Dr. Patchwork und die Insekten. Gordon Goh

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Название Dr. Patchwork und die Insekten
Автор произведения Gordon Goh
Жанр Языкознание
Серия WarTimeSaga
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742795625



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mir über Menschlichkeit reden? Allein das Wort ist absurd. Weil ihr Menschen noch nicht einmal wisst, was ihr damit meint. Benutzt aber dieses willkürlich definierte Wort, um euch von den Tieren zu unterscheiden. Aber mit welcher Begründung? Das allein grenzt an Arroganz.«.

      »Wir sind doch keine Tiere. Wir Menschen haben ein Bewusstsein und ein Selbstbewusstsein. Das unterscheidet uns von den Tieren.« erklärt Kane.

      »Okay, Paps! Angesichts der Tatsache, dass Bewusstsein und Selbstbewusstsein bloß evolutionäre Schritte der Hominiden waren, was wäre, wenn eine andere Spezies die gleichen Eigenschaften entwickelt? So wie diese Ratte, die hier neben mir sitzt und die du erschaffen hast. Würdest du sie als Mensch bezeichnen?« argumentiert Adam.

      Kane antwortet mit erhobener Hand »Nein! Sie ist genetisch gesehen eine Ratte.«.

      »Aha!« kommentiert Adam »Jetzt ist Menschlichkeit plötzlich eine Frage der Genetik. Jetzt wo ich mit meinem Ivy-Beispiel dein Bewusstseinskriterium in Frage gestellt habe, geht es plötzlich darum, dass der Mensch ein phylogenetisch abgeschlossenes Taxon ist. Das ist jetzt natürlich sehr praktisch für dich. Und so machen das alle Menschen. Weißt du was? Ich glaube, ihr Menschen dreht und wendet euch die Definitionen des Wortes „Mensch“ nur ständig so, wie´s euch gerade in den Kram passt. Aber in Wirklichkeit wisst ihr gar nicht, was einen Menschen zum Menschen macht, weil ihr nie eine klare Definition festgelegt habt. Das Wort „Mensch“ ist dadurch vollkommen bedeutungslos. Merkt ihr das denn gar nicht? Bewusstsein oder Genom? Entscheidet euch mal endlich, ihr Wörterbuchschänder!«.

      Kane ergreift erneut mit erhobenem Finger das Wort »Ein Mensch hat sich evolutionär, so wie du es beschrieben hast, so weit entwickelt, dass er ein Bewusstsein und ein Selbstbewusstsein bekam. Das ist der evolutionäre Schritt, durch den er sich vom Tier unterscheidet.«.

      »Nein, Paps! Der Mensch kann sich nicht von den Tieren unterscheiden, weil er von den Tieren abstammt und sich ins Reich der Tiere einordnen muss.« erwidert Adam bevor er sich geduldaufbringend mit der Hand an die Schläfe reibt. Dann versucht Adam es erneut mit einem Funken Hoffnung »Okay, also wir sind uns einig, dass der Mensch ein Primat ist. Richtig?«.

      »Richtig!«

      »Primaten gehören in die Gruppe der Säugetiere. Richtig?«

      »Richtig, mein Sohn!«

      »Säugetiere sind, wie der Name schon sagt, Tiere!«

      »Du hast es erfasst!«

      »Dann muss doch logischerweise der Mensch zu den Tieren gehören. Oder?«

      »Nein, wir haben ein Bewusstsein und ein Selbstbewusstsein! Das haben Tiere nicht. Warum kapierst du das nicht?« erklärt Kane.

      In diesem Moment hat Adam Steinberg gerade jeden Funken Hoffnung für die Menschheit verloren. Er sitzt fassungslos mit aufgerissenen Augen da und sieht zu seinem Vater rüber, der seine pro menschliche Denkweise vertritt und ihr ohne irgendein Argument der Selbstverständlichkeit huldigt, dass sich der Mensch eindeutig von der Tierwelt erhebt, weil dieser vollkommen und nicht hinterfragbar sei.

      Adam gibt seinen Vater auf, greift zum nächsten halbvollen Bierkrug und bevor er diesen kippt, denn nach diesem Gespräch braucht Adam das, kommentiert er noch ein letztes mal »Okay, weißt du was? Vergiss es! Du kapierst es nicht, Daddy!«.

      »Komm schon! Warum kapierst du das nicht?« fragt Kane.

      Adam leert erst einmal das Glas, bevor er weiter redet »Okay, Paps! Beantworte mir einfach folgende Frage! Warum sollte das Bewusstsein ein Merkmal sein, das Tiere nicht haben können?«.

      »Die Regel hab ich nicht gemacht, mein Sohn!«

      »Und wer dann?« fragt Adam »Irgend so ein Bürgermeister aus Texas, der seinen christlichen Bewohnern Honig ums Maul geschmiert hat, damit diese an ihm besser kleben bleiben, wenn sie ihm den Arsch lecken?«.

      »Nein! Ich denke, Gott hat diese Regel gemacht!« antwortet sein Vater.

      Und wieder musste sich Adam ein Dogma anhören. Dann wurde er laut.

      »ACH, LECK MIR DOCH DIE EIER, DAD!«

      »WIRFST DU SONST WIEDER MIT GLÄSERN?«

      »NEIN, DAS IST EINE KNEIPE. HIER GIBT ES REGELN.«

       5

      Im gleichen Moment als Adam und Vater das wohl interessanteste Vater-Sohn-Gespräch seit der Gründung der Kolonie führen, nähert sich wutentbrannt auch Sinclair der MIR`s mit schwitzenden Achseln und rotem Gesicht. Er stolpert voller Unachtsamkeit über eine Bordsteinkante und steht dann wieder auf. Die Bordsteinkante hat bei ihm nichts bewirkt. Sinclair ist unaufhaltsam. Er klopft sich den Staub von den Klamotten und geht geradewegs auf die Eingangstür der MIR`s zu. Er durchstößt sie wie ein geiler Bulle den Geburtskanal einer Kuh. Da steht er nun da, wird aber vollkommen ignoriert, weil Adam und Kane viel zu sehr damit beschäftigt sind, sich wie konkurrierende Schimpansenmännchen anzuschreien. Wären sie im Wald unter sich ohne jede Regel der Gesellschaft, sie würden sich mit Exkrementen bewerfen. Sinclair räuspert, aber niemand hört ihn. Er räuspert lauter, so dass man ihn doch hört, aber niemanden interessiert es. Sinclair mag zwar der Forschungsleiter der SOD sein, aber im Tierreich ist er definitiv nicht das Alphamännchen. Dann erhebt Sinclair die Stimme und brüllt »STEINBERG! ICH MUSS MIT IHNEN REDEN.«.

      Adam antwortet schnell, aber nicht mit den von Sinclair erhofften Worten »HALTEN SIE IHRE SCHEIß FRESSE UND VERPISSEN SIE SICH, SIE ARSCHLOCH!«.

      »ADAM!!!« erwidert sein Vater.

      »WAS?« fragt Adam.

      Dann wischt er sich den Schweiß von der Stirn, greift zum Schnapsglas, das da noch auf dem Tresen steht und leert es bevor ein anderer es tut. Dabei war das noch nicht einmal sein Glas. Dann beruhigen sich alle wieder.

      »Sagen Sie was Sie wollen, Sinclair!« fordert Adam mit fuchtelnder Hand.

      Sinclair kommt sofort zum Punkt »Die Protokolle. Wo sind Ihre Daten Steinberg?«.

      Adam hält sich die Hand vor den Mund und fängt an zu Kichern.

      Sinclair ist gar nicht amüsiert und fragt »Was ist so witzig? Sie wollen mir doch nicht weis machen, dass Sie die ganzen Jahre über nie protokolliert haben!?«.

      Adam sieht sich Sinclair an wie ein sadistisches Raubtier, das mit seiner Beute spielt und antwortet mit einem fiesen Grinsen »Doch! Ich habe protokolliert. Und zwar genau hier!«.

      Adam zeigt mit seinem Zeigefinger auf seine Schläfe. »Alle Daten und alle Erkenntnisse meiner Arbeit stecken hier drin.«.

      »Oh, nein! Sie haben kein fotografisches Gedächtnis!« mault Sinclair ihm entgegen.

      »Nein! Das vielleicht nicht, aber ich habe ein gutes Gedächtnis!« antwortet Adam.

      »Ich glaube Ihnen nicht. Beweisen Sie es, Steinberg!« fordert Sinclair auf.

      Adam reibt ein wenig am Gestell seines Monoggles und runzelt nachdenklich die Stirn mit nach oben gerichtetem Blick. Er greift nach einem Stift aus seiner Laborkitteltasche, geht zu Sinclair, greift seine Hand und schreibt ihm zwei Zahlen mit je 14 signifikanten Stellen hinter dem Komma auf seine Handinnenfläche.

      »Das sind die Koordinaten von Kalles letztem Vortrag. Die Höhen- und Breitengraden des Plagenestes B-4X.«.

      Kalle sieht sich die Zahlen genau an und Sinclair fragt ihn »Stimmt das, Doktor Erlmeyer?«.

      Kalle antwortet »Jepp, das kommt so in etwa hin. Bei den Nachkommastellen kann ich das nicht genau sagen, weil ich die Zahlen selber nicht so exakt im Kopf habe.«.

      Sinclair ist nicht sehr erfreut über die Erkenntnis, ein Genie vor sich stehen zu haben. Er wirft Adam einen stechenden Hassblick zu und Adam erwidert diesen mit einem spottenden „Fick dich selbst!“-Blick, mit hochgezogenem Mundwinkel und zwei unterschiedlich weit geöffneten Augenlidern. Dabei hebt er den Brustkorb hervor und steckt sich zur Krönung noch die Hände in die Hosentaschen. Adam bemerkt wie