Название | Makroökonomik und Wirtschaftspolitik |
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Автор произведения | Iris Böschen |
Жанр | Зарубежная деловая литература |
Серия | |
Издательство | Зарубежная деловая литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783846348697 |
Anfänglich wurde angenommen, dass die Sparquote konstant ist. Diese Annahme wird beibehalten. Es soll allerdings untersucht werden, wie sich die Konsummöglichkeiten bei unterschiedlich hohen, konstanten Sparquoten verändern. Dieser Analyse liegt die Frage zugrunde, welchen Betrag die Wirtschaftssubjekte investieren sollen, wenn sie möglichst viel konsumieren können wollen. Deutlich ist, dass ohne Nettoinvestitionen die Abschreibungen zu einer Verminderung des Kapitalstocks führen. Die Folge wäre, dass auch die Einkommen gegen Null gehen und nicht mehr konsumiert werden könnte. Demgegenüber würde ebenfalls nichts konsumiert werden können, wenn die Wirtschaftssubjekte ihre gesamten Einkommen investierten. Der Kapitalstock würde zwar stark zunehmen, aber auch die Abschreibungen würden steigen. Es müsste laufend viel investiert werden. Das Optimum liegt zwischen der Nullinvestition und dem Verausgaben des gesamten Einkommens für Investitionen. Empirische Untersuchungen haben ergeben, dass eine Sparquote von 70 Prozent zu maximalen künftigen Konsummöglichkeiten führt (Bofinger 2011, 55ff.). Diese Sparquote wird als ‚goldene Regel der Kapitalakkumulation‘ bezeichnet. Logisch erscheint eine derart hohe Sparquote nicht. Die deutsche Sparquote liegt durchschnittlich in etwa bei 11 Prozent und gehört im internationalen Vergleich zu den höheren.
|21|Überträgt man diesen Gedanken auf die Analyse unterschiedlich weit entwickelter Volkswirtschaften, so wird deutlich, warum die z.T. relativ hohen Wachstumsraten von Entwicklungsländern mit dem Aufbau ihres Kapitalstocks erklärt werden können. China kann als ehemaliges Entwicklungsland und heutiges Schwellenland als Beispiel herangezogen werden: So waren in den 70er und 80er Jahren zweistellige Wachstumsraten eher die Regel als die Ausnahme. Diese Dynamik hat erst in den vergangenen Jahren nachgelassen und Anfang 2016 zu Irritationen auf den Kapitalmärkten geführt.[13] Demgegenüber ist bei Ländern mit einem vergleichsweise hohen Wohlstandsniveau beobachtbar, dass die Wachstumsdynamik weniger hoch ist, weil die Grenzerträge der eingesetzten Produktionsfaktoren zwar positiv sind, der zusätzliche Ertrag aber laufend geringer wird. Es gibt jedoch Ausnahmen. So können der technische Fortschritt und die qualitative Weiterentwicklung des Humankapitals Wachstumsschübe auslösen.
Analytisch bewirkt technischer Fortschritt, dass bei unveränderten Faktoreinsatzmengen ein höherer Output produziert wird. Die Produktionstechnologie kann durch Innovationen optimiert werden. Kontinuierliche Produktinnovationen sind eine ausschlaggebende Bedingung für hohe Unternehmensgewinne. Befördert wird eine kontinuierliche Innovationsfähigkeit sowohl durch eine unternehmensinterne Forschungs- und Entwicklungspolitik als auch durch eine staatliche Grundlagenforschungs- und Bildungspolitik. Ohne technischen Fortschritt können in entwickelten Volkswirtschaften, die eine sinkende Wachstumsdynamik aufweisen, keine Zuwächse der Pro-Kopf-Einkommen realisiert werden.
Mit technischem Fortschritt und der Entwicklung von Produktinnovationen geht die Qualifizierung des sogenannten Humankapitals, die (Aus-)Bildung der Erwerbstätigen bzw. Erwerbsfähigen, einher. In der neoklassischen Produktionsfunktion wird angenommen, dass der Produktionsfaktor Arbeit eine homogene Größe ist. Eine jede Arbeitsstunde führt immer zum selben Output. Diese Annahme ist bei der weniger abstrakten Modellierung des Modells aufzuweichen. Tatsächlich ist die Verbesserung des allgemeinen Bildungsstandes ausschlaggebend für die wirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten einer Volkswirtschaft. So können sinkende Grenzerträge des Kapitaleinsatzes kompensiert werden, indem der zunehmende Kapitalstock von immer qualifizierteren Arbeitskräften genutzt wird. Zudem ist beobachtbar, dass in Volkswirtschaften mit zunehmendem Qualifikationsniveau der Dienstleistungssektor sowohl den primären als auch den sekundären Wirtschaftssektor ‚verdrängt‘. Da der Dienstleistungssektor weniger kapitalintensiv ist, als die beiden anderen Sektoren, nimmt das Qualifikationsniveau der Arbeitnehmer einen höheren Stellenwert im Produktionsprozess ein. Ein hohes Qualifikationsniveau beinhaltet zeitgleich, dass mehr Produkt- und Prozessinnovationen entwickelt werden können und technischer Fortschritt umsetzbar ist.
Als Schwächen der keynesianischen und der neoklassischen Wachstumstheorie sind der hohe Abstraktionsgrad zu nennen, die Annahme der Exogenität des technischen Fortschritts, das Fehlen der Berücksichtigung des Humankapitals sowie der |22|Verteilung der Einkommen und institutioneller Faktoren. Zudem wird in den Modellen automatisch das wirtschaftliche Wachstum mit der Veränderung der Investitionen gleichgesetzt. Die Wachstumsrate pro Kopf wird vollständig von der Rate des technischen Fortschritts determiniert. Die langfristige Wachstumsrate des Outputniveaus hängt außerdem von der Wachstumsrate der Bevölkerung ab, die jedoch ebenfalls exogen gegeben ist. Der Tatsache, dass die Umwelt durch wirtschaftliches Wachstum geschädigt werden könnte, wird in keinem der Modelle Rechnung getragen. Es liegt also ein Wachstumsmodell vor, das vieles, nur nicht das langfristige Wachstum erklärt.
1.3.2.3. Zum Zusammenhang zwischen Wachstum und erschöpfbaren Ressourcen
Eine Konsequenz des Wirtschaftswachstums, insbesondere seit der Industrialisierung, ist die Schädigung der Umwelt (Miegel 2012). Die Aufwendungen, die dadurch entstehen, dass die Umweltschäden beseitigt werden, sind vom wirtschaftlichen Wachstum abzuziehen. Das Statistische Bundesamt berücksichtigt diesen Sachverhalt in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen. Auch in den ökonomischen Theorien findet die Umwelt Berücksichtigung, wobei allerdings häufig eine getrennte Analyse von Umwelt und Wachstum erfolgt. Wenn sie gemeinsam besprochen wuden, diente die Umwelt lange in erster Linie als Abfallraum. Dabei können die Überlegungen zum Zusammenhang zwischen wirtschaftlichem