Das Leben der Wanderhuren. Walter Brendel

Читать онлайн.
Название Das Leben der Wanderhuren
Автор произведения Walter Brendel
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783966511339



Скачать книгу

Wasser zur Reinigung der Hände beinhalteten, gefunden werden.

      Fäkalien und Abfall mussten auf Anordnung der Obrigkeit auf dem eigenen Grundstück beseitigt werden und es gab gar Grabenmeister, welche für die Leerung der Abort-Gruben zuständig waren. Trotzdem ist der Überlieferung zufolge der durch Mensch und Tier entstandene Dreck auf den Straßen der Städte so hoch geworden, dass Stelzenschuhe, sogenannte Trippen, getragen wurden, um von einem Ort zum anderen zu gelangen.

      Erst im Spätmittelalter wurde das Halten von Tieren zur Straßenseite hin untersagt. Auch die ab dem späten 12. Jahrhundert aufkommende Befestigung der Straßen mittels Pflastersteinen trug zur deutlichen Verbesserung des Straßenzustandes bei.

      Über Jahrhunderte hinweg benutzte die ländliche Bevölkerung die Umgebung des Wohnheims um Küchenabfälle und anderen Unrat zu entsorgen. Auch zur eigenen Erleichterung wurde entweder der Gang vor die Haustür getan oder aber der sogenannte Nachttopf verwendet, welcher anschließend draußen entleert wurde.

      Im Laufe der Zeit wuchs die Bevölkerung jedoch zunehmend und der Platz in den Städten ging zwangsläufig zur Neige. An die notwenigen Hygienevorkehrungen wurde im Voraus offensichtlich nicht gedacht. Hingegen wurde lange Zeit an den alten Entsorgungsgewohnheiten festgehalten und zudem oftmals Schweine und anderes Vieh zur Straßenseite hingehalten, was die Hygienebedingungen zusätzlich verschlechterte.

      Offizielle Schlachthäuser entstanden ebenfalls erst ab dem 12. Jahrhundert. Zuvor wurde meist direkt vor dem Haus geschlachtet, wobei das Blut der Tiere in die Rinne inmitten der Straße lief und von dort ins Abwasser gelangte.

      Ebenfalls ab dem 12. Jahrhundert wurden in den Städten zunehmend Hygienevorschriften erlassen. Diesen zufolge durfte der Abfall nicht länger auf der Straße entsorgt und Tiere nicht mehr frei umherlaufen. Damit sich die Bevölkerung auch an diese Vorschriften hielt, wurden Strafandrohungen und eine strenge Kontrolle notwendig. Aus etlichen Stadtprotokollen ist eine Verordnung der Abfallbeseitigung ersichtlich, die besagt, dass Unrat und Mist auf dem eigenen Grundstück verwahrt und alle vier bis acht Tage vor der Stadt entsorgt werden müssen. Ein Verbot des Ausgießens von Urin auf der Straße wurde allerdings erst 1573 durch den Frankfurter Stadtarzt Joachim Struppidius erwirkt.

      Mit der Einführung eines Kanalisationssystems besserte sich die mittelalterliche Hygiene beträchtlich. Vielerorts wurden Abwasserleitungen aus den Häusern in gedeckte Gräben vorgeschrieben. Solche Rinnen können ab dem 12. Jahrhundert belegt werden. Wer nicht innerhalb drei Monate eine solche Vorrichtung bauen ließ, dessen Haus wurde kurzerhand beschlagnahmt. Aus dem 14. Jahrhundert sind außerdem einige Rechnungen zur Reinigung der Gräben und Abortrinnen erhalten geblieben. Diesen zufolge wurden weitgehend sogenannte „unehrliche Leute“ wie Totengräber und Henker, aber auch Handwerker, als Grabenfeger eingesetzt. Trotzdem wurde Abfall oftmals weiterhin einfach im Fluss oder hinter dem Haus entsorgt.

      Brandstiftungen und Mord galten bereits während des Mittelalters als schwerwiegende Verbrechen. Doch auch Sittendelikte wurden geahndet. Folterung stand an der Tagesordnung und die Urteile fielen nach heutigem Bemessen geradezu un-menschlich grausam aus.

      Das Erwirken eines Geständnisses gehörte zu den Aufgaben des Henkers, wie auch die Ausführung der Strafe oder Hinrichtung des Verbrechers. Doch der Henker oder Scharfrichter war zudem ein heilkundiger Mann, dem jedoch der Ruf des „unehrlichen“ Berufes und das Besitzen von magischen Kräften anhing, wodurch er von der Bevölkerung gemieden wurde.

      Noch heute hört man von mittelalterlichen Bedingungen in Gefängnissen. Doch was steckt tatsächlich hinter dieser Redewendung? Tatsächlich durften sich die Verbrecher oder mutmaßlich Beschuldigten einer alles andere als guten Behandlung erfreuen. Verhör und Wahrheitsfindung, oftmals unter Folter, zeugen ebenfalls nicht gerade von einer großen Wahrung der heutigen Menschenrechte. Auch die Zustände im Kerker und die auf eine Schandtat folgenden Strafen fielen grausem, beinahe bestialisch aus.

      Mord und Todschlag galten seit jeher als schwerwiegende Verbrechen, welche eine hohe Strafe nach sich zogen. Das Vergiften von Brunnen und Brandstiftung wurden aber noch viel stärker geahndet, da sie eine gesamte Ortschaft dahinraffen oder um ihre meist einfachen Häuser bringen konnten. Für Brandstifter gab es in vielen mittelalterlichen Gefängnissen gar separate Kerker, die sich ganz zuunterst im Verlies befanden und mit einem Roten Hahn gekennzeichnet wurden. Wer in diesem Verlies landete, galt selbst unter Verbrechern als besonders übler Missetäter und wurde entsprechend behandelt.

      Aber auch andere Schandtaten wurden hart bestraft. Zu den geringfügigeren Delikten zählten etwa Unzucht, Ehebruch, Trunkenheit und Streitsucht. Allerdings konnte auch das Fernbleiben vom sonntäglichen Gottesdienst zu einer Anklage und einer entsprechenden Strafe führen.

      Auf Mord stand stets die Todesstrafe. Auch Münz- und Urkundenfälscher sowie Diebe wurden kurzerhand hingerichtet. Sittlichkeitsdelikte wie etwa eine Vergewaltigung, Blutschande, Bigamie, aber auch Homosexualität ahndete man mit der Enthauptung. Ehebrechern blühten je nach Gegend sehr unterschiedliche Strafen. Angefangen mit dem öffentlichen zur Schau stellen am Pranger und Verbannung, über Folter, bis hin zum Tod. Auf Gotteslästerer, Ketzer und Hexen wartete der Scheiterhaufen. Auch Staatsverbrechen, wie Landesverrat oder Verschwörung wurden mit Erhängen, Er-tränken, Rädern oder Vierteilen bestraft.

      Neben den Todesstrafen waren auch Verstümmelungsstrafen wie Blenden, Handabschlagen, Finger-, Ohren- und Zunge abschneiden nicht selten. Vor allem während des Spätmittelalters wurden diese brutalen Methoden häufig zur Abschre-ckung des Volkes angewandt. Deshalb, aber auch zur Unterhaltung des schaulustigen Volkes wurden die Strafen üblicherweise auf dem Marktplatz vollstreckt. Zudem wurden die zum Tode Verurteilten nicht direkt nach der Exekution begraben, sondern je nach Hinrichtungsart direkt am Galgen, im hängenden Käfig oder auf dem Rad zur Schau gestellt, bis schließlich nur noch ein verwester Kadaver übrig blieb.

      Anders als in der heutigen Zeit, wurden keine Strafen im Sinne eines Gefängnisaufenthalts ausgesprochen.

      Allenfalls Schuldner wurden bis zur Begleichung ihrer Schuld oder Geiseln, beziehungsweise in der Schlacht gefangen genommene Feinde, bis zur Zahlung eines Lösegelds im Kerker festgehalten.

      Freiheitsentzug als eigenständige Strafe taucht erst ab dem 14. Jahrhundert in den Stadtbüchern auf. In der Regel wurde Kerkerhaft aber auch dann noch lediglich jenen zuteil, die zum Tode verurteilt, jedoch begnadigt worden waren. Ob dieser Gnadenakt allerdings auch von den Betroffenen als solcher empfunden wurde, ist fraglich, denn die Verliese waren in einem grauenhaften Zustand. Die Eingekerkerten litten nicht nur unter beengenden Räumlichkeiten und ständiger Dunkelheit, sondern ebenso unter Kälte, Hunger und Ungeziefer. Außerdem verbrachten sie die meiste Zeit ihrer Gefangenschaft gefesselt oder in einen Stock gespannt, so dass sich wohl so mancher den Tod als Erlösung herbeisehnten.

      Wie bereits erwähnte, wurde das mittelalterliche Leben zum größten Teil durch den christlichen Glauben geprägt. Jegliche Straftaten stellten diesen in Frage. Somit galt ein Übeltäter als jemand der sich gegen die göttliche Ordnung und somit dem Satan zugewandt hatte.

      Zudem lag die Gesetzgebung, Rechtsprechung und der Vollzug der Strafen im Mittelalter meist in ein und derselben Hand, die höchstens von einer einzelnen höheren Gewalt, etwa dem König oder einem Geistlichen, kontrolliert wurde. Oft genug fand jedoch überhaupt keine Kontrolle statt, was dazu führte, dass nicht selten unschuldige Menschen nur auf Grund einer bloßen Anschuldigung eingekerkert, gefoltert und schlussendlich verurteilt wurden.

      Bis zur Gerichtsverhandlung, dem sogenannten Thing, das im 12. und früher 13. Jahrhundert jeweils aus einem Kläger und einem Angeklagten bestand, wurden die Beschuldigten üblicherweise im Lochgefängnis verwahrt. Bei der Verhandlung mussten beide vor dem Richter einen Eid ablegen, um ihre Glaubwürdigkeit zu bekräftigen. Der Meineid galt als eine Todsünde, die von Gott sofort bestraft werden würde. Schon bald musste man jedoch feststellen, dass eine Falschaussage selten eine unmittelbare Strafe Gottes nach sich zog. So musste eine andere Möglichkeit der Prozessführung entwickelt werden. Fortan wurden Urteile auf das sogenannte Gottesurteil gestützt. Hierbei wurde darauf vertraut, dass Gott dem Rechtschaffenden Kraft verleiht, um seine Unschuld zu beweisen oder sein Wort zu bezeugen.

      Da das Gottesurteil