Название | Tax Compliance |
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Автор произведения | Markus Brinkmann |
Жанр | Языкознание |
Серия | C.F. Müller Wirtschaftsrecht |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783811447011 |
Teil 1 Tax Compliance und Unternehmen › 5. Kapitel Umsetzung der Tax Compliance in einem internationalen Konzern › II. Ausgestaltung der Tax Compliance am Beispiel der Konzernsteuerabteilung der Bertelsmann SE & Co. KGaA
II. Ausgestaltung der Tax Compliance am Beispiel der Konzernsteuerabteilung der Bertelsmann SE & Co. KGaA
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Bertelsmann ist ein dezentral organisierter Konzern mit einer Konzernholding, welche die zentralen Konzernfunktionen wahrnimmt. Die Divisionen und Konzerngesellschaften sind grundsätzlich selbst für ihre Geschäfte verantwortlich. Es ist das Verständnis von Bertelsmann, dass die Geschäftsführer der Konzerngesellschaften als Unternehmer handeln: sie genießen weitreichende Unabhängigkeit und tragen umfassende Verantwortung für die Leistung ihrer Firmen. Dagegen steht die Aufgabe und zugleich Verpflichtung des Zentralvorstandes, zum einen die strategischen Leitlinien vorzugeben, aber auch alle organisatorischen Maßnahmen zu treffen, dass der Konzern und damit jede Konzerngesellschaft die zentralen Compliance-Anforderungen erfüllt (und damit auch weltweit uneingeschränkt alle steuerlichen Vorschriften erfüllt). Dieses Spannungsverhältnis zwischen Dezentralität auf der einen Seite, und notwendigen zentralen Vorgaben und Anforderungen an die Divisionen auf der anderen Seite sowie mögliche Lösungsansätze für eine Tax Compliance Organisation unter diesen Rahmenbedingungen sollen Gegenstand der nachfolgenden Darstellung sein.
a) Tax Compliance-Kultur
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Verstand man in der Vergangenheit unter “Compliance“ mehr die Bekämpfung von Vorteilsnahme, Bestechung und Bestechlichkeit sowie die Verhinderung von „Schmiergeldzahlungen“, so steht eigentlich der Begriff ganz allgemein für die Einhaltung von Gesetzen und Vorgaben und damit auch der steuerlichen Vorschriften.[19]
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Tax Compliance im engen Sinne ist somit erst einmal die Verpflichtung eines jeden Steuerpflichtigen und damit auch der Unternehmen und Konzerne, alle steuergesetzlichen Pflichten zu erfüllen und die rechtzeitigen Abgabe von vollständigen und richtigen Steuererklärungen sicher zu stellen.
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Wie strikt und unter welchen organisatorischen Rahmenbedingungen diese gesetzliche Verpflichtung umgesetzt wird, ist eine unternehmerische Werte-Entscheidung (Tax Compliance-Kultur). Die Tax Compliance-Kultur eines Unternehmens sollte dabei immer Teil der allgemeinen Compliance-Kultur des Unternehmens sein. Für die Frage, wie diese Verpflichtung von einem Konzern umgesetzt und insbesondere von deren Mitarbeitern erfüllt wird, bedarf es einer klar formulierte Zielsetzung der Unternehmensführung, wie mit Compliance im Unternehmen allgemein umgegangen wird.
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Die Tax Compliance-Kultur als Teil der allg. Compliance-Kultur im Unternehmen bildet die Grundlage für ein angemessenes und wirksames steuerliches innerbetriebliches Kontrollsystem und wird insbesondere geprägt durch die Grundeinstellungen und Verhaltensweisen der geschäftsführenden Organe und des Managements sowie die Rolle der Aufsichtsorgane. Ausprägungen der Tax Compliance-Kultur eines Unternehmens lassen sich z.B. an einer regelmäßigen Kommunikation von Tax Compliance-Themen auf Ebene der Unternehmensleitung (tone at the top) und durch die Unternehmensleitung in das Unternehmen hinein (tone from the top) erkennen.[20]
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Bei Bertelsmann ist die Compliance-Kultur in der Konzernsteuerrichtlinie verankert. Danach ist der Bertelsmann-Konzern ist eine an Nachhaltigkeit und Compliance orientierte Unternehmensgruppe. Nach dem für alle Mitarbeiter von Bertelsmann geltenden Code of Conduct sind wirtschaftlicher Erfolg auf der einen Seite und gesellschaftliche Verantwortung auf der anderen Seite erklärte Ziele, die sich aus Sicht von Bertelsmann und der Gesellschafter nicht voneinander trennen lassen. Die Einhaltung von Recht und Gesetz ist dabei für Bertelsmann selbstverständlich und unerlässlich. Verstöße gegen Recht und Gesetz schaden nicht nur der Reputation von Bertelsmann, sondern können auch rechtliche Konsequenzen für Bertelsmann sowie dessen Mitarbeiter und Führungskräfte bedeuten. Dies gilt insbesondere auch für die Steuergesetze.
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Die Einhaltung aller steuergesetzlichen Pflichten ist bei Bertelsmann Teil der allg. Compliance-Kultur. Daher hat der Vorstand von Bertelsmann in Ergänzung zum Code of Conduct und der Richtlinie Antikorruption & Integrität, die auch bereits auf Tax Compliance verweist, eine ergänzende Konzernsteuerrichtlinie verabschiedet, die über die allgemeinen Grundsätze hinaus für alle Konzernmitarbeiter verbindlich ist. Die Konzerngesellschaften des Bertelsmann-Konzerns haben so zu agieren, dass steuerliche Vorschriften unbedingt und zu jeder Zeit eingehalten und steuerliche Pflichten erfüllt werden.
b) Tax Governance Konzept
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Die Rechtsprechung zur Organhaftung im Konzern hat sich in den letzten Jahren deutlich verschärft. Der Vorstand haftet u.U. persönlich für steuerliche Verfehlungen, die unter seiner Führung begangen wurden (vgl. Abschnitt 1.2.). Dabei spielt es keine Rolle, ob er das Handeln angeordnet hat. Ggfs. muss er noch nicht einmal davon in Kenntnis gewesen sein. Ihn kann schon ein Organisationsverschulden treffen, wenn er die Wirksamkeit von Maßnahmen zur Einhaltung steuerlicher Vorschriften nicht angemessen kontrolliert hat. Dabei erstreckt sich der Verantwortungsbereich nicht nur auf die Konzernholding, sondern gilt konzernweit für alle Konzerngesellschaften.
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Bei Bertelsmann ist die Ausgangslage zur Vermeidung von Haftungsrisiken gegenüber einen zentral über eine geschäftsleitende Holding geführten Konzern insoweit herausfordernd, dass wie bereits dargestellt, Bertelsmann ein dezentral organisierter Konzern mit acht Divisionen und mehr als weltweit 1 500 Gesellschaften ist. Die Divisionen mit ihren Konzerngesellschaften sind grundsätzlich operativ für ihre Geschäfte eigenverantwortlich. Auch wenn formal in erster Linie die lokalen Vertreter der Konzerngesellschaften und die Vertreter der verschiedenen Divisionen verpflichtet sind, die steuerlichen und zollrechtlichen Belange der Konzerngesellschaften zu erfüllen, ist jedoch darüber hinaus auch bei einem dezentralen Konzern der Zentralvorstand für die Erfüllung aller steuerlichen Pflichten und Vorschriften letztlich verantwortlich. Er hat – wie oben dargestellt – sicherzustellen, dass zum einen die Konzerngesellschaften sich an die zentralen Grundwerte und Vorgaben bei der Erfüllung der steuerlichen Pflichten halten und zum anderen hat er Prozesse und Kontrollen zu schaffen, so dass alle relevanten und notwendigen Informationen dort ankommen, wo sie für die zutreffende steuerliche Deklaration benötigt werden.
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Zur Erfüllung dieser Verantwortung hat der Zentralvorstand die Konzernsteuerabteilung mit der Aufgabe betraut, die steuerlichen und zollrechtlichen Belange des Konzerns wahrzunehmen, ein geeignetes Tax CMS aufzubauen und sicherzustellen, dass alle steuerlichen Pflichten des Konzerns uneingeschränkt erfüllt werden. Dafür ist es erforderlich, dass die Verantwortlichkeiten und Aufgaben im Zusammenhang mit sämtlichen steuerlichen Angelegenheiten innerhalb des Konzerns einheitlich geregelt werden.
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