Effi Briest / Эффи Брист. Книга для чтения на немецком языке. Теодор Фонтане

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Название Effi Briest / Эффи Брист. Книга для чтения на немецком языке
Автор произведения Теодор Фонтане
Жанр Литература 19 века
Серия
Издательство Литература 19 века
Год выпуска 1899
isbn 978-5-9925-1529-9



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Und dabei sah er mich ganz ernsthaft an… Aber ich komme vom Hundertsten aufs Tausendste und vergesse die Geschichte.“

      „Ja, du brichst immer wieder ab; am Ende willst du nicht.“

      „Oh, ich will schon, aber freilich, ich breche immer wieder ab, weil es alles ein bisschen sonderbar ist, ja beinah romantisch.“

      „Aber du sagtest doch, er sei Landrat.“

      „Allerdings Landrat. Und er heißt Geert von Innstetten, Baron von Innstetten.“

      Alle drei lachten.

      „Warum lacht ihr?“ sagte Effi pikiert. „Was soll das heißen?“

      „Ach, Effi, wir wollen dich ja nicht beleidigen und auch den Baron nicht. Innstetten sagtest du? Und Geert? So heißt doch hier kein Mensch. Freilich, die adeligen Namen haben oft so was Komisches.“

      „Ja, meine Liebe, das haben sie. Dafür sind es eben Adelige. Die dürfen sich das gönnen, und je weiter zurück, ich meine der Zeit nach, desto mehr dürfen sie sich’s gönnen. Aber davon versteht ihr nichts, was ihr mir nicht übelnehmen dürft. Wir bleiben doch gute Freunde. Geert von Innstetten also und Baron. Er ist geradeso alt wie Mama, auf den Tag.“

      „Und wie alt ist denn eigentlich deine Mama?“

      „Achtunddreißig.“

      „Ein schönes Alter.“

      „Ist es auch, namentlich wenn man noch so aussieht wie die Mama. Sie ist doch eigentlich eine schöne Frau, findet ihr nicht auch? Und wie sie alles so weghat, immer so sicher und dabei so fein und nie unpassend wie Papa. Wenn ich ein junger Leutnant wäre, so würd ich mich in die Mama verlieben.“

      „Aber Effi, wie kannst du nur so was sagen“, sagte Hulda. „Das ist ja gegen das vierte Gebot.“

      „Unsinn. Wie kann das gegen das vierte Gebot sein? Ich glaube, Mama würde sich freuen, wenn sie wüsste, dass ich so was gesagt habe.“

      „Kann schon sein“, unterbrach hierauf Hertha. „Aber nun endlich die Geschichte.“

      „Nun, gib dich zufrieden, ich fange schon an… Also Baron Innstetten! Als er noch keine zwanzig war, stand er drüben bei den Rathenowern und verkehrte viel auf den Gütern hierherum, und am liebsten war er in Schwantikow drüben bei meinem Großvater Belling. Natürlich war es nicht des Großvaters wegen, dass er so oft drüben war, und wenn die Mama davon erzählt, so kann jeder leicht sehen, um wen es eigentlich war. Und ich glaube, es war auch gegenseitig.“

      „Und wie kam es nachher?“

      „Nun, es kam, wie’s kommen musste, wie’s immer kommt. Er war ja noch viel zu jung, und als mein Papa sich einfand, der schon Ritterschaftsrat war und Hohen-Cremmen hatte, da war kein langes Besinnen mehr, und sie nahm ihn und wurde Frau von Briest… Und das andere, was sonst noch kam, nun, das wisst ihr… das andere bin ich.“

      „Ja, das andere bist du, Effi“, sagte Bertha. „Gott sei Dank; wir hätten dich nicht, wenn es anders gekommen wäre. Und nun sage, was tat Innstetten, was wurde aus ihm? Das Leben hat er sich nicht genommen, sonst könntet ihr ihn heute nicht erwarten.“

      „Nein, das Leben hat er sich nicht genommen. Aber ein bisschen war es doch so was.“

      „Hat er einen Versuch gemacht?“

      „Auch das nicht. Aber er mochte doch nicht länger hier in der Nähe bleiben, und das ganze Soldatenleben überhaupt muss ihm damals wie verleidet gewesen sein. Es war ja auch Friedenszeit. Kurz und gut, er nahm den Abschied und fing an, Juristerei zu studieren, wie Papa sagt, mit einem ,wahren Biereifer; nur als der siebziger Krieg kam, trat er wieder ein, aber bei den Perlebergern statt bei seinem alten Regiment, und hat auch das Kreuz. Natürlich, denn er ist sehr schneidig. Und gleich nach dem Kriege saß er wieder bei seinen Akten, und es heißt, Bismarck halte große Stücke von ihm und auch der Kaiser, und so kam es denn, dass er Landrat wurde, Landrat im Kessiner Kreise.“

      „Was ist Kessin? Ich kenne hier kein Kessin.“

      „Nein, hier in unserer Gegend liegt es nicht; es liegt eine hübsche Strecke von hier fort, in Pommern, in Hinterpommern sogar, was aber nichts sagen will, weil es ein Badeort ist (alles da herum ist Badeort), und die Ferienreise, die Baron Innstetten jetzt macht, ist eigentlich eine Vetternreise oder doch etwas Ähnliches. Er will hier alte Freundschaft und Verwandtschaft wiedersehn.“

      „Hat er denn hier Verwandte?“

      „Ja, und nein, wie man’s nehmen will. Innstettens gibt es hier nicht, gibt es, glaub ich, überhaupt nicht mehr. Aber er hat hier entfernte Vettern von der Mutter Seite her, und vor allem hat er wohl Schwantikow und das Bellingsche Haus wiedersehen wollen, an das ihn soviel Erinnerungen knüpfen. Da war er denn vorgestern drüben, und heute will er hier in Hohen-Cremmen sein.“

      „Und was sagt dein Vater dazu?“

      „Gar nichts. Der ist nicht so. Und dann kennt er ja doch die Mama. Er neckt sie bloß.“

      In diesem Augenblick schlug es Mittag, und ehe es noch ausgeschlagen, erschien Wilke, das alte Briestsche Haus- und Familienfaktotum, um Fräulein Effi zu bestellen: Die gnädige Frau ließe bitten, dass das gnädige Fräulein zu rechter Zeit auch Toilette mache; gleich nach eins würde der Herr Baron wohl vorfahren. Und während Wilke dies noch vermeldete, begann er auch schon auf dem Arbeitstisch der Damen abzuräumen und griff dabei zunächst nach dem Zeitungsblatt, auf dem die Stachelbeerschalen lagen.

      „Nein, Wilke, nicht so; das mit den Schlusen, das ist unsere Sache… Hertha, du musst nun die Tüte machen und einen Stein hineintun, dass alles besser versinken kann. Und dann wollen wir in einem langen Trauerzug aufbrechen und die Tüte auf offener See begraben.“

      Wilke schmunzelte. Is doch ein Daus, unser Fräulein, so etwa gingen seine Gedanken; Effi aber, während sie die Tüte mitten auf die rasch zusammengeraffte Tischdecke legte, sagte: „Nun fassen wir alle vier an, jeder an einem Zipfel, und singen was Trauriges.“

      „Ja, das sagst du wohl, Effi. Aber was sollen wir denn singen?“

      „Irgendwas; es ist ganz gleich, es muss nur einen Reim auf ,u‘ haben; ,u‘ ist immer Trauervokal. Also singen wir:

      Flut, Flut,

      Mach alles wieder gut…“

      Und während Effi diese Litanei feierlich anstimmte, setzten sich alle vier auf den Steg hin in Bewegung, stiegen in das dort angekettelte Boot und ließen von diesem aus die mit einem Kiesel beschwerte Tüte langsam in den Teich niedergleiten.

      „Hertha, nun ist deine Schuld versenkt“, sagte Effi, „wobei mir übrigens einfällt, so vom Boot aus sollen früher auch arme unglückliche Frauen versenkt worden sein, natürlich wegen Untreue.“

      „Aber doch nicht hier.“

      „Nein, nicht hier“, lachte Effi, „hier kommt so was nicht vor. Aber in Konstantinopel, und du musst ja, wie mir eben einfällt, auch davon wissen, so gut wie ich, du bist ja mit dabeigewesen, als uns Kandidat Holzapfel in der Geographiestunde davon erzählte.“

      „Ja“, sagte Hulda, „der erzählte immer so was. Aber so was vergisst man doch wieder.“

      „Ich nicht. Ich behalte so was.“

      Zweites Kapitel

      Sie sprachen noch eine Weile so weiter, wobei sie sich ihrer gemeinschaftlichen Schulstunden und einer ganzen Reihe Holzapfelscher Unpassendheiten mit Empörung und Behagen erinnerten. Ja, man konnte sich nicht genugtun damit, bis Hulda mit einem Male sagte: „Nun aber ist es höchste Zeit, Effi; du siehst ja aus, ja, wie sag ich nur, du siehst ja aus, wie wenn du vom Kirschenpflücken kämst, alles zerknittert und zerknautscht; das Leinenzeug macht immer so viele Falten, und der große weiße Klappkragen… ja, wahrhaftig, jetzt hab ich es, du siehst aus wie ein Schiffsjunge.“

      „Midshipman,[2] wenn ich bitten darf. Etwas muss ich doch von meinem Adel haben. Übrigens Midshipman oder Schiffsjunge, Papa hat mir erst neulich wieder einen Mastbaum versprochen, hier dicht neben der Schaukel,



<p>2</p>

Midshipman – (англ.) гардемарин