Häuser des Jahres 2021. Udo Wachtveitl

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Название Häuser des Jahres 2021
Автор произведения Udo Wachtveitl
Жанр Документальная литература
Серия
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783766725639



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      Grundriss 1. Obergeschoss

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      Grundriss Erdgeschoss

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      Beteiligte Unternehmen: Planer: Schnetzer Puskas Ingenieure, www.schnetzerpuskas.com

      Maßstab

      M 1:400

      1Eingang

      2Einliegerwohnung

      3Schlafen

      4Bad

      5Wohnen

      6Arbeiten

      7Kochen, Essen

      8Dachterrasse

      „Trotz Globalisierung sind immer noch die kulturellen Fragen ausschlaggebend, ob Architektur eine gesellschaftliche Relevanz hat oder nicht.“

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      Andreas Fuhrimann

      Gabrielle Hächler Architekten,

      Zürich (CH), www.afgh.ch

      Anzahl der Bewohner:

      3

      Wohnfläche (m2):

      299

      Grundstücksgröße (m2):

      256

      Standort: Zürich (CH)

      Bauweise: Massivbau (zweischaliges Mauerwerk)

      Fertigstellung: 2018

      Architekturfotografie:

      Valentin Jeck, Stäfa (CH)

      www.jeck.ch

      Lageplan

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      Die Baukunst der Reduktion

      Anerkennungen

      von Bathke Geisel Architekten

      in Münsing

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      Die Lage ist idyllisch, ein Bach grenzt an. Um den Grund möglichst wenig zu versiegeln und den Charme des „wilden Gartens“ zu erhalten, liegen Zufahrt und Carport ein Stück vom Haus entfernt.

      Elegant fügt sich das mit vorvergrautem Holz beplankte Haus an den Bach und in das Grün. Auf einen Keller wurde verzichtet, Autos verbleiben an der Grundstücksgrenze.

      „Wussten Sie schon, dass die Alpen einen ganz erbärmlichen Anblick bieten, wenn man sich die Berge mal wegdenkt?“ Loriot hatte gut reden: Münsings Ehrenbürger, dem die oberbayerische Gemeinde am Starnberger See seit 2017 auf dem Dorfplatz mit den „Herren im Bad“ – Dr. Klöbner und Herrn Müller-Lüdenscheid in einer Wanne aus grauem Granit – gedenkt, hatte die idyllische Landschaft zu Lebzeiten stets im Blick. Direkt am See liegt das Haus im Münsinger Ortsteil Wimpasing, das die Architekten Steffen Bathke und Lutz Geisel – die 2005 in München die Bathke Geisel Architekten PartGmbB gründeten – erbaut haben, zwar nicht, es liegt an einem Bach. Aber wenn man sich die Berge nicht wegdenkt, hat die junge Bauherrenfamilie immerhin die Alpen großartig im Blick.

      Das zum Bachlauf leicht abfallende Grundstück liegt am Dorfrand, das Ufer ist dicht mit Bäumen bewachsen, nach Norden fällt der grüngerahmte Blick auf ein Feld. Der Bebauungsplan war streng, der Kampf um genehmigungsfähige Freiheiten, so die Architekten, war durchaus herausfordernd. Der Auftrag für das Familiendomizil kam auf Empfehlung aus dem Bekanntenkreis sowie von einer ausführenden Holzbaufirma aus dem Vorarlberg zustande, mit der das Büro schon mehrmals und gerne zusammengearbeitet hat: Sie empfahl den Bauherren, so Steffen Bathke, „sich an uns als ‚lokale‘ Architekten zu wenden“.

      Die Zufahrt liegt an der Südwestseite, die Autos bleiben auf Abstand im vorgelagerten Carport. Der überdachten Sitzbank im Eingang nähern Bewohner und Besucher sich zu Fuß. Im Erdgeschoss öffnet sich der Essbereich gen Bach, gewohnt wird mit Blick auf das Feld. Ein weiterer, separater und intimerer Wohnraum liegt auf der Westseite. Zentral besetzt ein Kern aus Sichtbeton den kompakten Grundriss. Eine einläufige Treppe führt ins Obergeschoss, das die Schlafräume beherbergt. Das blaue Kinderbad trennt die beiden Kinderzimmer voneinander. Das knapp 200 Quadratmeter große Haus für Vier kommt ohne Keller aus.

      Diszipliniert bildet die Fassade aus vorvergrauten Hölzern verschiedener Breiten die Nutzung und die Höhenentwicklung des Hauses ab: Das Erdgeschoss öffnet sich großformatig und raumhoch, das Obergeschoss wird von quadratischen Lochfenstern gegliedert. Die Geschossigkeit lässt sich zudem durch eine feine horizontale Staffelung von außen ablesen. Eine Holzständerkonstruktion bildet die Tragstruktur der Wände, die Massivholzdecken bleiben sichtbar, die Dachhaut besteht aus Ziegel. Eine Luft-Wasser-Wärmepumpe versorgt das Haus mit Wärme.

      Urteil der Jury

      von Sven Aretz und Jakob Dürr

      Im Schwarzplan muss man das neue Gebäudeensemble aus Wohnhaus und Garage erst suchen, so selbstverständlich bildet es den Abschluss des Ortsrandes. Ebenso selbstverständlich und zurückhaltend erscheint dem Betrachter das Gebäudeensemble inmitten der natürlich gewachsenen Gartenkulisse aus Büschen und Bäumen von der Straße aus. Es fällt nicht auf. Als sei es immer schon da gewesen. Austauschbar oder gar beliebig wird es dadurch aber mitnichten.

      Erst auf den zweiten Blick erkennt man die Schönheit des Ensembles, insbesondere des Wohnhauses. Eine Schönheit, die nicht auffallen will, die jedoch in jedem Maßstab der Betrachtung von der städtebaulichen Setzung über die funktionale Organisation bis in den feinfühligen Umgang mit Material und Struktur spürbar wird.

      So erzeugt das Ensemble, von der Straße über einen Kiesweg abgerückt, einen klaren Ankunftsort, zu dem sich das Wohnhaus traufständig ausrichtet. Die gleichmäßige, nach oben hin geschossweise, kaskadenartig wachsende Staffelung von Fassade und Dach gliedert das Bauvolumen in wohlproportioniertem, menschlichem Maßstab. Gleichzeitig leitet das Münchner Architekturbüro aus der horizontalen Staffelung die Möglichkeit her, die unterschiedlichen Öffnungen in der Fassade geschossweise und ihrer Funktion entsprechend zu sortieren, ohne dabei die unaufgeregte Schlichtheit und Ruhe der Fassade zu stören.

      Vorvergraute Hölzer in der Fassade, sichtbar akkurat gefügt und Ziegel als Dacheindeckung, Betonsockel mit Brettschalung: Lebendige Materialien, die altern, Patina bilden und sich in den Lebenszyklus der umgebenden Vegetation einfügen.

      Große Empathie für menschliche Gewohnheiten finden sich in aufmerksamen Details wie der überdachten Eingangssituation, den nach Funktionsabläufen, Ausblicken und Himmelsrichtungen geordneten Grundrissen und Fensteröffnungen, aber auch in planerisch kunstvollen Detailfügungen der verschiedenen Materialien wieder.

      Ein stilles, aber kraftvolles Projekt, das es verdient, in der gegeneinander auftrumpfenden Wohnwelt des „Sehen und Gesehen werden“ in seiner schlichten Schönheit gezeigt und gewürdigt zu werden.

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