Название | Sag mir, was du wirklich meinst |
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Автор произведения | Oren Jay Sofer |
Жанр | Сделай Сам |
Серия | |
Издательство | Сделай Сам |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783867813693 |
Mein Weg aus der Sprachlosigkeit
Ich erreichte einen Wendepunkt, als ich Anfang zwanzig war. Nach so einigen gescheiterten Beziehungen, verlorenen Freundschaften und der Scheidung meiner Eltern wandte ich mich der buddhistischen Meditation zu, um Ordnung in mein inneres Chaos zu bringen. Nach dem College lebte und arbeitete ich in der Insight Meditation Society im ländlichen Massachusetts. Die buddhistischen Lehren halfen mir, besser klarzukommen und reifer zu werden. Und doch bemerkte ich, dass Qualitäten wie Klarheit, Güte und Mitgefühl, die ich so stark empfand, während ich meditierte, sich meist schnellstens in Luft auflösten, wenn es beispielsweise einen Konflikt mit einem Kollegen gab. Und noch weniger zugänglich waren sie mir, wenn ich mit meiner Familie sprach.
Ich erinnere mich an einen besonders wüsten Streit mit meinem älteren Bruder, der damit endete, dass ich, an der Grenze meiner Frustrationstoleranz angelangt, einen Stuhl nahm und ihn auf den Boden im Wohnzimmer meiner Großmutter schmetterte. Dramatisch, ich weiß – aber so war es.
Erst als ich an einem Kommunikationstraining für die Mitarbeiter des Meditationszentrums teilnahm, wurde mir klar, dass ich meine Sprechgewohnheiten genauer studieren und verbessern konnte. Nach diesem ersten halbtägigen Seminar hatte ich angebissen. Ich belegte einen achtwöchigen Kurs in einem nahegelegenen Städtchen, und es dauerte nicht allzu lange, bis ich auf Dr. Marshall B. Rosenberg stieß.
Als ich begann, die Schnittmengen von kontemplativem Gewahrsein und Kommunikation zu erkunden, stellte ich fest, dass die Jahre meiner Achtsamkeitspraxis einen fruchtbaren Boden bildeten, auf dem neue Kommunikationsgewohnheiten heranwachsen konnten. Als ich dann später mit dem Somatic Experiencing in Kontakt kam, einem von Dr. Peter A. Levine begründeten Ansatz der Traumatherapie, fügte das meinem Verständnis von menschlichem Verhalten eine neue Dimension hinzu. Ich fing an, Beziehungsmuster als Teil der natürlich in uns angelegten Mechanismen zum Selbstschutz, zum Überleben und zu sozialer Verbundenheit zu betrachten.7 Ich konnte differenzierter beobachten, wie diese elementaren evolutionären Mechanismen in Gesprächen zum Tragen kommen, und lernte, anderen Menschen zu helfen, Gewohnheitsmuster abzulegen, die ihnen nicht mehr dienlich waren. All dies hat mich zu einer viel tieferen Wertschätzung der Macht und der Komplexität menschlicher Interaktion und Kommunikation geführt.
Das Universum der Kommunikation
Kommunikation besteht aus viel mehr als nur Sprechen und Zuhören. Sie umfasst weitaus mehr als den bloßen Austausch vermeintlich objektiver Information. Ob es nun um ein strategisches Ziel geht (etwas Bestimmtes erreichen) oder um eine Beziehung (sich verbinden), Kommunikation hat immer mit einem bedeutsamen, auf Verständigung abzielenden Austausch zu tun.
Kommunikation ist ein Interaktions- oder Austauschprozess, der Verständigung schafft.
Das gilt nicht nur für uns Menschen. Die meisten (wenn nicht gar alle) Lebensformen haben irgendeine Art »Sprache«, ein System, mithilfe dessen sie Informationen austauschen. Wir Menschen haben die Fähigkeit, Botschaften auszusenden und zu empfangen, außerordentlich weit entwickelt. Das trägt dazu bei, dass wir auf solch erstaunliche Weisen kooperieren und Dinge erschaffen können, im Guten wie im Schlechten.
Und doch umfasst menschliche Kommunikation so vieles mehr als das, was wir sagen. Sie impliziert auch, wie wir sprechen – den Tonfall, die Lautstärke und die Geschwindigkeit –, wodurch wir eine ganze Fülle an Informationen darüber vermitteln, wie wir uns fühlen, was wir voneinander halten, wie viel Macht wir haben und so weiter. Dabei spielt auch eine Rolle, warum wir sprechen. Was wollen wir? Was ist unsere Motivation? Und natürlich geht es auch um das Zuhören: wie wir zuhören, warum wir zuhören und ob wir überhaupt zuhören.
Neben dem Sprechen und dem Zuhören ist Gewahrsein eine weitere grundlegende Komponente der Kommunikation. Gelingende Kommunikation hängt von unserer Fähigkeit ab, aufmerksam zu sein. Damit »Nachricht versendet« auch »Nachricht empfangen« bedeutet, brauchen wir Präsenz, müssen ganz da sein, unserer selbst und des anderen Menschen bewusst.
Das können wir in ganz alltäglichen Situationen erleben. Haben Sie schon mal mit jemandem gesprochen, der gerade gelesen oder ferngesehen und Sie einfach nicht gehört hat? Die Person spricht dieselbe Sprache, ihre Ohren funktionieren einwandfrei – aber ihre Aufmerksamkeit ist nicht auf das Zuhören gerichtet. Sie ist sich Ihrer Worte nicht bewusst, also findet auch keine Kommunikation statt.
Die Wahrheit ist so offenkundig, dass wir sie oft übersehen: Gewahrsein ist die erste Grundlage aller Kommunikation. Wenn es bei Kommunikation darum geht, Verständigung zu erreichen, geht es bei achtsamer Kommunikation darum, Verständigung durch Gewahrsein zu schaffen. Man könnte sagen, dass das Gegenteil davon achtlose Kommunikation ist – entweder befinden wir uns im Autopilotmodus, oder wir sind absorbiert von dem, was in unserem Geist vor sich geht: Urteile, Kritik, Planungen oder zerstreute Gedanken. Und das ist viel öfter der Fall, als wir zugeben möchten!
Präsenz gehört zu den Dingen, die sich in Worten nur schwer auf den Punkt bringen lassen, und doch macht sie im Hinblick auf unsere Lebensqualität einen riesigen Unterschied. Ich definiere Präsenz als das Erleben, im gegenwärtigen Moment vollkommen bewusst zu sein und den eigenen Körper zu spüren. Meiner Erfahrung nach ist Präsenz so wichtig für die Kommunikation, dass ich all meine Trainings damit beginne, das deutlich zu machen und den Teilnehmenden einen Geschmack davon zu vermitteln, wie es ist, im Gespräch präsent zu sein.
Präsenz ist das verkörperte Gewahrsein unseres unmittelbaren sinnlichen, mentalen und emotionalen Erlebens.
Bei einer der Übungen, die ich als Erstes anleite, lade ich die Teilnehmenden ein, einander eine kurze Geschichte zu erzählen. Wir beginnen mit einigen Minuten Stille, um zu spüren, wie es ist, ganz hier und sich des eigenen Körpers gewahr zu sein. Dann hört die eine Person zu, während die andere ihre Geschichte erzählt, beide in dem Versuch, im gegenwärtigen Moment präsent zu bleiben.
Nach etwa einer Minute läute ich eine Glocke und bitte alle innezuhalten – wo auch immer sie gerade sind, und sei es mitten im Satz. Ich lade sie ein, zu dem Gefühl von Präsenz zurückzukehren und wahrzunehmen, was in ihren Körpern geschieht. Nach einigen Momenten der Stille fahren sie fort und tauschen dann die Rollen, sodass alle Teilnehmenden die Gelegenheit bekommen, im Sprechen innezuhalten. Die meisten Menschen berichten hinterher zweierlei: (1) wie schnell sie den Kontakt zu ihrem Körper verloren haben und (2) wie aufgewühlt sie innerlich waren, als sie innehielten.
Einen Moment lang die Präsenz zu halten ist für die meisten Menschen machbar und einfach. Kontinuierlich mit der Präsenz in Kontakt zu bleiben ist viel schwieriger – offen gesagt, es erfordert einige Übung. In einem Gespräch die ganze Zeit über bewusst zu bleiben ist sogar noch anspruchsvoller. Wir neigen stark dazu, die Präsenz zu verlieren: Oft fallen wir schon aus ihr heraus, sobald wir nur die Augen öffnen. Und es ist kaum zu glauben, wie schwer es ist, hier zu bleiben, sobald wir den Mund öffnen!
Natürlich kennen wir alle auch Ausnahmen: Sei es die Intimität, die wir in romantischen Beziehungen erleben, oder Momente gesteigerten Gewahrseins in der Natur. In solchen Augenblicken fühlen wir oft eine tiefe Verbundenheit. Es ist genau die Kombination von tiefer Präsenz und der Beziehung zu einem anderen Menschen oder unserer Umgebung, die diese Erfahrungen so eindrücklich macht.
Präsenz in eine Beziehung zu bringen ist eine kraftvolle Praxis. Es bedeutet, dass wir wirklich da sind, für uns, für die andere Person und für das, was zwischen uns passiert. Doch es gibt einige Gründe, warum es schwer ist, präsent zu bleiben, während wir sprechen und zuhören:
Wir fühlen uns verletzlich, wenn