There will be no surrender. Mitch Walking Elk

Читать онлайн.
Название There will be no surrender
Автор произведения Mitch Walking Elk
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783948878146



Скачать книгу

hervor: Kinder, die von ihren Eltern versteckt wurden, damit sie das Andenken ihrer Ahnen weitertragen konnten, während ihre Brüder und Schwestern dahinsiechten und vielleicht starben. Denn das Motto dieser Internate war eindeutig: „Den Indianer zu töten, um den Menschen zu retten. Schätzungen gehen heute davon aus, dass etwa ein Drittel aller Kinder diesen Terror nicht überlebten. Trotzdem wurde das System bis in die 1970er, teilweise achtziger Jahre weitergeführt. Die Schüler, die diese Boarding Schools überlebten, waren für ihr Leben gezeichnet, entwurzelt von der eigenen Kultur und Identität. Nur wenige schafften es, aus dem anfangs sicherlich gut gemeinten Ansatz ihr eigenes Leben zu gestalten und ein angepasstes Leben zu führen, wie es sich die Obrigkeit eigentlich vorgestellt hatte. Die negativen Folgen kann man heute auf den Reservationen erleben: Resignation, Arbeitslosigkeit, Alkoholismus, Gewalt, Entfremdung von der eigenen Kultur …

      Eigentlich muss es verwundern, dass es immer noch Menschen gibt, die diesem Sumpf entkommen und ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen. Mitch ist so ein Mensch. Vom System bereits als verwahrlostes, straffälliges Kind abgeschrieben, verbringt er erst seine Jugend und dann einen Teil seines Erwachsenenlebens in verschiedenen Besserungsanstalten und später als Krimineller in Gefängnissen. Doch er ändert sich. Das American Indian Movement prägt seine Einstellung und er entflieht dem Kreislauf aus Alkohol, Drogen und kriminellen Handlungen. Er wird zum Sonnentänzer und Pfeifenbewahrer und er entdeckt sein Talent in der Musik. Er schreibt Protestlieder und drückt in ihnen seinen Zorn auf das Weiße System aus. Eroberer und Zerstörer sind es, die ihm seinen Stolz und seine Identität genommen haben, und nun fordert er sie zurück. Mitch kämpft kompromisslos für das American Indian Movement, doch auch hier entwickelt er sich vom aktiven Kämpfer zum besonnenen Botschafter seines Volkes. Nicht anklagend, sondern erklärend zwingt er uns, ein großes Verbrechen zu verstehen, das an den indigenen Menschen begangen wurde und immer noch wird. Es schmerzt, was wir hier lesen, und immer wieder stellt sich uns die Frage „was wäre wenn“. Welchen Weg hätte Mitch nehmen können, wenn er eine behütete Kindheit gehabt hätte? Wie wäre sein Leben verlaufen, wenn er noch in den alten Traditionen seines Volkes hätte aufwachsen können? Es ist müßig, darüber nachzudenken, denn es ist, wie es ist. Trotzdem hilft uns seine Geschichte, zu begreifen, warum so viele indigene Menschen ihr Leben nicht in den Griff bekommen. Wie oft neigt man zu vorschnellen Urteilen? Immer wieder hören wir den deutlichen Vorwurf: „Die wollen ja gar nicht anders!“ oder „Die sind ja selbst schuld!“. Die! Diese „die“ sind Menschen wie Mitch, die vielleicht nie eine wirkliche Chance in ihrem Leben hatten. Nicht alle finden die Kraft, sich aus den Fesseln zu lösen und einen guten Weg im Leben zu finden. Dieses Buch erzählt von einem Menschen, der sich nie aufgegeben hat und damit auch anderen Hoffnung geben kann.

      Buno Schmäling

       Erste Worte

      Eigentlich habe ich diese Geschichte schon vor vielen Jahren begonnen, aber aus verschiedenen Gründen hatte ich nicht das Durchhaltevermögen und das Know-how sie zu Ende zu schreiben. Jetzt, wo ich sie nun schreibe, komme ich zur Erkenntnis, dass ich vorher einfach noch nicht lange genug gelebt hatte, um bestimmte Teile dieser Geschichte zu erzählen, die später wichtig sein könnten. Nun ist die Zeit dafür gekommen und ich erkenne, dass die Lebenserfahrung von wichtiger Bedeutung ist, wenn man seine persönliche Geschichte erzählen möchte. Beim Schreiben und Lesen von dem, was ich bisher zu Papier gebracht habe, fällt mir auf, dass es eine schwierige Geschichte ist. Aber es ist auch eine gute Geschichte, und mehr noch, es ist eine wahre Geschichte. Es gab Zeiten in meinem Leben, in denen ich bereits am Rande des Grabes stand, aber ich habe niemals aufgegeben, selbst dann nicht, als ich flach mit dem Gesicht nach unten auf der Erde lag oder ich einen vollkommen falschen Weg eingeschlagen hatte. In diesen Momenten wäre es besser gewesen, ich hätte den Kurs gewechselt und wäre letztlich in eine andere Richtung weitergegangen. Trotzdem habe ich es immer wieder irgendwie geschafft.

      Im Indianerland gibt es eine Geschichte über einen Eimer voller Krebse. Jedes Mal wenn einer der Krebse versucht, über den Rand des Eimers zu entkommen, ziehen ihn die anderen Krebse wieder hinein. Das geschieht wieder und wieder, und natürlich schafft es auf diese Weise kein einziger Krebs zu entkommen. Sie sind in dem Eimer gefangen und sterben dann irgendwann.

      Wenn man sich diese Fabel im Indianerland erzählt, dann sind mit den Krebsen „wir“ gemeint und das „Zurückziehen in den Eimer“ steht für die Unfähigkeit, sich aus dem Sumpf zu befreien oder dass wir unsere Situation immer nur als Ausrede benutzen, um uns selbst Steine in den Weg zu legen.

      Was ich persönlich an dieser Krebsfabel so bedeutsam finde, sind nicht so sehr die Krebse, die die Fluchtversuche der anderen Krebse verhindern, indem sie sich gegenseitig immer wieder in den Eimer zurückziehen, sondern dass es immer wieder einen Krebs gibt, der überhaupt versucht zu entkommen.

      Mit diesem Gedanken im Kopf beginne ich diese Erzählung und hoffe, dass ich andere „Krebse“ dazu inspirieren kann, nicht nur den Wunsch zu haben zu fliehen, sondern wirklich frei zu sein.

      Während ich dies schreibe, sind einige bedeutsame Dinge im Bezug auf Indianer in der Welt passiert. Ein wichtiges Ereignis war, dass 140 Nationen die „nicht-verbindliche“ Erklärung der Vereinten Nationen unterzeichnet haben, in der sie erklären, die Rechte der eingeborenen Völker anzuerkennen. Vier Länder haben dagegen gestimmt, mit der Begründung, die Resolution würde den eingeborenen Völkern zu viele Rechte zugestehen, und dies wäre unvereinbar mit der aktuellen Gesetzeslage. Kanada, Australien, Neuseeland und die Vereinigten Staaten stimmten zuerst dagegen, aber unter dem Druck der Weltgemeinschaft oder aus anderen Gründen stimmte ein Land nach dem anderen doch zu Gunsten der Eingeborenen. Eine Gemeinsamkeit dieser vier Länder ist, dass sie alle Ureinwohner hatten, die innerhalb ihrer Grenzen lebten. In Australien gibt es die Aborigines, in Neuseeland die Maori und in den USA und Kanada viele Stämme, Volksgruppen oder Nationen, die man früher als Indianer bezeichnete, die aber heute, um politisch korrekt zu sein, „Native Americans“ genannt werden. Diese sind die indigenen Völker.

      Meiner Meinung nach verleiht die anfängliche Ablehnung der Deklaration durch die erwähnten Regierungen den Klagen der Eingeborenen über erlittenes historisches Unrecht noch mehr Glaubwürdigkeit.

      Das Ergebnis oder die Tatsache, dass diese Regierungen ihre ursprüngliche Stimme nun zu Gunsten der Eingeborenen geändert haben, muss erst noch abgewartet werden. Aufgrund dessen, dass die Resolution nicht verbindlich ist, ist sie zwar ein legales Dokument, allerdings, bildlich gesprochen, ohne Zähne, höchstens mit Milchzähnchen. Inwieweit die Weltgemeinschaft sie wirklich unterstützt, wie sie reagiert oder dagegen ist, muss ebenfalls abgewartet werden.

      Die Ungerechtigkeiten haben sich über Generationen hinweg bis in die heutige Zeit fortgesetzt und jene, die heute begangen werden, sind nur die Spitze des Eisberges. Die Auswirkung dieses Unrechts kann man als Menschenrechtsverletzungen bzw. als Missbrauch der Schöpfung an sich bezeichnen, und sie hatte und hat katastrophale Folgen für Mensch und Tier, sowie für das Land und das Wasser.

      Angesichts der Auswirkungen von mehr als 500 Jahren der Lügen, des Betrugs und des Völkermords, kultureller Assimilation und Gehirnwäsche, unangemessener Gesundheitsfürsorge, finanzieller Unterstützung, Zwangssterilisation von indianischen Frauen und Vertragsbrüchen ist die Haltung der US-Regierung unangemessen und inakzeptabel. Sie ist einfach nicht ehrlich, und es gab noch nicht einmal eine Entschuldigung für all das, was zum spirituellen, mentalen, emotionalen und letztlich auch zum physischen Verfall von Millionen von Ureinwohnern beigetragen hat. Und von denen, die noch übrig sind, tragen viele Traumas mit sich herum, ohne dies je zu bemerken. Es ist eine schreiende Ungerechtigkeit, dass wir, als Nachfahren der ursprünglichen Menschen aus diesem Teil der Welt, gezwungen sind, uns Tag für Tag damit auseinanderzusetzen. Ich spende all den Nationen Beifall, die den Respekt hatten, die Erklärung zu unterzeichnen und die damit die Rechte der indigenen Völker anerkannt haben, denn nach wie vor werden die Rechte indigener Menschen mit Füßen getreten.

      Im Januar 2000 hat sich Präsident Bill Clinton offiziell bei den Menschen in Guatemala für die Beteiligung der Vereinigten Staaten an ihrem Bürgerkrieg entschuldigt, der drei Jahrzehnte lang andauerte. Nicht entschuldigt hat er sich für das Unrecht, das vor allen Dingen den dortigen