem wir überfallen worden waren, war von dem Vorfall nichts mehr zu sehen. Diesmal war die Stadt voller Menschen. Es war ein Markttag. Wir fragten einen alten Mann hinter einem Obststand, was aus den Söldnern geworden war, aber dieser tat so, als würde er uns nicht verstehen. Mit anderen Dorfbewohnern hatten wir auch nicht mehr Glück. Sie taten alle so, als wüssten