align="left">Äußerung (links) und Wiedergabe (rechts). Quelle: ebs_020403_2300 und dpa_020404_1157
ⓘ | Zu allen Fällen sind elektronisch gespeicherte Daten abrufbar: Transkripte, Produktionsdaten, Scans, Audio- und/oder Videodateien. >> www.medienlinguistik.net |
A|2|?b | Fall WAHLKAMPF: Bruchstück einkopiert |
Eine zweite Aufgabe zur Rekontextualisierung, ein weiterer Denkanstoß zum Einstieg in die Medienlinguistik: Ein Rundfunkjournalist löst zwei Ausschnitte aus der Wahlkampf-Rede eines Österreicher Lokalpolitikers und baut sie in den Anfang eines eigenen Beitrags ein (_1). Der erste dieser Ausschnitte (Akteur A1, Zeile 13) lautet „sehr geehrter Herr Landeshauptmann-Stellvertreter“, daraufhin ordnet der redaktionelle Sprecher die Äußerung ein (Redaktioneller Sprecher R, Zeilen 14–18).
▶ Wie empfinden Sie die Äußerung des Politikers im Licht dieser redaktionellen Einordnung? ▶ Auf welche sprachlichen Mittel führen Sie Ihren Eindruck zurück?
13 | A1: | sehr geEHRter ↓herr ↑LANdeshauptmann stell ↑Vertreter |
14 | R: | der ↑SP-BÜrgermeister der geMEINde |
15 | | be↓ grüsst die honora↑ tiONen• |
16 | | es gehe_↑um MENschen·!NICHT! um ↑AKtien• |
17 | | ↓meint_er ↑weltgewandt– |
18 | | ↓und ↑DAher solle ↑man SP wählen•(•) |
_1 | Fall WAHLKAMPF, Quote und Einordnung. Quelle: sr_echo_980319_1800_wahlkampf_1. Den Fall Wahlkampf greift das Buch wieder auf im Kapitel zur Progressionsanalyse (B|3.2). |
ⓘ | Notiert sind die meisten Transkriptionen nach den Regeln des Gesprächsanalytischen Transkriptionssystems GAT (Selting, et al., 1998; Selting, et al., 2009). Die verwendeten Zeichen sind im Anhang zusammengestellt (E|2). |
A|2|?c | Fall FLUGHAFEN: Vorweg werten |
Nächste Aufgabe, zum Durchspielen oder Überspringen: Ein Flughafen, der wegen Fluglärms, hoher Kosten und fraglicher Marktperspektive öffentlich kritisiert wird, eröffnet ein neues Terminal. Zur Eröffnungsfeier sind die Medien geladen. Der Einladung folgt unter anderem das Team des Schweizer TV-Nachrichtenmagazins 10 VOR 10. Dieses Magazin will sich durch Infotainment, unterhaltsames Informieren, abheben von der TAGESSCHAU, dem klassischen Nachrichtengefäß des gleichen Senders.
Das Kamerateam gibt dem sichtlich stolzen Bauprojektleiter Gelegenheit, sein Werk im Detail vor laufender Kamera zu erklären. Diese Szene ist im fertigen Nachrichtenbeitrag fast 50 Sekunden lang zu sehen. Man erfährt zum Beispiel, dass die Sitzgruppen in den Warteräumen geschützt sind gegen Schläge von Putzmaschinen und eigens neu entwickelt worden sind.
▶ Welchen Eindruck können solche Darstellungen hinterlassen, je nachdem, ob dem Auftritt des Bauleiters die Einleitung (_1) oder die Einleitung (_2) vorausgeht? – ▶ Nennen Sie den Unterschied ▶ und begründen Sie ihn mit der Wahl der sprachlichen Mittel in den beiden Einleitungen.
02 | ↑JÜRG ROSenber.(--) °h der ↑LEIter des BAUprojektes? |
03 | zeigt uns die EIenschaften des ebäudes. |
_1 | Fall FLUGHAFEN, Variante 1 (Bearbeitung: DP). Quelle: sf_zvz_030121_2150_flughafen_rahmen |
02 | ↑JÜRG ROSenberg. (--) °hder ↑LEIter des BAUprojektes? |
03 | zeigt uns die ↓SCHÖnen a↑ber ↑TEUren Eigenschaften des gebäudes. |
_2 | Fall FLUGHAFEN, Variante 2 (Originalbeitrag). Quelle: sf_zvz_030121_2150_flughafen_rahmen. Den Fall FLUGHAFEN greift das Buch wieder auf im Kapitel zur Variationsanalyse (B|3.3). |
A|2|?d | Fall RÄTSELTITEL: Auf den ersten Blick |
Die vierte Aufgabe, nochmals zum Thema Rekontextualisieren: Die Tagespresse berichtet über Rinderwahnsinn. Ein Journalist des Schweizer TAGES-ANZEIGERS interviewt den Schweizer Landwirtschaftsminister. Die Zeitung druckt das Interview ab. Über dem Beitrag steht als Titel eine Äußerung in Anführungszeichen: „Kein Rindfleisch vor der Kamera“. Ein Bild zeigt groß Gesicht und Hand des gestikulierenden Ministers (_1).
▶ Welche Geschichte erwarten Sie im Text? ▶ Was denken Sie über den abgebildeten Minister? ▶ Auf welche schrift- und bildsprachlichen Mittel führen Sie Ihre Erwartung und Ihre Einschätzung zurück?
_1 | Fall RÄTSELTITEL, Quote und Geste. Quelle: ta_print_010215_07_rindfleisch. Diesen Fall greift das Buch wieder auf im Kapitel zur Metadiskursanalyse (B|3.4). |
A|3 | Noch mehr Aufgaben – Das didaktische Konzept |
Worum ging es bei diesen vier Aufgaben? – Viermal hatten Sie Problemlösungen aus der journalistischen Praxis einzuschätzen: Sie haben beschrieben, wie ein Text in einer bestimmten Situation auf Sie wirkt, haben diese Einschätzung auf sprachliche Mittel zurückgeführt und sich dabei auf Ihr bisheriges Wissen gestützt, zum Beispiel auf Ihr Alltagswissen als Mediennutzerin oder auf Linguistik-Grundwissen.
Dahinter liegt ein Grundmuster handlungsorientierter Didaktik: Zu einem bestimmten Problem gibt es unterschiedliche Lösungen. Deshalb sind Kriterien zu entwickeln, um die Lösungsvarianten einzuschätzen. Erst danach ist die passendste Lösung zu bestimmen und umzusetzen (_1):
Schritt | Denkprozess | Beispiel aus Aufgabe A|2|?C |
1 Problem | Zu einem bestimmten Problem | Mit Nachrichten unterhalten |
2 Lösungen | gibt es unterschiedliche Lösungen. | Textakteur (nicht) wertend einleiten |
3 Kriterien | Sie sind nach bestimmten Kriterien | Fairness? Unterhaltungswert? … |
4 Bewertung | einzuschätzen. Dies führt zur | Lösung × ist fair, Lösung y unfair, … |
5 Entscheidung | Wahl der passendsten Lösung. | Lösung × passt |
Einzubringen sind Wissen, Methoden, Haltungen | Alltagswissen über TV-Magazine, … |
_1 | Das Grundmuster der Aufgaben im Buch: Problemlösen, nach Dörig, 2003, 503 ff. |
Nach