Название | Tax Compliance |
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Автор произведения | Markus Brinkmann |
Жанр | Языкознание |
Серия | C.F. Müller Wirtschaftsrecht |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783811447011 |
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Kommt der Steuerpflichtige danach bei einer fehlerhaften abgegebenen Steuererklärung seiner Anzeige- und Berichtigungspflicht nach § 153 Abs. 1 AO unverzüglich nach, geht die Finanzverwaltung weder von einer Steuerhinterziehung noch von einer leichtfertigen Steuerverkürzung aus, sofern sowohl Vorsatz wie auch Leichtfertigkeit fehlen. Ein Indiz für den fehlenden Vorsatz bzw. die fehlende Leichtfertigkeit stellt ein vorhandenes, wirksames IKS als Überwachungsinstrument im Rahmen der Tax Compliance-Organisation eines Unternehmens dar. Konkrete Vorgaben zur Umsetzung und Ausgestaltung eines IKS sind im Anwendungserlass zu § 153 AO nicht enthalten. Jedoch wird darin eine möglichst umfassende Kontrollfunktion und -wirkung, im Ergebnis also ein vollumfänglich funktionierendes Risiko-Management zur Vermeidung von Fehlern, in den Vordergrund gerückt.
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Die Verschärfungen des Steuerstrafrechts in den letzten Jahren haben beim Bertelsmann-Konzern auch dazu beigetragen, das Tax Compliance-System zur innerbetrieblichen Kontrolle im Sinne einer stärkeren Formalisierung weiterzuentwickeln. Hierbei ist insbesondere vor dem Hintergrund der Mehrbranchenspezifika des Konzerns, seiner globalen Ausrichtung sowie der dezentralen Unternehmens- und Führungsstruktur eine Besonderheit zu sehen. Im Vordergrund steht bei der Weiterentwicklung des Tax CMS konzernweit eine möglichst umfassende, formalisierte Kontrollfunktion und –wirkung im Bereich Steuern zu entfalten.
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Eine konkrete gesetzliche Anforderung für die Einführung eines Tax CMS hat allerdings die deutsche Finanzverwaltung bisher nicht vorgelegt. Im Anwendungserlass zu § 153 AO ist allerdings erstmalig ein Hinweis auf ein solches Tax CMS aufgenommen worden. Damit erhält ein Tax CMS erstmalig auch von der deutschen Finanzverwaltung eine „offizielle“ Bedeutung, wobei sie dieses eher als Angebot an den Steuerpflichtigen sieht, um strafrechtliche Risiken bei der Korrektur von Steuererklärungen oder Betriebsprüfungsfeststellungen zu vermeiden.[12]
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Allerdings hat das Tax CMS durch diese erstmalige Verknüpfung mit dem Steuerstrafrecht nun eine Bedeutung gewonnen, der man sich objektiv nicht mehr entziehen kann und sollte. Die Unternehmen sind aufgrund der in den letzten Jahren deutlich verschärften Rahmenbedingungen in Bezug auf steuerstrafrechtliches Handeln sowie der Haftungsrisiken gut beraten, ein umfassendes und wirksames Tax CMS zu implementieren.
b) Internationale Rahmenbedingungen
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Durch die Anwendung der verschiedenen nationalen und internationalen Steuergesetze und die vielen neuen Gesetzesinitiativen zur Implementierung eines Tax CMS ergibt sich für international tätige Unternehmen eine hohe Komplexität und eine Vielzahl an zu beachtenden Standards und Sichtweisen der internationalen Institutionen und Finanzbehörden auf die Tax Compliance und das steuerliche Risikomanagement. Im Spannungsfeld zwischen zentraler Überwachung der internationalen Anforderungen an die Tax Compliance durch eine zentrale Konzernsteuerabteilung und dem dezentral in den Ländern vorliegenden steuerlichen und prozessualen Know-How gilt es die technischen sowie die Reputationsrisiken stets im Blick zu behalten.
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Beispielhaft werden im Folgenden die Initiativen internationaler Organisationen zum BEPS sowie einzelne Sichtweisen ausländischer Finanzbehörden betrachtet.
aa) Base Erosion and Profit Shifting (BEPS)
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Als Reaktion auf die aggressiven Steuergestaltungen einiger global tätiger Konzerne hat die OECD (Organisation for Economic Co-operation and Development) zusammen mit den 20 größten Staaten (G 20) und diversen Entwicklungsländern eine Initiative zum koordinierten Ansatz gegen schädlichen Steuerwettbewerb und gegen missbräuchliche Steuergestaltung ins Leben gerufen (BEPS-Initiative). Im Ergebnis sind im Rahmen der BEPS-Initiative 15 Handlungsfelder verabschiedet worden, die Vorlage für die nationalen (Steuer-) Gesetzgebungen der beteiligten Staaten sind und nun sukzessive in jeweils gültiges nationales Recht umgesetzt werden.
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Das BEPS-Projekt wurde mit dem Ziel initiiert, gegen den Steuerwettbewerb der Staaten untereinander vorzugehen und aggressive Steuerplanungen international tätiger Konzerne zukünftig zu verhindern. Leitgedanke dabei ist, jedem Staat seinen fairen steuerlichen Anteil am gesamten wirtschaftlichem Ergebnis internationaler Konzerne zu geben, aber auch zu verhindern, dass sich die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen verringert, die solche Steuergestaltungen nicht nutzen (können) und deswegen eine höhere Steuerlast tragen. Aus Sicht des Bundesfinanzministeriums betrifft dies vor allem kleine und mittelständische Unternehmen. Zudem sei aus Sicht der deutschen Finanzverwaltung ganz grundsätzlich das Gebot der Steuergerechtigkeit betroffen, wenn einige wenige durch komplexe Konstruktionen ihre Steuerlast auf ein Minimum reduzieren und andere nach dem gesetzlichen Regelsteuersatz besteuert werden[13].
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Für global tätige Konzerne wie den Bertelsmann-Konzern stellen die verabschiedeten Maßnahmen bzgl. BEPS eine nicht zu unterschätzende Herausforderung im Hinblick auf die Unternehmensprozesse und die Organisation der steuerlichen Arbeit dar. Zum Einen ergeben sich durch die BEPS-Initiative eine Vielzahl neuer Steuergesetze sowie insbesondere durch das sog. Country-by-Country-Reporting (CbCR) und die verpflichtende Erstellung einer konzernweiten Verrechnungspreisdokumentation eine bis dahin nicht dagewesene Transparenz der Steuerdaten. Im Rahmen des CbCR sind der Finanzbehörde der obersten Gesellschaft eines Konzerns künftig Informationen und quantitative Daten aufgerissen nach allen Ländern der operativen Geschäftstätigkeit zu melden. Die teilnehmenden Staaten haben das Recht, das CbCR von der Finanzbehörde, bei der das CbCR eingereicht wurde, einzusehen. In Deutschland wurde das BEPS-Maßnahmenpaket im Dezember 2016 im sog. BEPS-Umsetzungsgesetz[14] eingeführt.
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Ungeachtet der Vorteilhaftigkeit dieser Transparenzmaßnahmen für die Finanzbehörden, ergibt sich für global tätige Unternehmen die herausfordernde Notwendigkeit, die Integrität und Abstimmbarkeit der Daten für alle Tochtergesellschaften weltweit sicherzustellen. Dies ist ausschließlich durch eine zentrale Organisation – gesteuert von der Konzernsteuerabteilung – realisierbar.[15] Der Bertelsmann-Konzern hat bedingt durch die neue BEPS-Thematik eine eigene Organisationseinheit innerhalb der internationalen Steuerabteilung der Konzernsteuerabteilung geschaffen, die die zentrale Steuerung und konzernweite Implementierung dieses Themas sicherstellt.
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Zum Anderen ergeben sich durch BEPS neue Formen und eine neue Dimension der Zusammenarbeit und des Austauschs der Finanzbehörden der beteiligten Länder untereinander. Um die damit verbundene gestiegene Häufigkeit von inhaltlichen Anfragen und Prüfungen seitens der Finanzbehörden konzernweit zu handhaben, ist eine zwingende Einbettung der BEPS-Thematik sowie entsprechender organisatorischer und Kontrollmaßnahmen in das Tax Compliance-System unerlässlich.
bb) Bedeutung des Tax Risk Management für ausländische Finanzbehörden
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Als Ausfluss der öffentlichen Debatte sowie einzelner Unternehmensskandale um risikoreiche Geschäfte und aggressive Steuergestaltungsmodelle insbesondere US-amerikanischer Konzerne sind ausländische Finanzbehörden insbesondere im englischsprachigen Raum Vorreiter bei der Legislative zur Thematik der Tax Compliance. Folge daraus ist teilweise ein Ansatz weitreichender Offenlegungs- und Dokumentationspflichten wie z.B. in den USA der Sarbanes-Oxley-Act und die Beteiligung am sog. „co-operative compliance program“ (Compliance Assurance Program). In Großbritannien, Australien oder den Niederlanden (Horizontal