Название | Bildungspolitik im internationalen Vergleich |
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Автор произведения | Marius Busemeyer |
Жанр | Социология |
Серия | |
Издательство | Социология |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783846344095 |
Der Schwerpunkt dieses Buchs liegt auf dem Vergleich von Bildungspolitik in (westlichen) OECD-Staaten. Nichtsdestotrotz spielt der Zugang zu Bildung auch in der Nicht-OECD-Welt eine zentrale Rolle, zum Beispiel zur Unterstützung von Demokratisierungsprozessen in Schwellen- und Entwicklungsländern. Auch aus Platzgründen kann auf dieses komplexe Themenfeld an dieser Stelle nicht ausführlich eingegangen werden, vgl. aber Baum und Lake (2003), Brown und Hunter (2004), Kosack (2014) und Stasavage (2005) als Beispiele für grundlegende Forschung in diesem Feld.
2 Methodologische und theoretische Grundlagen des Vergleichs
Der Vergleich von Forschungsobjekten (»Fällen«) wie etwa Bildungssystemen muss auf der Grundlage einer systematischen Methodik aufbauen, wenn generalisierbare Aussagen über kausale Zusammenhänge getroffen werden sollen. Wenn dies nicht geschieht, ähnelt der Vergleich zu sehr einer unreflektierten Gegenüberstellung von Andersartigkeit, die häufig mit unüberbrückbaren kulturellen oder sonstigen Unterschieden »erklärt« wird (»Bildungspolitik in Land A ist anders als in Land B, weil Land A anders als Land B ist«). Der systematische Vergleich hingegen zielt darauf ab, generalisierbare »Wenn, Dann«-Aussagen aufzustellen, wobei sich deren Generalisierbarkeit prinzipiell durch die Anwendbarkeit auf andere Fälle außer den tatsächlich betrachteten ergibt.
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Grundbegriffe der vergleichenden Methode
Abhängige und unabhängige Variable:
Das Ziel der vergleichenden Policy-Forschung ist es, eine beobachtete Variation auf der Ebene der abhängigen Variablen (z. B. Bildungsausgaben) mit Hilfe einer Reihe von unabhängigen Variablen (z. B. Institutionen, Parteipolitik) zu erklären. Die abhängige Variable ist somit die Größe, die erklärt werden soll, während die unabhängige(n) Variable(n) diejenigen sind, die diese Erklärung liefern sollen.
Kausalität und Korrelation:
»Unter Korrelation ist lediglich ein rein zahlenmäßiger Zusammenhang zwischen den Variablen zu verstehen, während Kausalität auf eine eindeutige Ursache-Wirkungsbeziehung hinweist. […] Das Vorliegen einer hohen Korrelation ist keine notwendige Bedingung für einen möglicherweise bestehenden kausalen Zusammenhang.« (Wagschal 1999: 203)
Regressionsanalyse:
Die Regressionsanalyse ist ein statistisches Verfahren zum Nachweis einer überzufälligen Beziehung zwischen zwei oder mehr Variablen. Die Regressionsanalyse unterscheidet zwischen einer abhängigen und einer oder mehreren unabhängigen Variablen. Dennoch kann sie in der Regel keine Kausalität im strengen Sinne belegen, sondern lediglich korrelative Zusammenhänge.
Die vergleichende Politikwissenschaft hat in den letzten Jahrzehnten ausgefeilte Methoden des Vergleichs entwickelt (vgl. grundlegend Lijphart 1971). Hierbei kann grob zwischen qualitativen und quantitativen Ansätzen unterschieden werden. Quantitative Methoden basieren auf der statistischen Analyse einer möglichst großen Zahl von Fällen (»large N«). Je größer die Zahl der Fälle, desto geringer – statistisch gesprochen – die Irrtumswahrscheinlichkeit, d. h. desto geringer die Wahrscheinlichkeit, dass ein zwischen zwei Variablen nachgewiesener statistischer Zusammenhang tatsächlich nicht zufällig ist. Die zugrunde liegenden Datensätze können Individualdaten (z. B. Meinungsumfragen oder Befragungen zum Wahlverhalten) oder aggregierte Daten (z. B. ökonomische Größen wie Bruttoinlandsprodukt oder Staatsausgaben) sein. Quantitative Methoden eignen sich besonders gut dazu, kausale Effekte nachzuweisen, d. h. den durchschnittlichen Effekt einer unabhängigen auf eine abhängige Variable über die Vielzahl der Fälle hinweg zu betrachten.
Bei der Verwendung von qualitativen Methoden hingegen geht es vor allem um die Herausarbeitung kausaler Mechanismen, d. h. der Rekonstruktion der unterschiedlichen Elemente einer Kausalkette (»intervenierende Variablen«), die eine unabhängige Variable mit der abhängigen Variablen verbindet. Dazu ein konkretes Beispiel: Die abhängige Variable sei die Höhe der öffentlichen Bildungsausgaben im Ländervergleich (siehe oben, Kapitel 1), und wir wollen untersuchen, ob die parteipolitische Zusammensetzung der Regierung einen Effekt auf die Höhe der öffentlichen Ausgaben hat (siehe unten, Kapitel 3.1). Der quantitative Ansatz wäre, mit Hilfe statistischer Methoden einen nicht zufälligen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen diesen beiden Größen nachzuweisen, der als kausaler Effekt interpretiert werden kann.1 Qualitative Ansätze in der vergleichenden Policy-Forschung hingegen zeichnen im Sinne des process tracing (Hall 2006) den Prozess der Politikgestaltung (policy-making) nach und identifizieren auf diese Art und Weise die Mechanismen, die dazu führen, dass eine bestimmte parteipolitische Färbung der Regierung mit mehr oder weniger Ausgaben einhergeht. Jeder dieser Ansätze hat Stärken und Schwächen, so dass zunehmend Multi-Methoden-Ansätze angewendet werden, die beide Ansätze (statistische Analysen und Fallstudien) miteinander kombinieren (vgl. für den Fall Bildungspolitik: Ansell 2010; Busemeyer 2015).
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Grundprinzipien der vergleichenden Policy-Forschung
»Die zentrale Fragestellung der Policy-Forschung lautet: Wann, wie, warum, über welche Materien und mit welchem Effekt treffen politische Instanzen verbindliche Entscheidungen über die Verteilung begehrter Güter und Werte – beispielsweise mittels Gesetzgebung, Verordnungen, Ausgaben, Steuersätzen und dergleichen mehr. Das Interesse der vergleichenden Policy-Forschung richtet sich auf die Beschreibung und Erklärung von Gemeinsamkeiten und Unterschieden der Inhalte politischer Entscheidungsprozesse.« (Schmidt 1997: 207f)
Die vergleichende Policy-Forschung, hierzulande auch als vergleichende Staatstätigkeitsforschung bezeichnet, befasst sich als Unterdisziplin der vergleichenden Politikwissenschaft mit der Frage »how, why, and to what effect different governments pursue particular courses of action or inaction« (Heidenheimer et al., 1990: 3; vgl. grundlegend auch Blum/Schubert 2007; Schneider/Janning 2006; Schmidt/Ostheim 2007). Auf ähnliche Weise hat Fritz Scharpf das Kerngeschäft der politikwissenschaftlichen vergleichenden Policy-Forschung als »interaktionsorientierte Policy-Forschung« beschrieben (Scharpf 2000: 33–34). Das heißt, in der vergleichenden Policy-Forschung will man zunächst vordringlich verstehen, welche sozioökonomischen, politischen und/oder institutionellen Faktoren Unterschiede in den Politikinhalten (Policy-Output) erklären können. Die Untersuchung der Auswirkungen von Policies auf gesellschaftliche Problemlagen (von Scharpf »materielle Policy-Analyse« genannt) findet hingegen eher in Nachbardisziplinen wie der Soziologie oder der Ökonomie statt, wird in jüngerer Zeit jedoch auch stärker in der Politikwissenschaft betrieben (Castles 2013; Schlicht 2010; vgl. auch Busemeyer et al. 2013).
Der Begriff des Policy-Output basiert auf systemtheoretischen Ansätzen der 1960er-Jahre (Easton 1965). Damit sind die konkreten Produkte gemeint, die das politisch-administrative System als kollektiv verbindlicher Entscheidungen erzeugt, wie zum Beispiel Gesetze, Verordnungen, Entscheidungen etc. Davon unterscheiden sich die Outcomes: sozioökonomische Strukturen, Prozesse und Indikatoren, die von der Politik nur indirekt beeinflussbar sind, zum Beispiel die Verteilung von Einkommen und Vermögen, Frauenerwerbsbeteiligung, Arbeitslosigkeit oder Wirtschaftswachstum. Es bestehen zwar begründete Hoffnungen, dass Regierungspolitik diese Größen beeinflussen kann und politische