Название | Kunst des Lebens, Kunst des Sterbens |
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Автор произведения | Yungdrung Wangden Kreuzer |
Жанр | Сделай Сам |
Серия | |
Издательство | Сделай Сам |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783867813464 |
Wenn wir Ethik als »die Wissenschaft eines jetzt und auf Dauer heilsamen Handelns« definieren, so ist ihr Gegenstand der Zusammenhang aller Handlungen von Körper, Rede und Geist mit den dadurch bewirkten Folgen und damit das Studium des Gesetzes von Ursache und Wirkung oder Karma. Dieses wirkt in Bezug auf all unsere Taten und Erfahrungen ebenso verlässlich regulierend und ausgleichend wie überall in der Natur. Actio est Reactio. Wenn wir die Ursachen des Leidens verstehen, können wir diese beseitigen und wieder gesund werden.
All unsere Gedanken, Worte und Handlungen haben als spezifische, von uns ausgehende und gesetzte Ursachen und Impulse die ihnen genau entsprechenden Wirkungen, die unmittelbar in der Gegenwart und in der Zukunft unsere eigene Wahrnehmungsweise und unsere Erfahrungswelt gestalten und prägen. Achtsames, auch auf seine Folgen bedachtes Handeln erweist sich als nachhaltig geschickt, denn seine Auswirkungen sind positiv, wenn es frei von unheilsamen Beweggründen ist. Unachtsames, auf die möglichen Nachwirkungen nicht achtendes, rücksichtloses Handeln ist meist auch unheilsam und damit ungeschickt, weil es negative Folgen für einen selbst und die Gesellschaft und die Umwelt hat. Um ein deutliches Beispiel zu geben, brauchen wir wie gesagt nur die derzeitige Umweltverschmutzung, die sie verursachende Profitgier der Firmen, unser eigenes, von der Werbung gesteuertes Konsumverhalten und dessen Folgen zu betrachten. Der Verschmutzung der äußeren Welt geht wie gesagt die Verschmutzung unserer Innenwelt mit den Toxinen des Geistes wie Überheblichkeit, das Ignorieren unserer Fehler, Rücksichtlosigkeit und die Gier nach immer neuen Wunschobjekten und Sensationen voraus. Unser Denken, Wünschen und Handeln formen unser Leben und unsere Welt.
Um ein weiteres, kleines Beispiel aus dem täglichen Leben zu geben: Unsere Worte sind im Grunde nur Töne, die verklingen – sie sind unbeständig und vergänglich, und doch kann ein verletzendes Wort Schäden bewirken, die schlimmer sind und länger bleiben als solche, die durch Waffen zugefügt werden. Ein böses und unbedacht hingesagtes Wort genügt manchmal, um Freunde lebenslang zu Feinden zu machen. Ein negatives, entwertendes Wort kann die gute Stimmung eines friedvollen Miteinanders in der Familie trüben oder ihre Mitglieder für immer entzweien. Seine verunreinigende Wirkung gleicht einem Körnchen Mäusekot, das, wenn es in einen Topf Milch hineinfällt, die ganze Milch verderben kann – so sagen die Tibeter.
Heilsames Handeln
Die genannten ethischen Richtlinien des gültigen Dharmas der Einheit allen Seins oder des göttlichen Gesetzes der Resonanz raten zu heilsamem und vernünftigem Handeln; und sie wurden der Menschheit vermittelt, um den Einzelnen vor Handlungen zu bewahren, die ihm selbst und anderen schaden. Sie finden sich in den heiligen Schriften aller Weltreligionen.
Da aber auch das Anhaften an verschiedenen Glaubenssystemen, Dogmen oder Konfessionen trennt und Leiden generiert und für die Schaffung von Konflikten instrumentalisiert wird, ist es heute für die Menschheit und für alle anderen Lebewesen auf diesem Planeten überlebenswichtig, die grundlegenden Werte – wie Friede, Verständigung, Mitgefühl, Wohlwollen, Nächstenliebe, Kooperation, Gewaltlosigkeit, Nachhaltigkeit und Ganzheitlichkeit – als die den Religionen gemeinsamen Elemente und Richtlinien für ein ganzheitliches und tugendhaftes Handeln herauszuarbeiten: ein ethisches Handeln, das gleichermaßen einem selbst, den anderen und der Umwelt nützt und sich nach den einfachen goldenen Regeln richtet, die Konfuzius, wie gesagt, schon vor langer Zeit formulierte: »Behandle die anderen so, wie du selbst gern behandelt werden willst.« Oder auch, im Umkehrschluss: »Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem anderen zu.« Diese Direktiven geben dem Menschen eine klare Richtlinie für sein eigenes Tun und Lassen und schaffen Klarheit, wenn er sein Verhalten daran misst.
Eine ergänzende Entscheidungshilfe bei ethischen Fragen ist im gleichen Sinne natürlich auch Kants Formulierung des kategorischen Imperativs: »Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.«
Eine Gesellschaft, deren Mitglieder nach der ihnen suggerierten Maxime leben, es gebe nur ein Leben und in diesem solle man sich all seine Wünsche erfüllen und möglichst viel angenehme Erfahrungen, Wunschobjekte, Geld und Besitz ansammeln, wird zwangsläufig damit eine allgemeine Unzufriedenheit und Unruhe kultivieren, an Lebensqualität verlieren und ihre eigene Umwelt schädigen.
In unserer persönlichen Selbstentwicklung können wir fortschreiten vom Zustand eines noch unvernünftigen Kindes, in dem wir unseren unbewussten Konditionierungen und Gewohnheitstendenzen und den früheren Prägungen sowie den Einflüssen und Normen unserer Umgebung und Gesellschaft noch automatisch folgen und häufig dieselben Fehler wiederholen, da uns persönlich der Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung unserer Handlungen eigentlich noch unklar ist. Wir können uns aus der Rolle des unmündigen Kindes und Opfers befreien, das keine Verantwortlichkeit für sein Tun übernehmen will. Wenn wir unser Verstehen vertiefen, können wir wirklich erwachsen und ein »Virtuose« werden, wahrhaft geschickt, achtsam und verantwortungsvoll in unseren Handlungen von Körper, Rede und Geist. Und zu guter Letzt wird jeder von uns ein Meister in der »Kunst des Lebens« sein, deren Erlernen, so heißt es, viele Leben dauert, denn diese Kunst ist »lang«, das menschliche Leben aber kurz – eben »Ars longa, vita brevis«.
Wenn wir es wollen, können wir zu wirklicher Erkenntnis unserer selbst und der Welt kommen und ein wirklich vom Sinn erfülltes Leben führen. Ich glaube, je mehr wir den Sinn erkennen und ihm nachfolgen, desto glücklicher und gelungener ist auch unser Leben.
C. G. Jung bemerkte, sicher aus seiner großen Erfahrung als Therapeut heraus: »Je mehr der Mensch auf falschem Besitz insistiert und je weniger das Wesentliche für ihn spürbar ist, desto unbefriedigender ist sein Leben. Er fühlt sich beschränkt, weil er beschränkte Absichten hat, und das schafft Neid und Eifersucht. Wenn man versteht und fühlt, dass man schon in diesem Leben an das Grenzenlose angeschlossen ist, ändern sich Wünsche und Einstellung. Letzten Endes gilt man nur wegen des Wesentlichen, und wenn man das nicht hat, ist das Leben vertan.«
Wenn wir uns bewusst und intensiv dem Sinn in uns zuwenden, der erkannt werden will, und uns wirklicher Selbsterforschung und damit Selbsterkenntnis öffnen, sind wir »Wesen auf dem Weg zum Erwachen« oder »Bodhisattvas«.
Der inhärente, natürliche Ansporn in jedem Menschen, seinen eigenen Sinn und sein wahres Wesen vollkommen zu erkennen und das optimale Empfinden seiner selbst als reines Glück zu realisieren, wird im Mahayana-Buddhismus »Bodhicitta« oder »der zur Erleuchtung drängende Geist« genannt. Es ist »das große Selbst« oder dag-nyid chenpo in uns, das uns als »innerer Lehrer oder Meister« zum Überschreiten des kleinen Ich und seiner selbstreferenziellen Ängste und Wünsche inspiriert und uns zu grenzenloser Ausweitung des Erkennens und des Liebens ruft. Wenn wir beginnen, seinem Ruf zu folgen, erfahren wir immer deutlicher seine Führung in unserem Leben und hören und verstehen seine Worte und Zeichen immer besser. Es ist diese »Rück-Verbindung« oder re-ligio mit unserem wahren, innersten Selbst, die wir in der täglichen Praxis des »Yoga der Verbindung mit dem Meister« kultivieren können. Wenn wir zum Beispiel die darin enthaltene Zeile »Bitte gewähre mir den Segen, mein wahres Wesen zu erkennen!« nicht nur häufig formulieren, sondern wirklich empfinden, so öffnen wir uns bewusst dem Licht der höheren Erkenntnis in uns, das uns damit