About Shame. Laura Späth

Читать онлайн.
Название About Shame
Автор произведения Laura Späth
Жанр Социология
Серия
Издательство Социология
Год выпуска 0
isbn 9783948819514



Скачать книгу

sind der Scham Intentionen oft gar nicht so wichtig, denn sie wirkt so oder so.

      Es sind nicht einfach nur ein paar blöde Erlebnisse, mit denen man dann schon irgendwie abschließt. Da wurde am Selbstwert einer Person geschraubt, da wurde ein Mensch essenzieller Sicherheiten beraubt, beispielsweise der Gewissheit, ein Mensch zu sein, der anerkannt wird, der ein Daseinsrecht hat. Der sprechen und sich frei bewegen darf. Und manchmal ist egal, was danach kommt. Man nimmt diese Erfahrung in das spätere Leben mit und wird überall eine Wiederholung erahnen. Ich befürchte, dass ich mich nie wieder jemandem grenzenlos zugehörig fühlen werde.

      Ich gebe die Mädchen auf. Tauche nie mehr im Training auf. Meide die Orte, an denen ich ihnen unbeabsichtigt begegnen könnte. Gebe nichts mehr darauf, wenn eines der Mädchen nett zu mir ist, kommt es durch Zufall doch zu einem Aufeinandertreffen. Will mit ihnen allen nichts mehr zu tun haben. Nach der Isolation und Einsamkeit, die Bohn beschrieben hat, ziehe ich aus der ganzen Geschichte meine ganz eigenen Konsequenzen: Ich gehöre nicht dazu und deshalb will ich auch nicht mehr dazugehören. »Einen Platz in einer Welt zu finden, die für dich keinen Platz hat – Lass mal lieber alles abfackeln, bevor man abkackt.«29 Ich beschließe, die Sache mit der Zugehörigkeit abzuhaken und meine Position nicht zu verändern, sondern umzudeuten und dafür zu sorgen, dass ich wieder in eine Handlungsposition komme: Abgrenzung statt Ausgrenzung.

      Das bedeutet auch bis zu einem gewissen Grad den Blick der Mädchen zu übernehmen, unter dem ich gelitten habe. Ich beschließe, dass sie recht hatten: Sie finden mich nicht nur falsch, ich bin falsch. Aber genau diese Falschheit beginne ich, anders zu bewerten. Beschämung und Demütigung funktionieren umso leichter, je mehr die betroffene Person von der eigenen Wertlosigkeit überzeugt ist, genauso wie die beschämende Person. Erkennt die beschämte Person ihre unterlegene Position als Gedemütigte nicht mehr an, wird es schwierig. Dann öffnet sich ein neuer Raum – der Raum des Widerstands. Ich versuche mein Anderssein neu zu besetzen. Ich verleibe mir die Position des »Anderen« ein und eigne sie mir an, aber nicht als Unterlegenheit. Ich provoziere das Anderssein, schmücke es aus, beharre darauf. Will, dass es ein ganz besonderer Teil meiner Geschichte wird, den ich nicht mehr verschweige.

      Je stärker ich mich aus bestimmten Gruppenkonstellationen heraushalte und versuche eine eigene Haltung zu entwickeln, desto besser geht es mir, desto eher gelingt es mir, etwas zu bekommen, das vielleicht »Selbstbewusstsein« ist. Mit einem Mal sind Abgrenzung und sogar Widerstand die wesentlich sympathischeren Optionen als Anpassung und Zugehörigkeit. Ich will unantastbar sein. Und deshalb suche ich mehr und mehr »das Andere«, das Alleinsein. Denn: »Allein tanz ich am besten.«

      So ganz hat mich diese Perspektive nicht mehr verlassen, auch wenn ich heute anders darüber denke. Aber: Ich gehe gerne allein ins Kino, fahre allein in den Urlaub, sitze allein an meinem Schreibtisch. So verschissen eklig und unnötig diese ganze Ausgrenzungsgeschichte war, so sehr habe ich durch sie gelernt, mit mir selbst allein zu sein und das auch zu schätzen. (Und hier wird die Zitrone zu einer widerlich-süßen Limonade.) Viele finden es seltsam, wenn ich auf Partys irgendwo allein herumstehe und andere beobachte, oder wenn ich lieber allein heimgehe. Für mich ist das ein Raum geworden, den ich für mich einfordere. Ja, ich fordere phasenweise Einsamkeit als Freiraum. Meine Scham gehört mir.

      ADiese Unterscheidung ist in der Forschung relativ gängig und ganze Kulturen wurden danach voneinander unterschieden. Vgl. Benedict, Ruth: Chrysantheme und Schwert. Formen der japanischen Kultur. Frankfurt/Main: Suhrkamp 2014. Der Satz »Shame is about the self; guilt is about things.« stammt von Helen B. Lewis, die jene Unterscheidung maßgeblich mitgeprägt hat. Neckel, Sighard: Die Macht der Unterscheidung. Essays zur Kultursoziologie der modernen Gesellschaft. Frankfurt/Main: Campus 2000, S. 96.

      Конец ознакомительного фрагмента.

      Текст предоставлен ООО «ЛитРес».

      Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.

      Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.

/9j/4QAYRXhpZgAASUkqAAgAAAAAAAAAAAAAAP/sABFEdWNreQABAAQAAABkAAD/4QMtaHR0cDov L25zLmFkb2JlLmNvbS94YXAvMS4wLwA8P3hwYWNrZXQgYmVnaW49Iu+7vyIgaWQ9Ilc1TTBNcENl aGlIenJlU3pOVGN6a2M5ZCI/PiA8eDp4bXBtZXRhIHhtbG5zOng9ImFkb2JlOm5zOm1ldGEvIiB4 OnhtcHRrPSJBZG9iZSBYTVAgQ29yZSA2LjAtYzAwNiA3OS5kYWJhY2JiLCAyMDIxLzA0LzE0LTAw OjM5OjQ0ICAgICAgICAiPiA8cmRmOlJERiB4bWxuczpyZGY9Imh0dHA6Ly93d3cudzMub3JnLzE5 OTkvMDIvMjItcmRmLXN5bnRheC1ucyMiPiA8cmRmOkRlc2NyaXB0aW9uIHJkZjphYm91dD0iIiB4 bWxuczp4bXBNTT0iaHR0cDovL25zLmFkb2JlLmNvbS94YXAvMS4wL21tLyIgeG1sbnM6c3RSZWY9 Imh0dHA6Ly9ucy5hZG9iZS5jb20veGFwLzEuMC9zVHlwZS9SZXNvdXJjZVJlZiMiIHhtbG5zOnht cD0iaHR0cDovL25zLmFkb2JlLmNvbS94YXAvMS4wLyIgeG1wTU06RG9jdW1lbnRJRD0ieG1wLmRp ZDo0RDU4RjA4OEU2M0QxMUVCOUQ2OUQ5NkNENUE1MTdBMSIgeG1wTU06SW5zdGFuY2VJRD0ieG1w LmlpZDo0RDU4RjA4N0U2M0QxMUVCOUQ2OUQ5NkNENUE1MTdBMSIgeG1wOkNyZWF0b3JUb29sPSJB ZG9iZSBQaG90b3Nob3AgMjAyMSBNYWNpbnRvc2giPiA8eG1wTU06RGVyaXZlZEZyb20gc3RSZWY6 aW5zdGFuY2VJRD0ieG1wLmlpZDo0RDU4RjA4M0U2M0QxMUVCOUQ2OUQ5NkNENUE1MTdBMSIgc3RS ZWY6ZG9jdW1lbnRJRD0ieG1wLmRpZDo0RDU4RjA4NEU2M0QxMUVCOUQ2OUQ5NkNENUE1MTdBMSIv PiA8L3JkZjpEZXNjcmlwdGlvbj4gPC9yZGY6UkRGPiA8L3g6eG1wbWV0YT4gPD94cGFja2V0IGVu ZD0iciI/Pv/uAA5BZG9iZQBkwAAAAAH/2wCEAAEBAQEBAQEBAQEBAQEBAQEBAQEBAQEBAQEBAQEB AQEBAQEBAQEBAQEBAQECAgICAgICAgICAgMDAwMDAwMDAwMBAQEBAQEBAgEBAgICAQICAwMDAwMD AwMDAwMDAwMDAwMDAwMDAwMDAwMDAwMDAwMDAwMDAwMDAwMDAwMDAwMDA//AABEIEiMLuAMBEQAC EQEDEQH/xAEnAAEAAAUFAQAAAAAAAAAAAAAABgcICQoBAgMEBQsBAQAABwEBAQAAAAAAAAAAAAAB AgMEBQYHCAkKEAEAAQMCAgMGChEMDQkBASEAAQIDBAUGEQchEggxE3OzNQlBUTKyFDR0tNQZYXEi MxVVdZXVVpbWF1eXGFiBkUJSkiNT01SUFgrwobHRYnLSkyS1tnc5wTZ2N7fXOHgaQyWlmPGCwmNE JqKDZEaGJ1nhw0XFpqOEZYVHZyikxMdIiCkRAQABAgIEBAwQCwQHBgQBDQABAgMRBCExBQZBUXES YZGxwTJScrITMzQHgaHRIpLSU3OT0xRUFRYIGPBCYoIjlDVVlVYX4eLUGaLCQ2OzJAmDo3S0dTbx