Название | Gottes kleiner Partner |
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Автор произведения | Leo Gold |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783738049442 |
Allein in den drei Büros der Abteilungsleiter waren silberne Jalousien installiert, die heruntergelassen waren. Auf der rückwärtigen Seite des Aufzugs, der sich in der Mitte der Etage befand, lag die sogenannte ‚Insel‘. In ihr befanden sich eine Küchenzeile, ein Tisch mit sechs Stühlen und das Damen- wie Herren-WC, die einzigen zwei Räume des Stockwerks, deren Wände aus Betonbausteinen gemauert waren.
Der Aufzug stoppte. Von einer freundlichen Frauenstimme wurde Julius informiert, in welchem Stockwerk er angekommen war. Die Lifttüren öffneten sich und sogleich schaute Direktor Saalfelds Sekretärin Frau Wolkow Julius ins Gesicht, die ihn willkommen hieß.
Julius folgte ihrer Lockenmähne ins Vorzimmer, wo sie ihm ausrichtete, dass sich Direktor Saalfeld verspäten werde. Julius solle sich inzwischen einfach ins Büro setzen, sie bringe ihm gleich einen Kaffee.
Von seinem Platz konnte er auf die Kathedrale blicken. Auf der anderen Seite des Büros eröffnete sich der Blick durch eine breite Fensterfront über die Bischofsstadt. Aus dem schlichten, funktionalen Büromobiliar stach ein Humidor in einem der Bücherregale hinterm Schreibtisch hervor. Dort lagerten diverse Utensilien, die Direktor Saalfeld für die fachmännische Zubereitung der Zigarren benötigte. Sie ähnelten chirurgischem Werkzeug, mit dem es die richtigen Schnitte zu machen galt, um die Zigarren so zu präparieren, dass sie den vollen Geschmack entfalteten und den sorgenreichen Alltag Direktor Saalfelds zeitweise ausblendeten.
„Guten Morgen, Dr. Zey!“
Direktor Saalfeld kam mit einem Rucksack auf dem Rücken und einem Fahrradhelm in der Hand kurzatmig in sein Büro gelaufen.
„Ich nehm immer die Treppen, damit ich fit bleibe. Sie haben schon einen Kaffee. Fein! Ich geh mir noch eben die Hände waschen. Dann bin ich wieder bei Atem. Und wir können loslegen.“
Julius hörte, wie Direktor Saalfeld Frau Wolkow bat, Kaffee zu bringen. Bevor er wieder zurück war, hatte sie seinen Wunsch erfüllt. –
„Jetzt hab ich wieder genug Luft. Das ist der einzige Nachteil meiner Raucherei. Hat mit dem Zug alles geklappt?“
„Ja, vielen Dank.“
Aus seiner Tasche holte er eine Aktenmappe, auf der Julius Nachname stand. Er ging zu der Fensterfront, von der er über die Stadt blicken konnte, atmete tief durch und sagte:
„Was für ein schöner Morgen!“
Er setzte sich zu Julius, trank einen Schluck Kaffee und begann, ihm das Wesen und die Funktion der wichtigsten Gremien des Verbands zu erklären: Hierzu zählten neben dem Vorstand das Verbandskollegium sowie die Sektions- und die Bereichsleiterkonferenz.
An einem Flipchart skizzierte Direktor Saalfeld die Hierarchie und Beziehungen der Gremien zueinander. Der Vorstand, dem Fachausschüsse wie der Bauausschuss zugeordnet seien, bestehe aus zwei hauptamtlichen Mitgliedern, Pfarrer Schatz und ihm selbst, und zwei ehrenamtlichen Mitgliedern, Frau Weißbart und Herrn Göbbels.
Das Verbandskollegium trage die Funktion eines Aufsichtsrats. In ihm seien alle für die regionalen Verbände sowie für den Diözesanverband wesentlichen Entscheidungsträger vertreten. Auf ihm, der zwei Mal im Jahr tage, träfen sich der Vorstand des Diözesanverbandes, die Sektions- und alle Bereichsleiter sowie pro Regionalverband zwei haupt- und ehrenamtlich Delegierte.
Unterhalb der Direktion mit ihren drei Abteilungen (Presse, Sozialpolitische Grundsatzfragen, Bau) sei die Verbandsverwaltung in sechs Sektionen eingeteilt, denen jeweils ein Sektionsleiter vorstehe. Sie versammelten sich jeden Freitag auf der Sektionsleiterkonferenz (kurz: SLK). Julius könne einfach an das gleichnamige Cabrio von Daimler Benz denken, um sich die Abkürzung zu merken, riet ihm Direktor Saalfeld. Frau Eichhorn führe die ‚Sektion Wirtschaft‘, Herr Molitor die ‚Sektion Personal‘, Herr Sonnenzweig die ‚Sektion Fortbildung‘, Frau Larson die ‚Sektion Kinder- und Jugendhilfe‘, Herr Karstrop die ‚Sektion Familienhilfe‘ sowie Herr Dankmeier die ‚Sektion Alten- und Behindertenhilfe‘.
In der Bereichsleiterkonferenz (kurz: BLK) kämen alle zwei Monate die Bereichsleiter der Regionalverbände in die Bischofsstadt und tagten mit Pfarrer Schatz und ihm. Sie fungierten zwar als Geschäftsführer eigenständiger Verbände, die aber als kirchliche Verbände in die kirchliche Hierarchie eingebunden seien.
Direktor Saalfeld sah, dass Julius Mühe hatte, die Informationen zu verarbeiten.
„Am Anfang ist es ein Sprung ins kalte Wasser. Davor kann ich sie nicht schützen. Sie müssen schauen, wie sie mit der Flut an neuen Namen und Aufgaben zu Recht kommen. Am besten sie nehmen sich in den ersten zwei Monaten abends und am Wochenende nicht viel vor und nutzen auch ihre Freizeit, um mit den ganzen Aufgaben vertraut zu werden. Je zügiger sie sich einarbeiten, desto lieber kommen sie ins Büro.“
„Ja, wie sie sagen, je schneller ich mich auf die Umstände einlasse, umso eher kann ich mich orientieren“, versuchte Julius etwas Verbindliches zu sagen.
Direktor Saalfeld fuhr fort, nachdem er das erste Blatt des Flipcharts nach hinten umgeklappt hatte, Julius von den Verbänden zu erzählen, mit denen der Verband zusammenarbeite. Als Direktor Saalfeld sagte, seine Ausführung zur Kooperation mit anderen Verbänden sei lediglich zur allgemeinen Information, ließ Julius Aufmerksamkeit nach. Er legte seinen Stift auf sein Notizheft und schaute Direktor Saalfeld nur noch interessiert an.
Wie stark Direktor Saalfeld den Konventionen des Verbandes wie den Denk- und Sprachmustern seines Umfelds anhing, zeigte seine Präsentation. Von den vielen Fachbegriffen und Abkürzungen, die er benutzte, fühlte sich Julius überfordert. Und in der Kürze der Zeit konnte er die eigentümliche Sprache nicht entschlüsseln.
„Ich hoffe, ich konnte ihnen einen ersten Überblick über unsere Kooperationspartner, den Aufbau des Verbands und die Gremien geben. Beim Bauausschuss müssen sie darauf achten, dass die Einladung mit der Tagesordnung rechtzeitig versandt, der Raum für die Sitzung gebucht und die Bewirtung sichergestellt wird. Welche Besonderheiten darüber hinaus berücksichtigt werden müssen, lernen sie peu à peu. Keine Sorge. Über die Details zum Bauausschuss unterhalten wir uns in der kommenden Woche. – Gut wäre der Montag.“
Direktor Saalfeld holte aus seinem Rucksack einen Taschenkalender.
„Montagnachmittag, 16 Uhr, ginge. Dann will ich ihnen noch eine ausführlichere Einführung geben. Und dann können wir über ihre Fragen reden, die sich bis dahin ergeben haben.“
„Wunderbar. Der Termin ist notiert. Jetzt bin ich gespannt, was heut noch auf dem Programm steht?“, fragte Julius.
„Eine Menge. Sie wissen ja, der erste Tag ist anstrengend. Jetzt machen wir erst einen Rundgang durch die Büros, damit sie alle Mitarbeiter kennen lernen. Um 13 Uhr ist Pfarrer Schatz im Haus, der sie bei ihm im Büro begrüßen möchte. Um 14 Uhr bitte ich sie, zu Herrn Molitor zu gehen. Herrn Molitor kennen sie ja bereits vom ersten Vorstellungsgespräch. Und um 15 Uhr habe ich alle Mitarbeiter der Bauabteilung in den Konferenzraum 9.02 eingeladen. Dann können sie sich dort einander vorstellen.“
Julius und Direktor Saalfeld liefen ins achte Stockwerk, das unterste der Verbandsverwaltung. Von dort gingen sie von Büro zu Büro, um am Ende wieder die oberste Etage zu erreichen. Die achte Ebene beherbergte die Angestellten der drei Sektionen Kinder- und Jugendhilfe, Familienhilfe sowie Alten- und Behindertenhilfe. Deren Leiter Frau Larson, Herr Karstrop und Herr Dankmeier besuchten gemeinsam eine Tagung, so dass sich Julius allein den vorwiegend weiblichen Angestellten vorstellte.
Im neunten Stockwerk waren die restlichen drei Sektionen Wirtschaft, Personal und Fortbildung untergebracht. Die zu ihnen gehörenden Stellen wurden ungefähr zu gleichen Teilen von Männern und Frauen besetzt. Auch sie vermittelten den Eindruck, dass jede Sektion sein Eigenleben pflegte und seinen speziellen Charakter gegenüber dem der anderen abzugrenzen suchte.
Herrn Sonnenzweig umgab eine Aura, die Julius – ohne esoterisches Pathos – als engelhaft vorkam. Er erhob sich beschwingt von seinem Schreibtischstuhl und kam federnden Schrittes auf die beiden zu. Mit kindlicher Begeisterung begrüßte er sie und bot ihnen einen Platz, Kaffee und Kekse an. Direktor