Dialoge, Monologe, Interviews. Walter Rupp

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Название Dialoge, Monologe, Interviews
Автор произведения Walter Rupp
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783748587613



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Sie halten sich für erziehungsgeschädigt? Die heutigen Psychologen sprechen von einer ekklesiogenen Neurose. Was Sie Ihrem Vater hätten vorwerfen müssen, haben Sie der Kirche vorgeworfen.

      NIETZSCHE: Wenn Sie diesem bigotten religiösen Einfluss ausgesetzt gewesen wären, wären auch Sie krank geworden.

      DARWINIST: Gerade weil Sie selbst krank waren, ist nicht zu verstehen, warum Sie dafür waren, dass das Schwache zugrunde gehen soll?

      NIETZSCHE: Dabei dachte ich natürlich nicht an die großen Denker.

      DARWINIST: Als Sie vom Übermenschen sprachen, war das ernst gemeint?

      NIETZSCHE: Damals schon. Es war eine kühne Idee. Ich konnte unmöglich ahnen, dass sie gedankenlos übernommen wird?

      DARWINIST: Wie stellen Sie sich diesen Übermenschen vor: als Riesen, als Body-Bildner, als Multitalent oder als Genie?

      NIETZSCHE: Ja, was verstehe ich darunter? So konkret wollte das bisher keiner von mir wissen.

      DARWINIST: Die Natur des Menschen muss also ihrer Meinung nach verbessert werden?

      NIETZSCHE: Die Leistungsfähigkeit des menschlichen Gehirns ist, von uns Denkern einmal abgesehen, viel zu klein. Ich denke da an eine Steigerung in jeder Hinsicht.

      DARWINIST: Wollen Sie, dass die Germanen noch blonder und noch blauäugiger werden, Semiten eine längere Nase und Chinesen noch geschlitztere Augen haben?

      NIETZSCHE: Na und? Ich denke da an die Gehirnleistung eines Einsteins, an die Gemütsschwankungen eines Softie, die Konstitution eines Zehnkämpfers, die Willensstärke eines Napoleons und die Schönheit einer Monroe.

      DARWINIST: Und Sie fürchten nicht, das am Ende etwas anderes herauskommt: die Statur eines Napoleon, die Willensstärke eines Softie, die Schönheit eines Einstein und die Intelligenz einer Monroe?

      NIETZSCHE: Man wird da eben lange an den Naturgesetzen herumexperimentieren müssen.

      DARWINIST: Wenn es eines Tages Übermäuse oder Überschafe geben sollte, wird die Natur aus dem Gleichgewicht geraten.

      NIETZSCHE: Verlangen Sie von mir keine konkreten Antworten. Als Philosoph begnüge ich mich damit, zu denken. Alles andere ist Sache der Naturwissenschaftler, Genforscher oder Biologen.

      DARWINIST: Aber Sie können doch nicht nur spekulieren. Sie müssen doch auch Wege zeigen...

      NIETZSCHE: Nichts ist einfacher als das. Wenn aus irgendwelchen Gründen die Züchtung von Überkatzen oder Überwölfen nicht gelingen sollte, müssen eben die Übermäuse Katzen jagen und die Überschafe Wölfe reißen.

      DARWINIST: Das bedeutet, dass die Mäuse und die Schafe umgestaltet werden müssen.

      NIETZSCHE: Langsam begreifen Sie meine Gedankengänge. Das bedeutet, dass die Natur auch diese Tiere mit Krallen und einem Raubtiergebiss ausstatten muss.

      DARWINIST: Nach Ihren Vorstellungen wäre es auch möglich, dass eines Tages der Überaffe den Durchschnittsmenschen überragt.

      NIETZSCHE: Man wird da eben lange herumexperimentieren müssen, bis das gewünschte Ergebnis heraus kommt.

      Darwinist: Das hört sich so utopisch an.

      NIETZSCHE: Utopisch? Wir Denker eilen da zuweilen der Natur voraus. Dann muss eben die Natur versuchen, uns wieder einzuholen.

      DARWINIST: Bei so kühnen Gedankensprüngen wird sie allerdings mit dem Einholen Mühe haben. –

      SCHOPENHAUER – LEIBNIZ

      SCHOPENHAUER: Herr Kollege Leibniz, überzeugen Sie sich selbst: Die Welt ist schlecht, sehr schlecht sogar. *Reicht ihm seine Brille:

      LEIBNIZ: *Setzt die Brille auf: Aber lieber Schopenhauer, Sie übertreiben. Ich finde die Welt herrlich, wunderbar.

      SCHOPENHAUER: Sie werden doch zugeben...

      LEIBNIZ: Natürlich gibt es das eine oder andere...

      SCHOPENHAUER: Das eine oder andere? Sehen Sie ein Lebewesen, das nicht leidet? Oder auch nur einen Menschen, der zufrieden ist? Auch nur einen?

      LEIBNIZ: Was besagt das schon: Der Mensch war nie zufrieden und wird es nie sein. Er bringt es sogar fertig, sich über das Gute zu ärgern.

      SCHOPENHAUER: Sie Verharmlosungskünstler! So kann nur reden, wer den Bezug zur Wirklichkeit total verloren hat.

      LEIBNIZ: Ich sage ihnen: Die Welt ist gut, sie ist die beste aller Welten.

      SCHOPENHAUER: Aber, aber, aber... Sie belieben zu scherzen, Herr Kollege. Sie sollten Ihren Augenarzt aufsuchen!

      LEIBNIZ: Weshalb? Auch durch Ihre Brille kann ich die Welt nicht anders sehen.

      SCHOPENHAUER: Für mich ist sie die schlechteste aller Welten, …

      LEIBNIZ: weil Sie ein Talent zum Pessimismus haben. *Gibt die Brille zurück.

      SCHOPENHAUER: Und wo bekommt man Ihren Optimismus her? Wo kann man den erwerben?

      LEIBNIZ: Indem man statt auf die Mängel, auf das, was geglückt ist, schaut.

      SCHOPENHAUER: Wäre die Welt wirklich die beste aller Welten - wie Sie herausgefunden haben wollen - hätten wir den Himmel schon jetzt und hier.

      LEIBNIZ: Und wenn die Welt die schlechteste aller Welten wäre - wie Sie behaupten - wären wir schon jetzt in der Hölle. Bekanntlich lässt sich ja ein Superlativ nicht noch steigern: Noch schlechter als am schlechtesten kann etwas nicht sein. *Gibt ihm seine Brille: Sie sollten einmal durch meine Brille sehen.

      SCHOPENHAUER: Ich werde nie durch eine andere als durch meine Brille sehen.

      LEIBNIZ: Was fürchten Sie? Dass Sie dann Ihre Philosophie revidieren müssen?

      SCHOPENHAUER: Sie sollten meine Werke lesen! Ich habe darin ausführlich und überzeugend dargestellt, wie schlecht die Welt ist.

      LEIBNIZ: Schließen wir einen Kompromiss: Sie ist gut und schlecht zugleich, sowohl als auch! Verzichten wir auf den Superlativ!

      SCHOPENHAUER: Was? Ich soll künftig statt von der 'schlechtesten' nur noch von einer 'schlechten' Welt reden? Ich soll mich mit einem gedämpften Pessimismus zufrieden geben? Wollen Sie mein Lebenswerk zerstören?

      LEIBNIZ: Beruhigen Sie sich, Herr Kollege, es liegt mir fern...

      SCHOPENHAUER: Es wird Ihnen nicht gelingen, mich für Ihren Optimismus zu gewinnen!

      LEIBNIZ: Meinetwegen soll es eine pessimistische Philosophie geben, damit auch die Pessimisten glücklich werden können.

      SCHOPENHAUER: Sehen Sie vielleicht irgendwo da unten den 'besten' aller Menschen? Irgendwo?

      LEIBNIZ: Da muss ich Ihnen allerdings recht geben, den sehe ich nicht.

      SCHOPENHAUER: *Triumphierend: Also! –

      JEAN-JACQUES ROUSSEAU

      PÄDAGOGE: Vielleicht können Sie mir weiterhelfen, Herr Rousseau. Die Kinder wurden so unberechenbar. Man weiß gar nicht mehr...

      ROUSSEAU: