Название | Erwerb der deutschen Pluralflexion |
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Автор произведения | Gülsüm Günay |
Жанр | Документальная литература |
Серия | Language Development |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783823300243 |
Diese drei Grundregeln zeigen, dass der Wortauslaut von nominalen Pluralformen einen Trochäus aufweist. Am Wortende folgt auf eine betonte Silbe eine unbetonte Silbe.
Das Phänomen der Umlautung wird in diesen Regeln nicht betrachtet. Aus diesem Grund werden im Duden neben diesen Grundregeln in Unterkapiteln „Umlaut-“ und „Zusatzregeln“ formuliert. Diese Regeln können aber nicht alle irregulären Bildungen oder bestehenden Schwankungsfälle erklären.
Auch Wegener (1992) beschreibt das deutsche Pluralsystem unter Beachtung der Aspekte des Wortauslauts und des Genus. In Anlehnung an Mugdan (1977) führt sie, mit dem Ziel eine möglichst kompakte, aber dennoch genaue Skizze des deutschen Pluralsystems zu erstellen, die wichtigsten Pluralmarker im Zusammenhang mit den beobachtbaren Regeln auf. Nur fünf Pluralmarker einschließlich Umlaut (UL) seien ausreichend und drei Hauptregeln seien auszumachen, um die Pluralbildung im Deutschen aufzeigen zu können (vgl. Wegener 1992: 226). Diese sind nach einer Abbildung von Wegener wie folgt darzustellen:
Abbildung 1: Pluralbildung im Deutschen (nach Wegener 1992)
Als „markiert“ gelten Nomen, die bei vokalischem Auslaut auf kein Schwa enden, sondern auf einen unbetonten Vollvokal (wie Auto). Dazu gehören auch Kurzwörter wie Kuli und Abkürzungen wie PKW. Die letzte Gruppe von Nomen, die als markiert gelten, zeichnet aus, dass aus verschiedenen Gründen keine Pluralbildung durch lautliche Veränderung der Nomen möglich ist, wie z.B. bei Kurzwörtern wie Loks oder bei Eigennamen. All diese Nomen mit markiertem Auslaut wählen den Pluralmarker -s.
Diese Beobachtung ist phonologisch zu erklären: Der Pluralmarker -e bzw. -en kann nur auf betonte Vokale am Wortende folgen, wie z.B. bei Ideen, da eine Suffigierung an einem unbetonten Vokal eine unnatürliche Dehnung zur Folge hätte, die so im Deutschen nicht auftritt, wie z.B. *Uhuen oder *PKWen (vgl. Wegener 1992: 228). Unmarkierte Feminina wie z.B. Uhr, Ader wählen den Pluralmarker -en bzw. -n und unmarkierte Maskulina wie z.B. Jahr, Garten wählen den Pluralmarker -e (eventuell mit Umlaut) bzw. den Nullplural.
Mit diesen Hauptregeln sei für den Großteil der Nomen die Pluralbildung erklärbar. Neben diesen Hauptregeln formuliert Wegener „Nebenregeln“ und wählt bewusst diesen Terminus, statt diese Phänomene beispielsweise als Ausnahmen zu bezeichnen, da „eine Teilregularität“ (Wegener 1992: 231) vorhanden sei. Nur Fälle der besonderen Pluralbildung wie z.B. Numeri, die nicht produktiv sind und keine Klassen bilden, sollten als Ausnahmen gelten.
Eisenberg (2000) bezieht sich ebenfalls auf Augst (1979) und Mugdan (1977). Er weist auf den Disput über Klassifikationen von Flexionstypen hin und schlägt eine Einteilung in „Genitiv Singular“ und „Nominativ Plural“ vor. Dabei unterscheidet er vier Haupttypen der Nominalflexion, die jeweils zwei Gruppen aufweisen (vgl. Eisenberg 2000: 152ff.). Im Folgenden sollen diese Haupttypen für die Pluralbildung im Nominativ vorgestellt werden.
Der erste Typ beschreibt die starke Deklination der Maskulina und Neutra:
(19) | der Berg | → | die Berge |
das Kind | → | die Kinder |
Zum zweiten Typ zählt die schwache Deklination der Maskulina:
(20) | der Mensch | → | die Menschen |
der Löwe | → | die Löwen |
Der dritte Typ betrifft die gemischte Deklination der Maskulina und Neutra:
(21) | der Staat | → | die Staaten |
das Ende | → | die Enden |
Beim vierten Typ geht es um die Deklination der Feminina:
(22) | die Burg | → | die Burgen |
die Wand | → | die Wände |
Wie Augst, Mugdan und Wegener stellt auch Eisenberg den Auslaut und das Genus betrachtend sechs Pluraltypen heraus, deren Ausprägung hier nicht beschrieben werden sollen, da nahezu alle Erklärungen der Regelmäßigkeiten bereits in den vorangehenden Ausführungen vorgestellt wurden.
Gegen diese eher strukturalistischen Ansätze versucht Köpcke (1993) eine Regelformulierung, die „um eine psychologische Komponente erweitert [… ist], in deren Mittelpunkt der Sprachbenutzer mit seiner allgemeinen kognitiven Ausstattung steht, aufgrund derer er dazu befähigt ist, eine Art sekundäre Ordnung in das scheinbare Chaos zu bringen“ (Köpcke 1993: 20). Trotz einiger Unterschiede, wie z.B. der Annahme, dass es im Deutschen acht (vgl. Köpcke 1993: 35) und nicht neun Pluralallomorphe gibt, wie oft in der Literatur aufgeführt (siehe z.B. Ramge 1975, Werner 1969: 93, Nübling 2002: 98, Mac Whinney 1994: 302, Christen 2000: 199)3, geht auch Köpcke in erster Linie von den bisher dargestellten Annahmen aus. Der entscheidende Unterschied beruht auf seiner Fokussierung des Sprecherverhaltens (vgl. Köpcke 1993: 37). Regelmäßigkeiten in der Pluralbildung könnten zwar formuliert werden, würden jedoch kaum dafür genutzt werden können, um Feststellungen über das Sprecherverhalten, wie es in der Wirklichkeit abläuft, zu konzipieren. Bereits Mugdans Ergebnisse von 1977, in denen er feststellt, dass „15 Regeln und 21 Listen von Ausnahmen benötigt [werden], um die Pluralzuweisung zu allen nominalen Lexemen des Deutschen erklären zu können“ (Köpcke 1993: 38), würden zeigen, dass eine alleinige Formulierung von Regeln nicht ausreiche. Die zahlreichen Auflistungen von Ausnahmen deuten darauf hin, so Köpcke, dass außer der Regelaufstellung die Bildung eines weiteren Konzeptes für die Erklärung der Pluralmarkierungszuweisungen notwendig sei, und zwar das Konzept der „Schemata“ (Köpcke 1993: 82). Der Sprecher bildet in seinem mentalen Lexikon verschiedene, mit unterschiedlichen Strukturen gekennzeichnete, Schemata. Die Kennzeichnung gehe aus der so genannten „Signalstärke“ hervor, die sich aus verschiedenen Kategorien der Wahrnehmung zusammensetze. Das heißt, dass der Sprecher bei der Zuweisung von Pluralmarkierungen auf Schemata zurückgreift, die er in seinem mentalen Lexikon durch vorherige Wahrnehmungen bildet.
Dieses Konzept soll an dieser Stelle nicht ausführlicher behandelt werden, da es in Kapitel 5.1 eingehender thematisiert wird. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Köpcke davon ausgeht, dass die Markierung des Plurals eher produktorientiert nach „abstrakten Schemata“ (Köpcke 1993: 86) im mentalen Lexikon erfolgt und weniger mit durch Regeln entstandene Morphembildungen zu erklären ist.
Wie bereits angedeutet, spielt die Silbenstruktur der Nomen ebenfalls eine Rolle bei der Pluralmarkierung. Es kann festgestellt werden, dass einsilbige Wortstämme bei der Pluralbildung in zweisilbige Pluralformen umgewandelt werden, die einen Trochäus mit finaler Schwa-Silbe aufweisen:
(23) | Schuh | → | Schuhe |
Mehrsilbige Wörter enden bei der Pluralform ebenfalls auf einen Trochäus:
(24) | Elefant | → | Elefanten |
Nahezu keine Regelaufstellung erfolgt, ohne dass Ausnahmen formuliert werden. Die einzige Regel, die bei allen Systematisierungsbestrebungen auftaucht und deren Gültigkeit immer gegeben ist, ist die Regel, dass für Feminina mit Schwa als Auslaut immer ein -n suffigiert wird (vgl. Sonnenstuhl-Henning 2003: 94):
(25) | die Birne | → | die Birnen |
In den nächsten Kapiteln soll nun das Genussystem und anschließend das Kasussystem des Deutschen skizziert werden.
2.2 Das Genussystem des Deutschen
Die Merkmalklasse Genus weist im Deutschen die Merkmale Femininum, Maskulinum und Neutrum auf und ist „nomeninhärent“, das heißt für jedes Nomen „festgelegt“ (Weber 2001: 11). Sind Gesetzmäßigkeiten bei dieser Festlegung erkennbar? Inwieweit sind diese Gesetze gültig? Können sie überhaupt