Название | Tax Compliance |
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Автор произведения | Markus Brinkmann |
Жанр | Языкознание |
Серия | C.F. Müller Wirtschaftsrecht |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783811447011 |
Teil 1 Tax Compliance und Unternehmen › 3. Kapitel Verantwortliche für Tax Compliance › II. Die materielle Compliance-Pflicht
II. Die materielle Compliance-Pflicht
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Die Compliance-Pflicht im materiellen Sinne entspricht der Summe der hergebrachten steuerlichen Pflichten des Einzelnen nach EStG, KStG, UStG, AO usw. und fügt dem Pflichtenkanon im Unternehmen unmittelbar nichts Eigenständiges hinzu. Zu diesen hergebrachten Pflichten zählen beispielsweise die Pflichten zur Steueranmeldung (z.B. Umsatzsteuer, Lohnsteuer) oder sonstigen Steuererklärung (z.B. Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer), die Pflicht zur Anzeige und Berichtigung (§ 153 AO) wie auch die Haftungsschulden nach AO (z.B. §§ 69, 34 f., 191 AO). Die Pflichten können sich auf die eigene Steuerschuld beziehen, z.B. bei einem Einzelunternehmer, oder auf eine fremde Steuerschuld, z.B. bei einem über § 34 AO verpflichteten GmbH-Geschäftsführer.
1. Verpflichtung als Unternehmen/Unternehmer
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Ausgangspunkt der Betrachtung ist der Begriff des Steuerpflichtigen.
Steuerpflichtiger ist nach § 33 Abs. 1 AO,
– | wer eine Steuer schuldet, |
– | wer für eine Steuer haftet, |
– | wer eine Steuer für Rechnung eines Dritten einzubehalten und abzuführen hat, |
– | wer eine Steuererklärung abzugeben hat, |
– | wer Sicherheit zu leisten hat, |
– | wer Bücher und Aufzeichnungen zu führen hat oder |
– | wer andere ihm durch die Steuergesetze auferlegte Verpflichtungen zu erfüllen hat. |
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Steuerpflicht setzt Steuerrechtsfähigkeit voraus.[1] Wer steuerrechtsfähig ist, bestimmt sich nach den jeweiligen Steuergesetzen, auf die § 33 Abs. 1 AO als Blankettnorm verweist. Natürliche Personen, wie z.B. der Einzelunternehmer, der Gesellschafter einer Personengesellschaft oder der Geschäftsführer einer GmbH, besitzen Steuerrechtsfähigkeit von der Geburt bis zum Tod.[2]
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Bei Organisationen ist zu differenzieren: Juristische Personen, wie z.B. eine GmbH oder AG, besitzen Steuerrechtsfähigkeit, wenn sie nach Gesellschaftsrecht (z.B. §§ 1 ff. GmbHG, §§ 23 ff. AktG) entstanden sind, unter Umständen auch bereits mit Abschluss des Gesellschaftsvertrags.[3] Die Steuerrechtsfähigkeit einer juristischen Person endet mit der gesellschaftsrechtlichen Beendigung, jedoch nicht vor dem Abschluss der Abwicklung ihrer steuerlichen Rechte und Pflichten.[4] Personengesellschaften, wie z.B. eine OHG, KG oder BGB-Gesellschaft, können Steuerrechtsfähigkeit besitzen, und zwar auch unabhängig von der Frage ihrer Rechtsfähigkeit nach dem Zivilrecht. So ist bspw. eine Personengesellschaft steuerrechtsfähig im Hinblick auf die Umsatzsteuer[5] und, wenn ihre Tätigkeit die Anforderungen eines Gewerbebetriebs erfüllt, im Hinblick auf die Gewerbesteuer (§ 5 Abs. 1 S. 3 GewStG). Nicht steuerrechtsfähig ist eine Personengesellschaft im Vergleich dazu, was die Einkommensteuer anbetrifft; einkommensteuerpflichtig ist jeder Gesellschafter für sich selbst.
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Auch eine rein faktische Gesellschaft, d.h. eine Personenmehrheit, die ohne zivilrechtlich wirksamen Gesellschaftsvertrag nach außen hin als Einheit auftritt, kann steuerrechtsfähig sein.[6]
2. Verpflichtung als Unternehmensorgan
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Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer nicht rechtsfähiger Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen (§ 34 Abs. 1 S. 1 AO). Dasselbe gilt für die Vermögensverwalter im Rahmen ihrer Verwaltungsbefugnis (§ 34 Abs. 3 AO). § 34 AO lässt die in der Vorschrift genannten Personen in ein unmittelbares Pflichtenverhältnis zur Finanzbehörde treten.[7] Die hierdurch entstehende öffentlich-rechtliche Pflicht steht, was ihren Umfang anbetrifft, nicht zur Disposition der genannten Personen und lässt sich demzufolge auch nicht durch privatrechtliche Vereinbarungen einschränken.[8]
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§ 34 AO erfasst u.a. folgende Personengruppen:
– | den Geschäftsführer einer GmbH (§ 35 Abs. 1 S. 1 GmbHG), |
– | den Vorstand einer Aktiengesellschaft (§ 78 Abs. 1 S. 1 AktG), |
– | den Vorstand einer Genossenschaft (§ 24 Abs. 1 S. 1 GenG), |
– | den Vorstand eines eingetragenen Vereins (§ 26 Abs. 1 BGB), |
– | den Vorstand einer rechtsfähigen Stiftung ( § 86 S. 1 i.V.m. § 26 Abs. 1 BGB), |
– | den gerichtlich bestellten Abwickler einer AG (§§ 265 Abs. 3 S. 1; 269 Abs. 1 AktG), |
– | den Liquidator einer Genossenschaft (§§ 83, 88 GenG), einer GmbH (§§ 66, 70 GmbHG) oder eines Vereins (§ 48 Abs. 2 i.V.m. § 26 Abs. 1 BGB), |
– | den Insolvenzverwalter ( § 56 InsO), |
– | den Nachlassverwalter (§ 1985 BGB), |
– | die Geschäftsführer nicht rechtsfähiger Personenvereinigungen und Vermögensmassen (§ 34 Abs. 1 S. 1 AO), |
– | die Mitglieder oder Gesellschafter nicht rechtsfähiger Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer (§ 34 Abs. 2 S. 1 AO). |
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Die Verpflichtung der gesetzlichen Vertreter nach § 34 Abs. 1 AO setzt voraus, dass deren Stellung nach den hierfür geltenden Rechtsvorschriften (d.h. außerhalb des Steuerrechts) wirksam zustande gekommen ist, also z.B. der GmbH-Geschäftsführer gesellschaftsrechtlich wirksam bestellt worden ist. Ist eine solche wirksame Bestellung gegeben, setzt die Verpflichtung nach § 34 Abs. 1 AO nicht weiter voraus, dass die bestellte Person auch entsprechend tätig wird. Daher ist beispielsweise auch diejenige Person nach § 34 Abs. 1 AO verpflichtet, die lediglich „auf dem Papier“, als Strohmann neben einem tatsächlich agierenden, aber nicht offiziell bestellten Geschäftsführer eingesetzt ist.[9] Unerheblich für die Entstehung wie auch für die Beendigung der Stellung als gesetzlicher Vertreter ist die Eintragung in das Handelsregister.[10]
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Demgegenüber