Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang. Johann Gottfried Herder

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Название Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang
Автор произведения Johann Gottfried Herder
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 4064066398903



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hat man, was daran zu plündern war, ohne die Mauern niederzureißen und in Schutt zu stürzen, doch daraus und davon weggeraubt. Es stand hier eine Minerva aus Gold und Elfenbein von der Hand des Phidias und eine berühmte Venus, welche die halbe Perle zum Ohrgehenke hatte, von der die andre Hälfte Kleopatra trank, um den Antonius im Verschwenden zu übertreffen, und die man für sich allein auf eine halbe Million Scudi schätzte. Konstantin der Dritte schleppte auch diese Bilder wahrscheinlich mit den andern schönsten Statuen nach Syrakus, so wie er die Silberplatten samt dem Bronz- und Schmelzwerk herausschlagen ließ, womit das Gewölbe oben verziert war.

      Die ursprünglichen Kapitäler von Erz nach dem Plinius an den innern Säulen sind hernach wieder abgenommen worden und mit weißem Marmor gut ergänzt, der dem Giallo antico des Schaftes lieblich läßt. Davon sind noch die Basen und das Gesims, das letztre mit Streifen von Porphyr. Die erhaltnen äußern aber von Granit wie die kolossalischen Säulen selbst gehören unter die schönsten der korinthischen Ordnung, die übrig sind, und machen mit den drei freistehenden Säulen auf dem Campo Vaccino und dem Bogen des Titus18 die Muster hierin aller neuern Baukunst. Wo an einem Gebäude keine Säulen sind, fehlt gewiß die edelste, stärkste und schönste Form. Die korinthischen haben, wenn die Blätter rein gearbeitet sind, am mehrsten Leben und den größten Reiz; und die gefugten, welche die Rinde nachahmen, erhöhen noch Natur und Leichtigkeit.

      Der Plan des Ganzen ist zirkelrund, und der Durchmesser davon enthält mit der Dicke der Mauern zweihundertundfunfzig Palme und der Umfang siebenhundertundfünfundachtzig. Die Mauern betragen achtundfunfzig Palme. Die Höhe hat gerade die Breite des Bodens. Der Bogen innen von der außen in der besten Proportion viereckten Tür den fünften Teil dieses Maßes; und der Bogen gegenüber, jetzt vom Hauptaltar, ist etwas größer, wodurch der Eingang unmerklicher erscheint.

      In der Antike trugen ohne Zweifel die Karyatiden, wovon Plinius spricht; jetzt sind an deren Statt kleine platte Säulen ohn einigen Vorsprung mit einem Gesims darüber, worauf die Kuppel ruht. Man glaubt wegen der Arbeit, daß die Veränderung unter den Antoninen und dem Kaiser Pertinax geschah. Es muß ein paradiesischer Zauber an dem Auge des Himmels gewesen sein! Nun ist das ehemalige junge blühende Gesicht im reizenden Schmuck gewissermaßen zur Matrone im Trauerschleier geworden; doch dauert die erhabne Form noch und hält die Moden und Sitten aller Zeiten aus, wie wahre Schönheit.

      Es ist wohl klar und augenscheinlich, daß die Rotunda anfangs einen Teil der Bäder des Agrippa ausmachte, gleichsam die strahlende Stirn derselben; noch sind die Ruinen davon angemauert und erstrecken sich weit dahinter. Die prächtige Vorhalle wurde hernach hinzugefügt und das Innre ausgeschmückt; und der Tempel gehörte alsdenn mit dem des Jupiter Maximus auf dem Kapitol und dem des Friedens unter die ersten Wundergebäude Roms. Agrippa wurde in einem Triumphwagen auf den Giebel an dem Portikus gestellt, aus Erz gearbeitet, mit den zwei Löwen von Granit zu beiden Seiten und der porphyrnen Urne mit seiner Asche dazwischen, die jetzt noch unten vor der Halle stehen. Er schenkte seine Bäder und Gärten dem Volke mit Einkünften zur Unterhaltung.

      Der sogenannte Tempel der Minerva Medica, eine der pittoreskesten Ruinen bei der Porta maggiore, war eben ein solcher Anfang von Bädern; und noch ebenso jetzt die Kirche des heiligen Bernhard von den Bädern Diokletians. Sie kommen in der Hauptform mit der Rotunda völlig überein. Bei der überschwenglichen Pracht durften die Götter nicht vergessen werden, und man errichtete ihnen gleichsam diese Wachthäuser voran als Beschützern. Das Pantheon war dem rächerischen Jupiter, der Ceres und allen Göttern gewidmet.

      Ihre breiten Gewölbe in weiten Bogen leuchten gleich beim Eintritt Erhabenheit in die Seele, die die unermeßliche Peterskirche dagegen mit ihrem schmalen und engen des mittlern Schiffs nie erregen wird, der eher einen Sarg als einen Bogen vom freien schönen gestirnten Himmel Gottes nachahmt; weswegen die Leute sich verwundern, daß sie nicht erstaunen.

      Die Römer liebkosten den Sinn des Gefühls mit Baden wie wir ohngefähr unsre Nasen mit Düften und unsre Zungen mit Brühen und Weinen. Sie fingen vom Heißen an und gingen alsdenn alle Grade der Wärme durch, teils im Wasser, teils in lauer Luft, bis zum Kalten: Wollust, die alle verschiedne Wärme der Existenz nachahmt, vom heißesten Herzensgetümmel der hohen Leidenschaften bis zur frischen Besonnenheit; alle Grade des physischen Gefühls, ohne das Seelenleben, das Geistige, welches sie sich doch in gewisser Rücksicht auch vorphantasieren konnten, indem ihre weiblichen Schönheiten sich unter den Kaisern, wenigstens zuverlässig vom Domitian an, öffentlich nackend mit den Männern badeten. Sie ahndeten etwas vom Paradiese und dem Stande der Unschuld, ohne die Bücher Mosis gelesen zu haben. Und überdies hatten sie gleich daneben ihre Fechterspiele und Ringplätze.

      Die Thermen in Italien entstanden aus den Gymnasien der Griechen; nur waren bei diesen die Leibesübungen das Vornehmste und bei den Römern das Baden. Darnach mußten sich die Architekten in der Anlage der Gebäude richten.

      Die Bäder waren eigentlich der Hauptgenuß, den die stolzen Enkel des Romulus und seiner Räuberbande von den Siegen ihrer Vorfahren über die Welt hatten, und die Gebäude dazu das Höchste der Architektur, was wir mit den ägyptischen Labyrinthen und einigen Tempeln der Griechen in der Geschichte der Menschheit kennen. Es war da alles, was das Leben freut und angenehm macht, beisammen. Wir können uns, ohngeachtet der ungeheuern Ruinen, wenig davon vorstellen, weil uns diese Gattung Genuß ganz entrückt ist. Wenn wir ein halbes Säkulum alter Römer und Römerinnen der ersten Jahrhunderte erwecken könnten, so würden sie sich aus Ekel, Langerweile und Verzweiflung über das heutige Elend binnen wenig Tagen aufhenken.

      Das Dachgewölbe der Rotunda, mit starkem Blei gedeckt, ist, wie schon gesagt, äußerst flach gehalten; man steigt zur weiten Öffnung auf wenig großen Stufen, rundum aber laufen an die vierzig kleinere im Kreise. Wenn man hineinschaut, kömmt das Innre einem vor wie ein runder hoher Turm.

      Als ich oben stand, mich umsah und die verkleinerten Leute auf den Straßen betrachtete, wurd ich den Demetri gewahr und rief ihm zu, heraufzukommen, welches er auch gleich tat.

      Demetri ist ein wackrer Mann, viel Kern mit wenig Schale; der Mensch ist bei ihm recht durchgearbeitet und ins reine gebracht. Er herrscht in Rom über die Geister, mehr als irgendein andrer, genießt hohe Glückseligkeit und ist der Leithammel von einer Menge jungen Leuten. Unter diesen hab ich nicht wenig gefunden voll Lebensmut und den größten Fähigkeiten, genaue Bekanntschaft mit ihnen errichtet und unbeschreiblich Vergnügen in ihrem Umgange genossen. Wie jammert's mich, daß soviel herrliche Kraft wegen schlechter Regierungsverfassung ungenutzt versauren soll!

      Im Neugriechischen bin ich bei ihm noch sehr gewachsen. Auch hat er mir manche dunkle Stelle der griechischen dramatischen Dichter, besonders in den Chören, ins klarste Licht gesetzt und meisterhaften Unterricht über den unendlichen Reiz ihrer Silbenmaße gegeben. Bei seinem Brotgeschäfte mit alten Handschriften sind ihm eine Menge beßrer Lesarten aufgestoßen; und er könnte wie ein andrer Herkules die Aldinischen und Juntischen Ausgaben ausmisten, wenn ihm der Silbenkrieg am Herzen läge.

      Kapitel 34

       Inhaltsverzeichnis

      Überhaupt aber hält er Ruhm für ein notwendig Übel, wobei man leicht selbst zur Bildsäule auf dem Markte werden und sich endlich fast nicht mehr regen und bewegen könne. Wirken, frei und mächtig handeln nach Art seiner Natur! Dies sei die allererste und ursprünglichste Glückseligkeit. Der Kernmensch gebrauche Ruhm als Hülfstruppen und stoße den einen von sich, wenn es sein müßte, sobald er in eine andre Sphäre schreite.

      Nur einen Fehler kenn ich an ihm, und dieser ist, daß er in dem heillosen Labyrinthe der Metaphysik herumkreuzt. Du sollst hier in der Unterredung mit mir eine starke Probe davon sehen, obgleich ihn noch nicht in seinem ganzen Wesen, weil er sich nach mir richten mußte, der ich hierin bloß meiner eignen Vernunft folge, ohne mich mit andrer Hypothesen viel zu plagen. Wenn er mutwillig ist, spricht er keinen Tag wie den andern. Mich trieb er vorzüglich nur in dem angegebnen System herum und sagte zuweilen verwirrte hochtrabende Dinge, um auszuweichen oder vorzubereiten und zu sehen, was ich damit anfing. Wenig Auserwählten reicht er auf die Letzt den Faden der Ariadne,