Oliver Hell - Gottes Acker. Michael Wagner J.

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Название Oliver Hell - Gottes Acker
Автор произведения Michael Wagner J.
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783847655312



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      Wendt dachte kurz nach. Sollte es wirklich Christina Gericke gewesen sein, die ihn niederschlug und dann das Auto in Brand setzte, hätte sie es nicht vermeiden können, mit dem Benzin in Berührung zu kommen. Man hätte Benzin gerochen. Wendt fuhr zusammen mit ihr in seinem Auto und kam ihr dabei recht nah.

      Kein Benzingeruch.

      Wendt hatte eine feine Nase, selbst wenn er durch den Schlag auf den Kopf seine Sinne eingebüßt hätte, so war er sicher, dass er den Benzingeruch an einer Person, die direkt neben ihm saß, bemerkt hätte.

      Nein, Christina Gericke war unschuldig. Jedenfalls hatte sie nichts mit dem Brand zu tun. Ob sie ihm eins auf den Kopf geschlagen hatte? Sein Gefühl verriet ihm eine eindeutige Antwort.

      „Und meine Frage?“

      Der KTU-Ermittler sah zu ihm herüber.

      „Es ist wohl nicht komplett unmöglich.“

      „Würden Sie das so in ihrem Bericht formulieren?“ Wendt warf ihm einen zweifelnden Blick zu.

      „Naja, dann würde ich es anders formulieren.“

      „Dann formulieren Sie den Bericht schon einmal für mich vor, bitte.“ Der Mann, dessen Name Wendt immer noch nicht kannte, atmete tief durch. Dann beantwortete er Wendts Frage, so gut es ihm möglich war.

      Wendt hörte dem Mann sehr genau zu. Dann bedankte er sich und verließ sehr schnell die Garage.

      *

      Der Mitarbeiter der Sparkasse hatte Schweißperlen auf der Stirn. Nicht nur, weil Lea Rosin ihm am Schalter ihren Dienstausweis unter die Nase gehalten hatte, sondern auch, weil er jetzt nach der Stelle auf dem Überwachungsvideo suchte. Er saß an einem kleinen Tisch im Hinterzimmer der Sparkasse. Klauk und Rosin standen hinter dem Mann. Der Monitor vor ihnen zeigte das Bild der Überwachungskamera. Das Bild lief rückwärts.

      „Um wie viel Uhr sagten Sie, hat der Mann angerufen?“, fragte er und tippte unsicher auf den Tasten des digitalen Rekorders herum.

      „Zwölf Uhr!“

      „Sie haben bereits mit diesem Gerät gearbeitet?“, fragte Klauk. Er hatte Angst, dass der Mann mit seinem ungeschickten Hantieren noch die Aufzeichnung löschte.

      Der Mann wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Ja, das habe ich. Es ist nur heute unerträglich heiß.“ Er tippte weiter.

      „Das hoffe ich für Sie“, sagte Klauk angespannt.

      „Hier, hier kommt es nun. Schauen Sie“, sagte er. Auf dem Time Code des Rekorders stand zwölf Uhr.

      Rosin und Klauk starrten auf den kleinen Monitor. Die Telefonzelle wurde von der Überwachungskamera nur angeschnitten. Sie war nicht ganz zu sehen. Doch würde es ausreichen, jemanden zu sehen, der sich der Zelle näherte.

      Jemand kam und trat vor den Geldautomaten. Ein Mann. Sein Gesicht verdeckte beinahe völlig den Hintergrund.

      „Nein, nicht jetzt“, sagte Rosin besorgt. Wenn jetzt der Anrufer käme, dann würden sie ihn nicht vollständig sehen können.

      Der Unbekannte vor dem Automaten ließ sich Zeit. Er steckte seine Karte in den Schlitz, schaute sich unsicher um, bevor er die Geheimzahl eintippte. Viermal tippte er in Zeitlupe auf das Tastenfeld.

      „Mein Gott, mach hin“, sagte Klauk unwirsch. Er schlug mit der Hand auf den Tisch, auf dem der Rekorder stand. Der Bankangestellte zuckte zusammen. Er schon seine Brille zurecht, die von der schweißnassen Nase zu rutschen drohte. Der Unbekannte zog gerade sein Geld aus dem Ausgabeschacht, als ein Mann mit einem Kapuzenpulli hinter ihm her ging. Er hatte die Kapuze über den Kopf gezogen. Bei der Hitze.

      „Da!“, rief Rosin, „Das passt von der Zeit.“

      „Und er will nicht gesehen werden. Wer trägt bei der Hitze seine Kapuze?“

      Der Kapuzenpulli verschwand in der Telefonzelle. Die Türe schwang zu. Durch die Reflektion auf der Scheibe konnte man den Mann nicht genau sehen.

      „Scheiße, Scheiße, dreh dich um, dreh dich um!“, schrie Klauk. Der Banker zuckte erneut zusammen.

      „Er telefoniert, siehst Du. Er ruft an. Wenn wir die Time Codes von dieser Kamera hier und die Zeit miteinander vergleichen, wo der Anruf bei uns erfolgte, können wir feststellen, ob er es ist“, sagte Rosin und starrte auf den Bildschirm.

      Klauk nickte.

      Der Mann in der Telefonzelle schien etwas aus der Tasche der Kapuzenjacke zu ziehen. Jetzt hielt er etwas an den Hörer.

      „Er ist es. Da! Siehst Du, er hält etwas an den Hörer. Daher klang der Anruf anders. Er hatte seine eigene Stimme aufgenommen und beim Anruf abgespielt. Siehst Du, Sebi?“

      „Ja, Du scheinst Recht zu haben.“

      Der Mann hängte den Hörer ein. Die Türe der Telefonzelle schwang auf. Der Mann trat heraus, blieb kurz stehen.

      „Jetzt, jetzt, jetzt … Scheiße! Verdammter Mist“, rief Rosin, als sich der Mann genau in die entgegengesetzte Richtung davonmachte. Man konnte sein Gesicht nicht erkennen. Rosin drehte sich vor Enttäuschung einmal um die eigene Achse. Dabei schwang ihre Tasche gegen den Kopf des Bankers. Der wich erschrocken zur Seite.

      „Sorry!“, sagte sie und legte ihm die Hand auf die Schulter.

      „Stimmt. Aber wieso sollte er es uns auch einfach machen?“, sagte Klauk.

      „Richtig, aber Scheiße ist es trotzdem“, sagte Rosin, „Wir brauchen eine Kopie dieses Bandes und wir müssen sofort die Telefonzelle sperren, wegen der Fingerabdrücke. Vielleicht ist es noch nicht zu spät!“

      „Eine Kopie?“, fragte der Banker irritiert.

      „Ja, eine Kopie. Das hier war eben ‚Oskar‘, der heute Nacht live einen Menschen hingerichtet hat“, warf ihm Rosin entgegen.

      „Eine Kopie, oh mein Gott, hingerichtet? Ja, eine Kopie, na klar. Sofort.“ Neue Schweißperlen gesellten sich zu denen, die schon auf der Nase des Mannes zu sehen waren.

      Rosin zwinkerte Klauk zu. Klauk grinste. Der Mann hinterließ Spuren. Doch blieb er noch unerkannt. Klauk dachte an den Asservatenbeutel in seiner Hand. Vielleicht würde hier noch ein weiterer Hinweis stecken.

      Rosin holte ihr Handy aus der Tasche und meldete sich bei der KTU. Man sagte ihr, dass es ein paar Minuten dauern würde, bis sich ein Team auf den Weg machen könnte.

      Klauk baute sich draußen vor der Türe der Telefonzelle auf. Jedem, der telefonieren wollte, hielt er seine Dienstmarke hin und klärte denjenigen auf, dass das Telefon außer Betrieb wäre. Den meisten reichte schon ein Blick auf seine Dienstwaffe, die unter seiner linken Schulter baumelte, um unverrichteter Dinge und zutiefst eingeschüchtert weiter zu gehen.

      *

      Hell sah erstaunt auf. Er hatte den letzten Satz, den Tim Wrobel sagte, nicht ganz mitbekommen.

      „Was sagst Du Tim?“

      „Die Bildqualität ist so schlecht, weil es dunkel war im Zimmer. Wobei ich gar nicht wissen möchte, was man gesehen hätte, wenn er eine Video-Leuchte benutzt hätte.“

      „Womit Du zweifelsfrei Recht hast. Das hier ist schon krass genug“, sagte Hell und heftete seine Blick wieder auf den Monitor. Was er dort bereits zum zweiten Male sah, brachte seinen Magen dazu, sich zusammenzuballen.

      Wie ein Tennisball. Eher kleiner.

      Klauk und Rosin standen schweigend im Hintergrund. Auch sie sahen zum zweiten Mal den Mord an Jan Schnackenberg. Aufgenommen auf Video. Das Päckchen, was Klauk in dem gelben Mülleimer fand, enthielt eine DVD. Auf der hielt ‚Oskar‘ den Mord an Schnackenberg fest.

      Die Video-Kamera fuhr beinahe parallel zur Waffe. Lautlos. Kein Ton. Daher konnte man auch das Telefonat nicht hören, was ‚Oskar‘ ja zu diesem Zeitpunkt