Narrenschwämme. Jochen Gartz

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Название Narrenschwämme
Автор произведения Jochen Gartz
Жанр Сделай Сам
Серия
Издательство Сделай Сам
Год выпуска 0
isbn 9783037884942



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Abgesehen davon, dass hunderttausende Versuche in allen Altersgruppen bis hin zu neunzigjährigen mexikanischen Heilern mit 80-jähriger Pilzerfahrung mit verschiedensten Arten und Dosierungen nie solche Komplikationen erzeugt haben, wurde von den polnischen Forschern nicht einmal der Versuch unternommen, toxikologisch verschiedene mögliche Gifte wie z. B. Abkömmlinge des Amphetamins, Atropin oder analoge Arzneimittel im Sinne einer Mischvergiftung zu finden. Sofort wurden die Pilze als ursächliches Agens postuliert und man wird den dringenden Verdacht nicht los, dass jenseits der Wissenschaft unbedingt bedrohliche toxische Nebenwirkungen gefunden werden sollen, unter Vernachlässigung der ethnopharmakologischen und klinischen Forschung mehrerer Jahrzehnte (vgl. auch Absatz 7 u. 8).

      Es ist sicher nur noch eine Frage der Zeit, bis die angeblichen Fenstersprünge nach LSD-Einnahme aus den sechziger Jahren journalistisch erneut reaktiviert und nun „modern“ auf die Pilze projiziert werden. Dies entgegen den pharmakologischen Eigenschaften, die eben kein Delirium à la Nachtschattengewächse beinhalten.

       2.2. Psilocybe germanica

       Der „neue“ Psilocybinpilz aus Deutschland

      Der „Deutsche Kahlkopf“ ist eine Neuentdeckung aus dem Jahr 2014. Psilocybe germanica GARTZ & WIEDEMANN wurde von Jochen Gartz und Georg Wiedemann in Dippoldiswalde (Sachsen) entdeckt, im größten deutschen Herbarium in Berlin-Dahlem hinterlegt und wissenschaftlich beschrieben. Die neue Art wurde von den Erstbeschreibern nach den Elbgermanen benannt, die vor 2000 Jahren an dem Fundort gesiedelt hatten. Psilocybe germanica war bisher vollkommen unbekannt, sie ist bislang nur in Deutschland gefunden worden.

      Die Art wächst häufig in Gruppen und tritt zuweilen in Büscheln auf. Der Deutsche Kahlkopf ist ein Holzzersetzer, gedeiht also auf Rinden und Mulch, auf Holzschnitzeln und -resten und auch auf einer Mischung aus Holz, Laub und Erde. Psilocybe germanica fruktifiziert von September bis in den Dezember und kann z. B. in Parks gefunden werden, jedoch erscheint eine Ausbreitung in Wäldern auch in höheren Lagen möglich. Die Pilze wuchsen am größten Standort in Massen bis hin zu büscheligen Aggregaten. Die Art erscheint im Wachstum ähnlich aggressiv wie die Myzelien von Psilocybe cyanescens und Psilocybe azurescens, eine zukünftige Ausbreitung wie bei diesen Arten kann daher künftig auch von Psilocybe germanica erwartet werden.

      Die Pilze erscheinen von September bis November, vielleicht auch im Dezember. Kurze Schneefälle und mehrere Nächte mit kurz unter null Grad brachten das Pilzwachstum nicht zum Erliegen. Als neue Art zeigt Psilocybe germanica eine einzigartige Kombination aus Makro- und Mikromerkmalen sowie der Biochemie (GARTZ 2018).

      Der Hut der Spezies ist 1 bis 4 cm breit und weist ähnlich dem Psilocybe semilanceata eine Mammille im Zentrum auf. Im feuchten Zustand ist er dunkelbraun und verfärbt sich beim Austrocknen zu weißlich hin. Die Lamellen sind zunächst bräunlich und verfärben sich bei zunehmender Reife der Sporen zu purpur-braun hin. Der weißliche und gebogen wachsende, nach oben hin dicker werdende Stengel wird 5 bis 9 cm lang und 0,3 bis 0,7 cm dick. Anfänglich ist er mit Myzelium gefüllt, später hohl. Außerdem weist der Stiel eine äußerliche Eigenart auf. Jochen Gartz beschreibt es im Magazin Lucys Rausch als „eindrucksvolle Verdickungen der neuen Art bei den Frischpilzen nach Art eines Gelenks, wobei bei älteren Pilzen tatsächlich der Hut ab dieser Stelle nach vorn knickte“ (GARTZ 2015). Hut und Stiel blauen bei Berührung, Frost und Regen können ebenso eine starke Blauung der Fruchtkörper bewirken. Die Mammille auf dem Hut verfärbt sich mit der Zeit meist von selbst in Richtung grau-bläulich. Die blaue Verfärbung ist weit größer als bei Psilocybe semilanceata und ähnlich der Psilocybe azurescens und Psilocybe bohemica. Die frischen Pilze haben einen angenehmen, aromatischen Geruch.

      Die Sporenbildung ist im Vergleich zu Psilocybe cyanescens und Psilocybe azurescens eher weniger üppig. Die Sporen der Lamellen keimen gut auf 4 % Malzagar und die resultierenden weißen Myzelien wachsen außerordentlich schnell. Auch sie blauen bei Druck regelmäßig und verfärben im Alter etwa nach sechs Wochen Kultivierung spontan großflächig. Die Menge an Psilocybin reichte von 0,21 bis 0,28 % in den Trockenmassen bei fünf Myzelien nach vier Wochen Kultivierung. Es ist zu erwarten, dass durch die moderne Anwendung von Mulch in Parks und Gärten, vor allem in Städten, auch die Psilocybe germanica neben den anderen Arten eine große Zukunft hat und ihren Seltenheitsstatus bald ablegen wird.

      Die Dosierung der Psilocybe germanica liegt, je nach gewünschter Intensität, zwischen 0,5 und 2 Gramm der Trockenmasse. Der deutsche Kahlkopf kann wie Psilocybe semilanceata dosiert werden. Proben getrockneter Psilocybe germanica enthielten zwischen 0,66 und 1,12 Prozent Psilocybin, 0,11 bis 0,30 Prozent Baeocystin und kein Psilocin. Die Art gehört damit zu den potenteren Spezies. „Psilocybe germanica ist auch biochemisch sehr interessant. Ihr Alkaloidmuster mit Psilocybin und Baeocystin erscheint völlig identisch zu Psilocybe semilanceata und daher von den anderen Holzbewohnern völlig abgetrennt! Auch hier fungierten als Standorte künstlich geschaffene Mulchflächen, im Gegensatz zu Psilocybe bohemica auf Holz- und anderen Pflanzenresten im Wald“ (GARTZ 2015). Aufgrund der relativen Neuheit dieser Art liegen noch keine Erfahrungsberichte von Nutzern vor, der Pilz weist jedoch das typische pharmakologische Profil eines Psilocybinbildners auf.

      „Interessant sind im Zusammenhang mit der Psilocybe germanica Grabfunde zum möglichen Gebrauch der Art im Landkreis Wittenberg an der Elbe als Standort eines ‚deutschen Pilzkultes‘. Diese legen die Vermutung nahe, dass der Pilz Psilocybe germanica bei Schamaninnen der Elbgermanen in Gebrauch gewesen sein könnte. In diesem Grab befanden sich die Nachbildungen von neun Pilzen mit denen für die Psilocybe germanica charakteristischen Verdickungen/Knoten im oberen Stildrittel. Nur dieser Psilocybinpilz weist diese taxonomische Besonderheit auf und die ‚9‘ galt in damaliger Zeit mythologisch als ‚göttliche Zahl‘. Das Vorkommen der Psilocybe germanica ist im Übrigen nicht auf den Raum Wittenberg und Dippoldiswalde beschränkt“ (WIEDEMANN 2021).

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      Psilocybe germanica mit typischer Stielverdickung.

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      Psilocybe germanica (Foto: J. Gartz).

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      Psilocybe germanica (Foto: J. Gartz).

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      Psilocybe germanica (Foto: Georg Wiedemann).

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